Der Weitspringer Bayer sprang nach seinen 8,34 m aus der Qualifikation die gleiche Weite auch regulär und siegte vor dem Spanier Luis Meliz.

Helsinki. Titel für Weitspringer Sebastian Bayer, die Frauen-Sprintstaffel und Diskus-Recke Robert Harting – und weitere sieben Medaillen: Die deutschen Leichtathleten haben am Schlusswochenende der EM in Helsinki einen fulminanten Endspurt hingelegt. Mit insgesamt sechs Titelgewinnen und 16 Mal Edelmetall gewann das deutsche Team sogar überraschend die Medaillenwertung.

„Das war unsere Kampfansage, London kann kommen“, sagte die neue Staffel-Europameisterin Verena Sailer und sprach damit quasi stellvertretend für ihre Teamgefährten. Im jungen deutschen Quartett mit Leena Günther, Anne Cibis und Tatjana Pinto sprintete Sailer in 42,51 Sekunden auf Platz zwei in der Weltrangliste. Sebastian Bayer sprang nach zunächst zwei ungültigen Versuchen und einer Zitterpartie mit der Siegweite von 8,34 Metern auf Platz drei der aktuellen Weltbestenliste vor und meinte: „In London mache ich das noch einmal so. Ich bin super zufrieden, aber es war für den Kopf mein anstrengendster Wettkampf überhaupt.“

Im Stabhochsprung auf überragendem Niveau übersprangen Titelverteidiger Renaud Lavillenie und der Uerdinger Björn Otto jeweils 5,92 Meter, dann schraubte der Franzose die Weltjahresbestleistung auf 5,97 Meter. Otto gewann mit persönlicher Bestleistung Silber vor Raphael Holzdeppe (5,77 Meter). Außerdem eroberten beim deutschen Endspurt Martina Strutz (Stabhoch), die 4x100-Meter-Staffel der Männer und Nadine Müller (Diskus) jeweils Silber sowie Antje Möldner-Schmidt (3.000 Meter Hindernis) und die 4x400-Meter-Staffel der Männer Bronze.

„Wir können mit den sportlichen Ergebnissen durchaus zufrieden sein. Die eine oder andere Enttäuschung haben andere kompensiert“, schätzte der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) Clemens Prokop ein. Und hatte dabei die im Vorkampf gescheiterte Hammerwurf-Weltrekordlerin Betty Heidler ebenso im Blick, wie die auf Platz vier abgestürzte Stabhochsprung-Goldfavoritin Silke Spiegelburg. Heidlers Aussetzer nutzte Anita Wlodarczyk (Polen) zum Sieg, Kathrin Klaas verpasste Bronze knapp und wurde Vierte.

An das Debakel der Olympischen Spiele in Peking, wo der DLV nur einmal Bronze gewonnen hatte, wird kein Gedanke verschwendet: „ Wir sind in London mit viel mehr Medaillenkandidaten schon breiter aufgestellt als in Peking und werden deutlich besser abschneiden. Wir haben eine junge Mannschaft am Start, die auf den Erfolg brennt“, sagte Prokop.

„Ich habe 365 Tage Zeit für drei Titel, das war heute der zweite. Jetzt fehlt nur noch einer“, sagte Robert Harting, der im dritten Versuch sein Arbeitsgerät auf die Siegweite von 68,30 Metern schleuderte. Der Berliner distanzierte in Olympiasieger Gerd Kanter (Estland/66,53 Meter) einen der größten Olympia-Rivalen um fast zwei Meter und unterstrich seine Gold-Ambitionen. „Ich habe jetzt 28 Siege in Reihenfolge, der 29. in vier Wochen wird der wichtigste sein.“

***Storl und Kleinert stoßen die Kugel zu Gold***

Auf der 3.000-Meter-Hindernisstrecke überraschte die Cottbuserin Antje Möldner-Schmidt mit Bronze beim Comeback nach überstandener schwerer Lymphdrüsenerkrankung. „Als ich zum letzten Mal gut über den Wassergraben gekommen war, habe ich gedacht: Jetzt oder nie und bin losgerannt. Ich habe mir heute den Traum jedes Sportlers von einer Medaille erfüllt “, sagte Möldner-Schmidt. Gold gewann die Türkin Gülcan Mingir, die WM-Vierte aus Frankfurt, Gesa-Felicitas Krause, wurde Vierte und war „bitter enttäuscht.“

Der WM-Vierte im Hammerwerfen, Markus Esser, verfehlte mit 74,49 Metern beim Sieg des Ungarn Krisztian Pars (79,72) erneut die bei 78 Metern liegende Olympia-Norm und wurde Siebter. Über die 100 Meter Hürden sprintete Cindy Roleder aus Leipzig ebenfalls auf Platz sieben. Europameisterin wurde die Türkin Nevin Yanit. Bei den Männern gewann Sergej Schubenkow (Russland) den Hürdensprint, der Leipziger Alexander John wurde Vierter. Über 10.000 Meter siegte Dulce Felix aus Portugal, Sabrina Mockenhaupt wurde gute Fünfte. Bei den Männern war der seit 2011 mit türkischem Pass laufende Kenianer Polat Kemboi Arikan der Schnellste. 1.500-Meter-Europameister wurden Asli Cakir-Alpdekin (Türkei) und Henrik Ingebrigtsen (Norwegen).

Die deutschen Siebenkämpferinnen Claudia Rath und Carolin Schäfer kamen beim Sieg der Französin Ida Antoinette Nana Djimou (6.544 Punkte) auf die Plätze sieben und elf. Trotz widriger Bedingungen schaffte der Italiener Fabrizio Donato im Dreisprung mit 17,63 Metern eine Jahresweltbestweite. Die EM-Titel über 200 Meter sicherten sich die Ukrainerin Maria Rjemjen und der Niederländer Churandy Martina. Die Staffeln über 4x400 Meter gewannen die Ukrainerinnen sowie Belgien.

Der Medaillenspiegel nach 42 von 42 Entscheidungen

1. Deutschland 6 Gold 6 Silber 4 Bronze 16 gesamt

2. Russland 5 4 6 15

3. Frankreich 5 4 5 14

4. Ukraine 4 7 6 17

5. Türkei 4 2 1 7

6. Großbritannien 3 3 1 7

7. Tschechien 3 1 1 5

8. Niederlande 2 3 0 5

9. Spanien 1 1 2 4

9. Norwegen 1 1 2 4

11. Italien 1 1 1 3

11. Ungarn 1 1 1 3

11. Portugal 1 1 1 3

14. Polen 1 0 3 4

15. Schweden 1 0 2 3

16. Belgien 1 0 0 1

16. Kroatien 1 0 0 1

16. Bulgarien 1 0 0 1

19. Weißrussland 0 2 3 5

20. Litauen 0 1 1 2

20. Serbien 0 1 1 2

22. Estland 0 1 0 1

22. Slowakei 0 1 0 1

22. Dänemark 0 1 0 1

25. Lettland 0 0 1 1

25. Finnland 0 0 1 1

25. Griechenland 0 0 1 1

(dapd/abendblatt.de)