Benjamin Becker und Thomas Haas reisen mit ihrem ersten Tennistitel auf Rasen nach Wimbledon. Favorit ist der Schweizer Roger Federer.

London. Die Nummer eins ist aus dem Spiel - doch auf dem Weg zum sechsten Wimbledontriumph wollen Roger Federer auch zwei deutsche Turniersieger stören. Benjamin Becker und Thomas Haas reisen mit frischem Lorbeer und ihrem ersten Tennistitel auf Rasen zu den heute startenden All England Championships nach London, die nach der Absage von Titelverteidiger Rafael Nadal um eine Attraktion ärmer sind. Während Haas in Halle seinen ersten Pokal auf Gras gewann, war es für Becker in 's-Hertogenbosch der erste seiner Karriere. Überbewerten will der 28-Jährige den 7:5, 6:3-Sieg im Finale gegen den Niederländer Raemon Sluiter nicht, auch wenn er wie Haas frohlockte: "Das gibt für Wimbledon reichlich Selbstvertrauen."

Nadal durchlebte derweil "die schlimmsten Stunden meiner Karriere". "Er ist der Spieler, der mit Abstand die meisten Kilometer gelaufen ist. In den vergangenen viereinhalb Jahren hat er 387 Einzel gespielt, so viele wie keiner", schrieb die spanische Zeitung "Marca". Obwohl nach dem Aus in Paris seine lädierten Knie intensiv behandelt wurden, blieb dem Kraftpaket aus Mallorca keine Wahl: "Ich bin nicht fit. Aber wenn ich ein Turnier wie Wimbledon spiele, will ich es auch gewinnen", sagte der Weltranglistenerste, der zusehen muss, wie sein Titel und vielleicht die Nummer eins verloren geht. Erster Anwärter ist Federer, der heute um 13 Uhr (Premiere live) das mit 14,7 Millionen Euro dotierte Turnier gegen Yen-Hsun Lu aus Taiwan eröffnet. "Ich fühle keinen besonderen Druck, hier gewinnen zu müssen. In Paris war das anders", sagte der Schweizer.

Dass der im Vorjahr von Nadal entthronte Rasenkönig als Topfavorit gilt, ist eine Binsenweisheit mit Unwägbarkeiten. "Ich bin weit davon entfernt, Gegner zu unterschätzen, nur weil Rafa nicht dabei ist", sagte Federer und widersprach der Ansicht, der 15. Grand-Slam-Triumph, mit dem er Rekordhalter Pete Sampras (USA) überholen würde, sei Formsache.

Gefährlich könnte dem 27-Jährigen, der bald Vater wird, vor allem der Brite Andy Murray werden. "Er spielt giftig und ist auf Gras ein gewiefter Taktiker", sagte Federer, der bei einem sechsten Sieg zurück auf Platz eins der Rangliste wäre. Murray will den Briten 73 Jahre nach Fred Perry den ersehnten Heimsieg schenken. "Es interessiert mich nicht, ob ich ein Favorit bin oder nicht", sagte der an drei Gesetzte. Er würde frühestens im Endspiel auf Federer treffen. Im Viertelfinale könnte Nicolas Kiefer Murrays Gegner sein.

Der Hannoveraner beginnt sein zwölftes Wimbledon am Dienstag gegen Fabrice Santoro (36). Auch Philipp Kohlschreiber erwartet - heute um 13 Uhr - in Florent Serra einen Franzosen. "Ich bin gut vorbereitet", sagte der Augsburger, der im Finale eines Einladungsturniers Nikolai Dawidenko schlug und auf ein Drittrundenmatch gegen Federer hofft. "Das wäre riesig." Der Hamburger Mischa Zverev muss morgen gegen Dimitri Tursunow ran. Der Russe gewann am Sonnabend das Rasenturnier im englischen Eastbourne.

Insgesamt sieben Akteure aus dem 15-köpfigen deutschen Aufgebot (10 Herren/5 Damen) sind am Eröffnungstag im Einsatz. Auch Haas, der im vierten Match auf Platz drei sein erstes Duell gegen den Österreicher Alexander Peya bestreitet, und Rainer Schüttler. Der Halbfinalist des Vorjahres, als bester Deutscher an 18 gesetzt, trifft auf Xavier Malisse (Belgien).

Von den fünf deutschen Damen müssen zwei heute antreten: Kristina Barrois (Stuttgart) gegen Jie Zheng (China/Nr. 16) und Anna-Lena Grönefeld (Nordhorn) gegen die Inderin Sania Mirza.