Altstar Tommy Haas und Newcomerin Sabine Lisicki haben in Wimbledon das Achtelfinale der 123. All England Championships erreicht.

London. Der eine im Herbst seiner Karriere, die andere im beginnenden Frühling - Altstar Tommy Haas und Newcomerin Sabine Lisicki haben nur wenige Gemeinsamkeiten, am Samstag aber nacheinander in Wimbledon für Aufsehehen gesorgt und das Achtelfinale der 123. All England Championships erreicht.

Erstmals seit 2001 spielen dann wieder ein deutscher Mann und eine Frau um den Einzug in die Runde der letzten Acht beim bedeutendsten Grand-Slam-Turnier. Für Anke Huber und Nicolas Kiefer war damals Endstation, für Lisicki und Haas aber kann es durchaus noch weitergehen.


Beide haben schon mehr erreicht, als sie sich selbst vorgestellt haben. Haas' 7:5, 7:5, 1:6, 6:7 (3:7), 10:8-Erfolg über den Kroaten Marin Cilic über zwei Tage und insgesamt 4:28 Stunden Spielzeit gehörte zum Besten und Dramatischsten, was man bislang von dem ehemaligen Weltranglisten-Zweiten gesehen hat. Die Berlinerin demonstrierte beim 6:2, 7:5-Favoritensturz gegen die Weltranglisten-Fünfte und French-Open-Siegerin Swetlana Kusnezowa viel Selbstvertrauen, absoluten Siegeswillen und große Nervenstärke.

Der 31 Jahre alte Haas und die 19-jährige Lisicki schlagen auch Montag keinesfalls chancenlos auf. Haas bekommt es mit dem Russen Igor Andrejew zu tun, alles andere als ein Rasenspezialist. Lisicki trifft auf die Dänin Caroline Wozniacki, die sie erst im April bei ihrem Turniersieg in Charleston sicher geschlagen hat. „Ich habe da sehr gut gegen sie gespielt und hatte das Match unter Kontrolle“, sagte Lisicki, „ich wusste auch, dass ich Chancen gegen Kusnezowa habe. Ich habe schon vorher gegen Topspielerinnen gewonnen.“

Noch süßer aber schmeckte der Erfolg für Tommy Haas. Schon 2007 hatte er erstmals das Achtelfinale in Wimbledon erreicht, konnte aber wegen einer Bauchmuskelverletzung nicht antreten. Jetzt rang der Altstar den 20 Jahre alten Cilic auf beeindruckende Weise nieder. „Ich habe mich immer wieder in das Match hereinkämpfen können“, sagte der Wahlamerikaner, „es war ein dramatisches Spiel, für diese Momente spiele ich Tennis.“

Schon als die beiden Kontrahenten am späten Freitagabend beim Stand von 6:6 im fünften Satz wegen der einsetzenden Dunkelheit den Platz verlassen mussten, wurden sie von den Zuschauern mit Ovationen verabschiedet. Beide hatten bis dahin jeweils zwei Matchbälle abgewehrt. Haas konnte seine bei 5:4 im vierten Satz nicht nutzen und wehrte die von Cilic bei 5:6 im letzten Spiel am Freitag ab, nachdem er zuvor auch Rückstände von 0:3 und 3:5 aufgeholt hatte.

Haas feiert in diesen Monaten offenbar seinen x-ten Frühling. In Paris hatte er den großen Roger Federer am Rande einer Niederlage, in Halle/Westfalen gewann er vor drei Wochen erstmals in seiner Laufbahn ein Rasenturnier. Das Umfeld stimmt, die dreimal operierte Schulter hält, er ist fit. „Ich spiele sehr gutes Tennis in den letzten Wochen und habe gute Resultate“, sagt er, „und ich weiß, dass ich das Spiel habe, um viele Leute zu schlagen.“

Davon ist auch Sabine Lisicki immer überzeugt. Die blonde Berlinerin schaut nicht danach, wer auf der anderen Seite steht, sie versucht ihr Spiel durchzuziehen. „Ich bin auch gegen Kusnezowa reingegangen, um zu gewinnen“, sagt sie, „das war ein großer und wichtiger Sieg für mich.“ Zum ersten Mal in ihrer Laufbahn steht sie damit unter den letzten 16 bei einem Grand-Slam-Turnier, ein Meilenstein in der von Vater Richard sorgfältig geplanten Karriere.

Seit ihrem 14. Lebensjahr trainiert sie regelmäßig in Florida bei Nick Bollettieri, der 77 Jahre alte Trainer-Guru schaut sich die Matches der Berlinerin auch an der Church Road so regelmäßig an, wie er auch bei Tommy Haas zusieht, der seit seinem 12. Lebensjahr in Bradenton an der Akademie trainiert. Haas und Lisicki haben also doch mehr gemeinsam als es auf den ersten Blick scheint. Und das könnte mit ihrem Erfolg nicht wenig zu tun haben.