Damit hatten die honorigen Gäste der DFB-Jahresfeier nicht gerechnet. Zum Abschluss seiner Rede verkündete Präsident Theo Zwanziger seinen Rücktritt im Herbst 2012. Mit diesem Alleingang brüskierte er manchen Funktionär.

Frankfurt/Main/Berlin. Die Verwunderung über Theo Zwanzigers eigenwilligen Abschieds-Coup ist noch nicht verflogen, da ist die Debatte über den Nachfolger des im Herbst 2012 aus dem Amt scheidenden DFB-Präsidenten schon entbrannt. DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach wurde von Zwanziger und Franz Beckenbauer am Sonnabend schnell in Position geschoben. Doch Zwanziger hat offenbar noch einen anderen Wunsch-Erben in der Hinterhand.

„Ich bin seit einigen Monaten diesbezüglich mit einer Persönlichkeit im Gespräch, die ich für sehr geeignet halte. Einen Namen möchte ich aber noch nicht nennen“, sagte Zwanziger in einem auf der Homepage des Deutschen Fußball-Bunds veröffentlichten Interview. Bei diesem Mister X könnte es sich sogar um einen fußballexternen Kandidaten handeln – ein absolutes Novum in der 111-jährigen Verbandsgeschichte.

Niersbach ist dieser früh konsultierte Mister X jedenfalls nicht. Denn sogar der DFB-Topmann soll erst wenige Stunden vor Zwanzigers Abtrittsankündigung bei der Jahresabschlussfeier des Verbandes am Freitagabend von seinem Chef eingeweiht worden sein. Niersbachs Reaktion auf diese ungewöhnliche Informationspolitik steht noch aus. Immerhin ging es ihm damit besser als Bundestrainer Joachim Löw oder Teammanager und Präsidiumsmitglied Oliver Bierhoff, die bei der EM-Auslosung im fernen Kiew noch später vor vollendete Tatsachen gestellt wurden.

„Das ist so sein Stil, diese Entscheidung fast allein zu treffen“, sagte Beckenbauer über Zwanziger. Im DFB-Vorstand wurde nach dpa-Information hinter vorgehaltener Hand von einer „schwierigen Situation“ und einem „ungünstigen Zeitpunkt“ gesprochen. Über die Gründe Zwanzigers konnte auch der „Kaiser“ nur spekulieren. Offenbar habe der DFB-Boss die öffentlichen Attacken „persönlich genommen“. Dafür habe er Verständnis. Beckenbauer sprach im TV-Sender „Sky“ von einer „Verzweiflungstat“ Zwanzigers.

Schiedsrichter-Affäre und FIFA-Skandale hatten Zwanziger zuletzt erneut persönliche Negativschlagzeilen in seiner ohnehin bewegten siebenjährigen Amtszeit beschert. Dankbar reagierte der Jurist aus Altendiez auf den „Respekt“, der ihm durch die versammelten DFB-Honoratioren bei dem Empfang in Gravenbruch am Freitagabend entgegenbracht worden sei.

Als seine verbliebene nationale Aufgabe betrachtet Zwanziger nun die reibungslose Übergabe an seinen Nachfolger, der von Herbst 2012 an als dann elfter DFB-Präsident die Geschicke des Verbandes leiten soll. „Es gibt mehrere Kandidaten. Wir haben Persönlichkeiten im Präsidium, die das machen können. Dazu gehört sicherlich auch Wolfgang Niersbach“, sagte Zwanziger. „Er ist in meinen Augen der Beste“, legte sich Beckenbauer fest. Niersbach sei auch bei den internationalen Verbänden FIFA und UEFA „gern gesehen“, so Beckenbauer. Das sei für den DFB wichtig.

„Er ist der klassische operative Mann, der sehr enge Kontakte in den professionellen Fußball hat, der wahnsinnig gut mit Sponsoren arbeiten kann. Er hat unglaubliche Stärken und wäre auch ein geeigneter Präsident“, sagte Zwanziger. Seine Nähe zum Profifußball könnte Niersbach allerdings bei den mächtigen Amateurverbänden zum ungeliebten Kandidaten machen.

Zudem würde der DFB einen anerkannten Fachmann für den Job als Generalsekretär verlieren. Fraglich ist auch, ob der frühere Journalist überhaupt Interesse hat, seinen gut bezahlten Posten für das Präsidentenamt aufzugeben. Schon 2010 hatte Zwanziger bei Niersbach vorgefühlt. „Da war er nicht sehr begeistert“, berichtete er.

Auch Liga-Präsident Reinhard Rauball wird das DFB-Spitzenamt zugetraut, er müsste aber wie Niersbach gegen Vorbehalte aus dem Amateurlager kämpfen. Dort hat DFB-Vize Rainer Koch eine Hausmacht. Präsidenten-Ambitionen soll er schon lange haben. Ausgerechnet seinen jüngsten Widersacher in der Schiedsrichter-Affäre als Nachfolger zu sehen, würde Zwanziger wohl schmerzen. Intern dürften schon die Grabenkämpfe als Vorboten eines Präsidentenwahlkampfs laufen.

Der neue DFB-Boss müsste mit Zwanziger kooperieren können, da dieser bis 2013 in der UEFA-Exekutive und sogar bis 2015 in der FIFA-Exekutive bleiben will. Auch in beiden internationalen Verbänden könnten demnächst die Präsidentensessel frei werden, was weiteren Spekulationen über Zwanzigers Zukunftsambitionen Raum lässt. (dpa/abendblatt.de)