Olympia 2012: Rostock und Kiel - Favoriten für die Ausrichtung der Regatten.

Rostock/Kiel. Die Alternative trägt komische Züge. Wenn nicht Segler, so berichtet der 14 Jahre alte Jakob Schrank aus Rostock, wolle er Schauspieler werden. Oder zumindest Talkmaster. Jochen Schümann heißt sein Idol. Gefolgt von George Clooney und Hans Meiser. "Schümann hat im Segeln alles erreicht", huldigt Jakob dem Spitzenreiter seines Vorbilder-Ranking, "das möchte ich auch schaffen. Olympia wäre das Größte. Davon träume ich. Und vom roten Teppich in Hollywood." Noch hat er Zeit, der kleine Segler des Warnemünder SC. 2012 soll es so weit sein. Dann will er sich mit den Stars der Branche um olympische Medaillen streiten. Wenn möglich in Deutschland, wenn möglich vor der eigenen Haustür. Rostock-Warnemünde hat sich beworben für das Festival der Ringe, für die Segelwettbewerbe wohlgemerkt. Kiel ebenso. Zweimal haben sie dort schon die olympischen Segler beherbergt, 1936 und 1972. Die werden das Rennen wohl machen. "Dann würde ich halt nach Kiel fahren", meint Jakob. Die Reise könnte auch nach Lübeck-Travemünde, Cuxhaven oder Stralsund führen, den anderen Kandidaten, die auf die Verbrüderung mit den Möchtegern-Olympiastädten Hamburg, Stuttgart, Düsseldorf, Frankfurt und Leipzig hoffen. Glaubt man dem Bericht der Evaluierungskommission des Nationalen Olympischen Komitees, steigt am 12. April das Finale furioso: zwischen Kiel und Rostock, zwischen Erfahrung und Innovation, zwischen den wohl einzigen international konkurrenzfähigen Prüflingen im Ensemble der gemütlichen Küstenstädte. Gegenseitige Sympathiebekundungen? Fehlanzeige. Die Organisationsteams tragen die lokale Hornbrille, beanspruchen das beste Revier für sich und begreifen sich als nationale Segelmetropole. Doch in der Präsentation verbergen sich Unterschiede. An der Förde heißt der Werbepartner Nostalgie. Volvo Ocean Race, Kieler Woche, Olympia - über mangelnde Referenzen kann sich der Favorit nicht beschweren. Beim Widersacher wird die fehlende Vergangenheit mit großem Ballyhoo kaschiert. Im Sommer 2002 strömten 30 000 Menschen an den Warnemünder Strand, um ein lebendes Olympia-Logo in den Sand zu projizieren. Sogar CNN war das eine Meldung wert. Es folgte das angeblich weltgrößte Fußballturnier. 12 000 Nachwuchskicker spielten in einem sechsmonatigen Marathon ihre Sieger aus. Der Gewinn: ein dreitägiger Trip durch die olympische Geschichte nach Lausanne und Athen. In einer eigens gecharterten Boing 727. Wenn man es sich leisten kann, eine Million zu verpulvern, bitte schön, kommentierten die sparsamen Kieler die Marketing-Offensive der Rostocker. Die halten dagegen. 300 Firmen gaben Geld, die Stadtkasse kam glimpflich davon. Die nüchternen Fakten geben kaum Aufschluss. Beide Städte verfügen über eine gute Verkehrsanbindung. 1269 Liegeplätze soll der neue Olympiahafen in Kiel zählen. Die Förde bietet in 18 Häfen 4500 Wasserliegeplätze. Olympisches Dorf und Medienzentrum sind vorhanden, 120 Millionen Euro soll der ganze Spaß kosten. Rostock will die Aktiven auf einem Kreuzfahrtschiff unterbringen, der Olympiahafen mit 43 Hektar und 700 Liegeplätzen wird bereits gebaut. 23 Millionen Euro würden sich die Rostocker Olympia kosten lassen. Schließlich hängt einiges an den fünf Ringen: weltweite Aufmerksamkeit und die Förderung der Infrastruktur. Und der Rest? Lübeck-Travemünde kommt solide daher. Stralsund ist außen vor, geographisch, versteht sich. Cuxhaven, der Exot unter den Bewerbern, liegt an der Nordsee. Und Ebbe haben Segler bekanntlich gar nicht gern. Die Entscheidung fällt am Sonnabend. Für Jakob, der sich auch mit der Kinoleinwand begnügen würde, ist sie womöglich zukunftsweisend. Wenn es nicht klappen sollte mit dem olympischen Segeln vor der Haustür, vielleicht gibts zum Trost irgendwann einen Oscar.