Sebastian Vettel genügt in Suzuka ein dritter Platz zum zweiten Formel-1-Titel. Jenson Button gewinnt

Suzuka. Fernando Alonso ist kein Mann, der gerne verliert. Dennoch sagte der ehrgeizige und verbissene Formel-1-Rennfahrer aus Spanien nach dem Großen Preis von Japan in Suzuka, was zu sagen war: "Sebastian Vettel ist der beste Fahrer im besten Team mit dem besten Paket. Sie verdienen den Titel." Kurz zuvor war Vettel als Dritter hinter dem britischen Sieger Jenson Button im McLaren-Mercedes und Alonso im Ferrari über die Ziellinie gefahren und hatte mit minimiertem Risiko die zum zweiten Titelgewinn noch fehlenden Punkte eingefahren. Im Alter von 24 Jahren und 98 Tagen ist er der jüngste Doppelweltmeister der Formel-1-Geschichte.

"Wir hatten ein fantastisches Jahr", schwärmte Vettel, bevor er sich zur Sekt-und-Selters-Orgie mit dem Red-Bull-Rennstall begab. "Und das Beste daran ist: Es geht noch weiter." Damit meinte er: Vier Rennen stehen in der Saison 2011 noch an, um Michael Schumachers Saisonrekord von 13 Siegen in einem Rennjahr einzustellen.

Nachdem Vettel jeden einzelnen Mechaniker seines Teams umarmt hatte, sagte er: "Es wird Zeit brauchen, das zu verstehen." Ähnlich hatte er sich vor Jahresfrist nach seinem ersten WM-Titel geäußert. Aber man gewöhnt sich: Tränenersticktes Schluchzen, das im Saisonfinale 2010 via Boxenfunk über das weltweite Fernsehen verbreitet wurde, war diesmal nicht zu hören.

Auch wenn sich Vettel lieber mit einem Sieg zum Champion gekrönt hätte, so dokumentierte auch der dritte Rang seine Dominanz in dieser Saison. Es war sein 14. Podiumsrang im 15. Grand Prix. Kein anderer Fahrer hat alle Rennen im Ziel und dann noch unter den Top vier beendet. "Ziemlich beeindruckend", befand Rennsieger Button Vettels Rekordserie. Und Altmeister Michael Schumacher, dessen Rekorde - sieben Titel, 91 Siege - Vettel mit Riesenschritten attackiert, sprach von einer "herausragenden Leistung" und schob den Hinweis hinterher: "Das macht mich stolz. Wir sind Freunde." Vielleicht, so der siebenmalige Weltmeister, könnten sich die beiden ja bald auch auf der Strecke miteinander messen: "Ich hoffe, dass ich auch ein gutes Auto bekomme."

Schon unmittelbar nach der Zieldurchfahrt hatte Vettels Crew die eigens für diesen Anlass hergestellten Weltmeister-Shirts samt Vettel-Kappen angezogen. "Allein hätte ich das nicht geschafft", richtete der deutsche Doppelweltmeister seinen Dank ans Team. Nach Siegerehrung und Fernsehmarathon war Vettel zur Red-Bull-Mannschaft gesprintet, um endlich mit seinen Mechanikern feiern zu können. "Jedem im Team bin ich unendlich dankbar", sagte Vettel, stellte dann aber doch einen Mann ganz besonders heraus, mit dem er "mehr Zeit verbracht hat als mit irgendjemandem sonst" - seinen Fitnesstrainer Tommi Parmakoski: "Er hat mich immer wieder auf den Boden zurückgeholt, damit ich nicht abhebe." Vettels Teamchef Christian Horner zog geradezu historische Vergleiche: "Es ist phänomenal, auf welchem Niveau sich Sebastian in dieser Saison bewegt. Seine Leistungen sind außergewöhnlich, er dominiert jeden, er prägt diese Formel 1 derzeit wie kein anderer. Kaum vorstellbar, was er in so einem kurzen Zeitraum alles erreicht hat."

Bereits beim Start hatte Vettel von der Poleposition aus klargestellt, dass er in diesem Rennen die Entscheidung will und sich keineswegs darauf verlassen würde, in gemütlicher Fahrt als Zehnter den noch fehlenden WM-Punkt einzufahren. Er blockte einen Angriff seines letzten verbliebenen Verfolgers Jenson Button ab und drängte den Engländer beinahe Richtung Wiese ab. "Dafür bekommt er sicher eine Strafe", schimpfte Button in sein Bordmikrofon. Die Rennleitung wollte jedoch zu einem so frühen Zeitpunkt nicht in den Titelkampf eingreifen. Vettel blieb vorn, behauptete die Führung. Schnell stellte sich aber heraus, dass die Pirelli-Reifen an diesem Tag besonders stark beansprucht würden. Allein der elegant und besonders schonend fahrende Button verstand es, das Gummi bis zum Ende des jeweiligen Turns optimal auszunutzen. Nach dem zweiten von drei Reifenwechseln in der 21. Runde kam Button vor Vettel aus der Box. Der Weltmeister von 2009 behauptete die Führung bis zum Ende, auch als das Safety Car nach einer weiteren Berührung zwischen Pisten-Rüpel Lewis Hamilton und Ferrari-Mann Felipe Massa ausrücken musste. Auch Alonso schlüpfte in dieser Phase an Vettel vorbei.

Button tat, was er tun musste, um im WM-Rennen zu bleiben, doch weil der Titelverteidiger unbeirrt seine Bahnen zog, war auch diese letzte Chance dahin. Immerhin zog Button aus dem engen Zieleinlauf - drei Fahrer innerhalb von zwei Sekunden - Hoffnungen für die nächste Saison: "Das gibt uns Motivation." Den Titel hatte er "schon lange abgeschrieben". Mit einem Augenzwinkern lästerte er: "Verdammte Deutsche ..."

Altmeister Michael Schumacher sammelte während der dritten Boxenstoppserie die ersten Führungskilometer seit seinem Comeback, weil er sich drei Runden lang an der Spitze behaupten konnte, ehe er selbst neue Reifen fassen musste. Immerhin brachte er den Mercedes-Silberpfeil als Sechster ins Ziel und konnte mit Massa einen der sechs Fahrer aus den drei Spitzenteams hinter sich lassen. "Das war das Maximum", sagte er. Sein Teamkollege Nico Rosberg, der wegen Hydraulik-Problemen in der Qualifikation vom vorletzten Startplatz ins Rennen gehen musste, fuhr auf Platz zehn vor.

Schumachers schönste Aufgabe an diesem denkwürdigen Tag war die Eskorte für seinen Nachfolger Vettel auf der Ehrenrunde.