Nach Abstieg und dem Umbruch: In Braunschweig feiert die St.-Pauli-Legende am Sonntag das Pflichtspiel-Debüt auf der FC-Trainerbank.

Köln. Immerhin genießt der 1. FC Köln noch erstklassige Aufmerksamkeit. Vier Kamerateams und 20 Medienvertreter versammelten sich am Freitag im Restaurant des Geißbockheims zur Pressekonferenz vor dem Auftaktspiel der Kölner in der 2. Liga. Am Sonntag ist der Bundesliga-Absteiger zu Gast bei Eintracht Braunschweig – ein Duell zweier Traditionsklubs, der deutsche Fußball-Meister von 1967 empfängt den dreimaligen Titelträger.

Viel Druck lastet auf dem neuen Trainer Holger Stanislawski. Trotzdem schien der einstige Verteidiger des FC St. Pauli, einer der legendären „Weltpokalsiegerbesieger“ von 2002 gegen Bayern München und Aufstiegsheld als Spieler und Trainer, äußerst gelassen vor seinem Pflichtspieldebüt für die Kölner. „Braunschweig ist sehr unangenehm zu spielen. Sie haben feste Strukturen und eingespielte Automatismen. Wenn wir gewinnen, ist es aber ein guter Start für uns“, sagte er. Neben seiner Qualifikation als Fußball-Lehrer scheint Stanislawski auch dank seiner Ruhe bestens geeignet für die Karnevalshochburg Köln und ihren immer aufgeregten Fußballklub.

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„Vielleicht ist der FC eine Wundertüte für die Gegner, wenn man so einen großen Schnitt macht. Wir wollen uns weiterentwickeln und uns nicht nach zwei Siegen durch die Stadt tragen lassen oder nach zwei Niederlagen den Kopf in den Sand stecken“, sagte Stanislawski, der 18 Jahre auf St. Pauli wirkte. Bei 30 Millionen Euro standen die Verbindlichkeiten vor dem Ende der vergangenen Bundesliga-Saison, die dann in einem Desaster endete. Es folgte nach vier durchwachsenen Jahren Erstklassigkeit wieder einmal eine Zäsur. Publikumsliebling Lukas Podolski verließ seine Herzensangelegenheit, das für ihn eingenommene Geld senkte die Verbindlichkeiten immerhin auf nur noch rund 24 Millionen Euro. Innerhalb eines halben Jahres zog sich zunächst Wolfgang Overath, gekränkt von Anfeindungen, vom Präsidentenamt zurück, auch von Sportdirektor Volker Finke und Trainer Stale Solbakken trennte sich der Klub. Feuerwehrmann Frank Schaefer übernahm und scheiterte und koordiniert nun wieder den Nachwuchs.

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Mit einer Mannschaft ohne große Namen will der FC den Wiederaufstieg schaffen. Der slowenische Nationalspieler und Großverdiener Milivoje Novakovic wechselte bis zum Jahresende auf Leihbasis in die japanische J-League zu Omiya Ardija. Neuer Kapitän der Mannschaft ist Novakovics Landsmann Miso Brecko – jener Brecko, der nach der Karnevalssitzung im Februar alkoholisiert mit seinem Fahrzeug im Straßenbahn-Gleisbett gelandet war. „Ich habe generelles Vertrauen in die Mannschaft“, sagte Stanislawski.

Vieles im Fußball ist Psychologie, das weiß er aus seinem Fußball-Lehrer-Lehrgang, den er in Köln 2009 als Bester abschloss, und auch aus seinen Erfahrungen als Trainer auf St. Pauli oder bei 1899 Hoffenheim, wo es am Ende nicht mehr laufen wollte. Für den Druck in Köln ist Stanislawski gewappnet, sagt er. „Nach dem ersten Spieltag ist man weder auf- noch abgestiegen. Man braucht einen langen Atem.“