Gleich acht Athleten aus vier Badmintondoppeln werden bestraft, nachdem sie absichtlich verlieren wollten

London. In nur zwei Minuten war das Urteil im olympischen Badmintonskandal gesprochen: Acht Spielerinnen aus Asien sind bei den Spielen in London vom Weltverband von der Doppelkonkurrenz ausgeschlossen worden. Mit aller Härte reagierten die Funktionäre auf die Manipulationsversuche in der Gruppenphase und verweigerten den Athletinnen aus China, Südkorea und Indonesien die Teilnahme am Viertelfinale. Die Spielerinnen wurden nach der Vorrunde disqualifiziert, weil sie am Vortag zum Ende der Gruppenphase versucht hatten, durch schwache Leistungen leichtere Konkurrenten für die K.-o.-Runde zu bekommen.

"Wer manipuliert, der hat bei Olympischen Spielen nichts verloren", sagte Martin Kranitz, Sportdirektor des Deutschen Badminton-Verbandes. Die Delegationen aus Südkorea und Indonesien legten unmittelbar Protest ein, der aber am Nachmittag abgewiesen wurde. Lediglich die Chinesinnen akzeptierten den Ausschluss ohne Einspruch. Das Viertelfinale wurde gestern mit Nachrückern ausgespielt. Waleria Sorokina/Nina Wislowa (Russland) und Michelle Edwards/Annari Viljoen (Südafrika) sowie Alex Bruce/Michelle Li (Kanada) und Leanne Choo/Renuga Veeran (Australien) trafen aufeinander.

Das topgesetzte chinesische Damendoppel Wang Xiaoli und Yu Yang hatte seine Partie gegen die Südkoreanerinnen Jung Kyung-Eun und Kim Ha-Na am Dienstagabend unter skandalösen Umständen mit 14:21, 11:21 verloren. Auch bei der Partie zwischen den Südkoreanerinnen Ha Jung-Eun/Kim Min-Jung und dem indonesischen Doppel Meiliana Juahari/Greysia Polii war keines der beiden Teams wirklich gewillt, als Sieger das Feld zu verlassen.

"Diesen Doppeln wird vorgeworfen, nicht alles versucht zu haben, um ihre Spiele zu gewinnen, und damit dem Sport Schaden zugefügt zu haben", teilte der Verband schon vor dem Urteil mit. "Wir unterstützen und begrüßen die Entscheidung des internationalen Verbandes. Für solch ein Verhalten ist bei Olympischen Spielen kein Platz", sagte ein hochrangiger Funktionär des Internationalen Olympischen Komitees der Nachrichtenagentur dpa.

Ob die Athletinnen auch ihre Akkreditierungen abgeben müssen und somit formal von den Spielen ausgeschlossen werden, muss nun die IOC-Disziplinarkommission entscheiden. Dies gilt angesichts der Vergehen der Sportler und des Verstoßes gegen den olympischen Eid als wahrscheinlich.

"Wir waren schon qualifiziert, wir wollten Kraft sparen für die K.-o.-Runden", verteidigte Yu Yang ihr Verhalten. Mitte des ersten Satzes schlugen die Goldkandidaten so gut wie jeden Aufschlag ins Netz. Die Zuschauer in der Wembley Arena quittierten diese Unsportlichkeit mit Buh-Rufen, ehe der dänische Oberschiedsrichter Thorsten Berg eingriff und mit einer Disqualifikation drohte. Danach brachten die Spielerinnen zumindest den Aufschlag ins Feld, agierten aber lustlos.

Südkoreas Cheftrainer Sung Han-Kook räumte ein, dass seine zwei Doppel ebenfalls versucht hätten, ihre Spiele zu verlieren. Dies sei aber lediglich die Reaktion auf das Verhalten der Chinesinnen gewesen. "Die Chinesinnen haben damit angefangen", sagte Sung und forderte den Weltverband zum Handeln auf. Dieser folgte dieser Forderung am Mittwoch konsequent.

Schon zum Turnierstart hatte es Unmut gegeben, weil der Verband kurzfristig den Spielplan änderte. Bislang war das Badmintonturnier bei Olympia nur im K.-o.-Modus ausgetragen worden. Die Manipulationen ermöglichende Gruppenphase wird in London erstmals ausgespielt. Bereits in den vergangenen Monaten hatte es bei der Olympiaqualifikation Diskussionen um unsportliches Verhalten der Chinesen gegeben. Häufig wurden Spiele kampflos abgegeben, wenn zwei Chinesen aufeinandertrafen. "Es muss dringend etwas geändert werden", sagte Europameister Marc Zwiebler aus Bonn, der gestern im Achtelfinale dem Chinesen Chen Jin 21:19, 12:21 und 9:21 unterlag: "Vielleicht zwingt der öffentliche Druck den Weltverband dazu, endlich zu handeln. Die Chinesen und Südkoreaner manipulieren schon lange, ich hätte aber nicht gedacht, dass sie es nun vor voller Halle, den Medien und der Weltöffentlichkeit durchziehen."

Ein Einzelfall ist der Skandal von London jedenfalls nicht. Vor einiger Zeit hatte der chinesische Cheftrainer Li Jongbo sogar öffentlich eingeräumt, dass es 2004 bei den Olympischen Spielen im Halbfinale des Dameneinzels eine Absprache gegeben hatte. Der Trainerstab hatte Zhou Mi angewiesen, nach verlorenem ersten Satz das Spiel an die spätere Goldmedaillengewinnerin Zhang Ning abzugeben.

Um derartiges Taktieren brauchten sich die deutschen Badmintonasse gestern keine Gedanken zu machen. Medaillenhoffnung Juliane Schenk (Berlin) scheiterte bereits im Achtelfinale gegen die erst 17 Jahre alte Juniorenweltmeisterin Ratchanok Intanon aus Thailand mit 16:21, 15:21. Und auch Michael Fuchs und Birgit Michels, das deutsche Mixeddoppel, schieden gestern im Viertelfinale gegen Tontowi Ahmad und Liliyana Natsir aus Indonesien mit 15:21 und 9:21 aus.