Trotz Schlafdefizit und müder Beine qualifizierte sich der Berliner Diskus-Weltmeister für das Finale. Er peilt EM- und Olympia-Gold an.

Helsinki. Schlaflos in Helsinki! Diskus-Hüne Robert Harting quälte sich in der Nacht vor dem Auftritt bei der Leichtathletik-EM verzweifelt im Bett, zog aber dennoch mit schlafwandlerischer Sicherheit ins Finale an diesem Samstag ein. „Ich hatte es mir leichter vorgestellt“, meinte der 27-jährige Weltmeister von 2009 und 2011 nach der Qualifikation am Freitag. Mit 64,88 und 65,49 Meter schaffte der müde Mann aus Berlin die besten Weiten der A-Gruppe.

„Helsinki – Finnland – Room 449 – I can't sleep“, informierte Harting mitten in der Nacht vor dem Wettkampf über „Facebook“ seine Fan-Gemeinde. „Ich hatte mich gezwungen, einzuschlafen. Das ging voll in die Hose. Meine Beine waren nach nur vier Stunden Schlaf müde“, sagte der EM-Zweite von 2010 in Barcelona, bei dem es auch „aktuell im Training“ etwas holprig ist. „Die Technik läuft nicht so flüssig. Ich befinde mich im Tal und versuche den Berg hochzuklettern“, berichtete Harting.

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Für ihn kommt das nicht aus heiterem Himmel. Schon nach dem Gewinn seines sechsten deutschen Meistertitels vor knapp zwei Wochen in Wattenscheid hatte er angekündigt „die Form zerstören“ zu müssen, um für die Olympischen Spiele in London (27. Juli bis 13. August) topfit zu sein. Schließlich hat er schon im Mai überraschende Leistungshöhepunkte erlebt. Binnen drei Tagen gelangen Harting die ersten 70-Meter-Würfe seines Lebens: In Halle segelte der Diskus 70,31 Meter weit, im tschechischen Turnov sogar auf 70,66 Meter.

Im EM-Finale hofft er um die 68-Meter-Marke zu werfen. „Das wäre schon gut“, sagte der Teamkapitän der deutschen Helsinki-Mannschaft. Damit hat der Topfavorit exzellente Chancen erstmals Europameister zu werden. „Ich will schon komplett sein“, sagte Harting. Gemeint ist seine Medaillensammlung. Da fehlt nicht nur der EM-Titel, sondern vor allem das wertvollste Stück im Sport: Olympia-Gold. Nur dies wollen Hartings größte Konkurrenten, Virgilijus Alekna (Litauen) und Piotr Malachowski (Polen), die auf die EM verzichteten.

Von solchen goldigen Zielen sind Hartings deutsche Ring-Mitstreiter in Helsinki weit entfernt gewesen. Der Magdeburger Martin Wierig kam nur auf 61,34 Meter und schied aus. Markus Münch von der LG Wedel-Pinneberg schaffte erst im letzten Versuch der Qualifikation mit 62,83 Meter gerade noch den Final-Einzug.