Für Vitali Klitschkos Trainer Fritz Sdunek (61), der am Sonntag nach fünf Stunden Schlaf die Strecke von Stuttgart nach Hamburg allein im PKW zurücklegte, war das Aufeinandertreffen mit Juan Carlos Gomez ein Familienduell der besonderen Art. Gomez ist der Vater seiner Enkelin Delia (11), die einer früheren Beziehung des Kubaners mit Sduneks Tochter Kati entstammt. Diese ist indes seit 2003 mit Gomez’ Promoter Ahmet Öner verheiratet, der Delia adoptiert hat. Das Abendblatt sprach mit Sdunek über seine Gefühle und die Einschätzung des Kampfes.

Abendblatt: Herr Sdunek, wie hart war es denn nun tatsächlich, ein Familienmitglied verprügeln zu müssen?

Sdunek: Es war eine komische Situation, aber ich bin gut damit zurecht gekommen. Ich habe ja schon im Vorfeld gesagt, dass man Beruf und Privates trennen muss, und das ist mir gelungen.

Abendblatt: Waren Sie überrascht, wie gut Gomez in den ersten Runden mitgehalten hat?

Sdunek: Ja, ich war ehrlich überrascht. Ich hätte nicht erwartet, dass er so lange so gut durchhält. Als er im Vorfeld des Kampfes immer erzählte, wie schnell er ist, habe ich scherzhaft gesagt, dass er vor allem schnell müde ist. Aber er hat bewiesen, dass er fleißig trainiert hat, und er hatte vor allem den Mut, richtig gegenzuhalten. Er wollte gewinnen, das hat mich beeindruckt.

Abendblatt: Warum hat das letztlich doch nicht geklappt?

Sdunek: Weil ein natürliches Schwergewicht wie Vitali eben doch ein zu großes Kaliber für einen früheren Cruisergewichtler wie Gomez ist. Man hat gesehen, dass die Schläge ihm doch mit jeder Runde mehr zugesetzt haben. Vitalis Gewicht, die ganze Wucht seines Körpers, das ist doch etwas ganz eigenes. So etwas kannte Juan bislang nicht. Aber wie er trotzdem immer wieder zurückgekommen ist, das hat mir imponiert.

Abendblatt: Mit Klitschkos Leistung schienen Sie anfangs nicht so zufrieden. Was hat gefehlt?

Sdunek: Vitali hat anfangs nicht pfiffig geboxt, er war zu verkrampft und wollte den Knockout unbedingt erzwingen. In Runde fünf und Runde sieben hätte er ihn ausknocken können, stand aber nicht richtig und hat deshalb zu unpräzise geschlagen.

Abendblatt: War es die Taktik von Gomez, die ihn überraschte?

Sdunek: Das denke ich nicht, ich war auf genau diese Taktik eingestellt, ich hatte damit gerechnet, dass Juan so boxt, und Vitali darauf vorbereitet. Aber Juan hat sich einfach clever angestellt, war schwer zu treffen und hat anfangs eine starke Leistung gebracht. Mit zunehmender Kampfdauer hat Vitali dann aber alles im Griff gehabt. Deshalb bin ich alles in allem na-türlich auch zufrieden mit ihm.

Abendblatt: Nach dem Kampf hatten sich die Rivalen trotz der verbalen Scharmützel im Vorfeld alle wieder lieb. Werden Sie also bald ein Familientreffen einberufen?

Sdunek: Ach, wir hatten uns auch vor dem Kampf lieb, intern haben wir uns gut verstanden. Dass Juan, sein Trainer Orlando Cuellar und Ahmet das Duell verbal angeheizt haben, gehört dazu. Intern haben sie sich für die Sprüche entschuldigt. Mich hat das alles nicht gestört. Deshalb werden wir sicherlich bald zusammen essen gehen.

Abendblatt: Welchen Kampf würden Sie gern mit Vitali noch machen?

Sdunek: Darüber habe ich mir wirklich noch keine Gedanken gemacht. Er will gegen Nikolay Valuev boxen. Aber zunächst soll er sich ein paar Wochen erholen.

Abendblatt: Für Sie fällt diese Erholung flach, Sie stehen schon am Montagmorgen wieder im UniversumGym auf der Matte.

Sdunek: Das stimmt, ich muss meinen Supermittelgewichts-Weltmeister Karoly Balzsay auf dessen Titelverteidigung am 25. April in Krefeld vorbereiten. Außerdem muss ich mit meinem Cruisergewichtler Alexander Alekseev für dessen Kampf am 2. Mai in Bremen arbeiten. Aber das ist für mich okay, ich bin doch froh, dass ich arbeiten kann. Sonst würde mir doch ganz schnell langweilig werden.