Die St.-Pauli-Legende hat seine Arbeit beim Bundesliga-Absteiger begonnen. Den Charakter des Teams ändern, das ist sein oberstes Ziel.

KÖLN. Ein Hamburger in Köln: St.-Pauli-Legende Holger Stanislawski hat seine Mission am Rhein gestartet. Die Zeitrechnung nach Lukas Podolski und dem fünften Abstieg aus der Fußball-Bundesliga hat für den 1. FC Köln mit symbolträchtiger Aufbruchsstimmung begonnen. FC-Boss Werner Spinner schmeckte beim Trainingsauftakt der Geißböcke das kühle Kölsch sichtlich noch besser, als pünktlich zu Beginn der ersten Übungseinheit unter dem neuen Chefcoach Stanislawski am Freitag der Himmel nach stundenlangem Nieselwetter aufriss und damit die Stimmung in der ungeliebten Zweitklassigkeit verbesserte.

Angefeuert von rund 1000 Kiebizen und mehreren aufmunternden Transparenten („Für den Neuanfang - wir stehen hinter Euch“) nahm Stanislawski mit den Neuzugängen Thomas Bröker (Fortuna Düsseldorf), Dominik Maroh (1. FC Nürnberg) sowie Tobias Strobl (1899 Hoffenheim), aber ohne 13 „Zwangsurlauber“ exakt sieben Wochen vor dem Saisonstart (3. August) das Training für das Unternehmen Wiederaufstieg auf.

Stanislawski macht 19-Jährigen Horn zum Stammtorhüter

Bei der ersten Übungseinheit nach dem Abschied von FC-Ikone Podolski (für rund 13 Millionen Euro zum FC Arsenal nach London) in der Sommerpause lauschten insgesamt 22 Spieler der ersten Ansprache des Coaches. Wegen Nominierungen für ihre Auswahlteams noch nicht dabei waren der bislang an Düsseldorf ausgeliehene EM-Teilnehmer Adam Matuschyk (Polen), der Schwede Mikael Ishak und der Kanadier Kevin McKenna.

Mehr noch als das neue Trio und einige aus eigenen Reserve- und Jugendteams aufgerückte Spieler verdeutlichte die Abwesenheit des „verlorenen Sohnes“ Podolski und der 13 ausgemusterten „Absteiger“ die Zäsur bei den Rheinländern.

„Wir wollen und müssen den Charakter der Mannschaft ändern“, sagte Stanislawski schon vor dem ersten Trainingstag zum Radikalschnitt. Allerdings wären nach dem Sturz aus dem Oberhaus auch „finanzielle Zwänge“ ein Grund für die „Massenentlassung“. Zum Kreis der aussortierten Profis gehören immerhin Spieler wie der bisherige Kapitän Pedro Geromel, Ex-Stammtorhüter Michael Rensing, Podolskis Sturmpartner Milivoje Novakovic und Nachtschwärmer Slawomir Peszko.

Holger Stanislawski: "Diese Aufgabe wird nicht einfach"

Bewusst dämpfte Stanislawski mit Blick auf sein recht unerfahrenes Team - Rensing-Nachfolger Timo Horn hat noch kein Profi-Spiel absolviert - die hochfliegenden Erwartungen des enttäuschten FC-Anhangs. „Es ist ein wahnsinniger Schnitt. Wir werden nicht dem Jugendwahn verfallen, aber sicherlich das eine oder andere Mal mit weniger erfahrenen Profis Spiele verlieren“, sagte der 42-Jährige im kicker.

Zugleich stellte der Ex-Profi, der 18 Jahre beim FC St. Pauli fungierte und im Frühjahr als Trainer bei Erstligist 1899 Hoffenheim entlassen worden war, im "Express" seine Ansprüche an seine Spieler klar: „Wir müssen diesen Umbruch als Chance nutzen, und dazu gehören auch neue Köpfe. Aber klar ist auch, dass wir Leistung erwarten. Keiner bekommt für sechs Monate so eine Art Welpenschutz.“ Die Ausgabe des Saisonziels Wiederaufstieg vermied der Coach ausdrücklich: „Die Frage kann und möchte ich noch nicht beantworten. Der neue FC ist auch für mich noch eine Wundertüte.“

Schwer könnte für Köln schon das erste Heimspiel im Unterhaus werden - wegen der Rauchbomben im FC-Fanblock beim Bundesliga-Abstieg durch das 0:3 gegen Bayern München droht den Geißböcken für die Zweitliga-Heimpremiere durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) eine Zuschauer-Obergrenze von 15.000 Besuchern. FC-Geschäftsführer Claus Horstmann jdedoch kündigte wegen des zu erwartenden Einnahmeausfalls von 500.000 Euro („Unverhältnismäßig“) Widerspruch gegen den Antrag des DFB-Kontrollausschusses an. (sid/HA)