Waldemach Kluch soll den Profiboxstall zurück in ruhiges Fahrwasser lenken. Er will sich dazu auch der Hilfe potenter Investoren bedienen.

Hamburg. Um Waldemar Kluch auf den Fersen zu bleiben, muss man sportlich sein. Der 53 Jahre alte Geschäftsführer bewegt sich mit einer Geschwindigkeit durch sein Dima-Sportcenter, die nur einen Schluss zulässt: Auf dem Weg, sein neues Projekt zum Erfolg zu führen, hat Kluch keine Zeit zu verlieren. Seit er Ende Juni offiziell als neues Mitglied der Geschäftsleitung beim Hamburger Profiboxstall Universum vorgestellt wurde, ist Kluch mit großem Eifer dabei, die Geschicke des ehemaligen Platzhirschen der deutschen Berufsboxszene nach Monaten der Ungewissheit wieder in ruhiges Fahrwasser zu lenken. An diesem Sonnabend lädt das Unternehmen unter dem Motto „Universum is back“ zur ersten Veranstaltung in das ausgebaute Dima-Sportcenter.

Als Universum-Chef Klaus-Peter Kohl nach dem Auslaufen des TV-Vertrags mit dem ZDF Ende Juli 2010 mit dem Gedanken spielte, seine Boxer nur noch im Ausland antreten zu lassen oder sie ganz und gar an andere Promoter abzugeben, trat Kluch auf den Plan. Kohl und er kennen sich seit 30 Jahren aus der Automatenbranche, ein Jahr lang verhandelten sie intensiv über Kluchs Einstieg. „Herr Kohl hatte sicherlich bessere Angebote, aber er hat gespürt, dass ich sein Lebenswerk weiterführen will. Meine Intention war es, Universum in Hamburg zu halten. Dieser Stall hat so viel Potenzial, dass es ein Jammer gewesen wäre, wenn er zugrunde gegangen wäre“, sagt er.

Kluch, 1978 EM-Dritter im Karate, konnte Kohl und dessen Schwiegersohn Dietmar Poszwa letztlich mit einem lukrativen Angebot überzeugen. Dank seiner exzellenten Kontakte nach Russland stellte er die Verbindung zu einem seiner Aussage nach „milliardenschweren“ Investor her, der sich bei Universum engagieren will, dessen Identität jedoch erst am Sonnabend geklärt werden soll. „Ich habe die Zusage, dass einige unserer neuen Partner am Ring sitzen werden. Dann werden wir sie auch vorstellen. Wir behalten uns jedoch vor, die Investoren geheim zu halten, wenn sie nicht persönlich anwesend sind, denn darauf legen sie Wert“, sagt Kluch.

Mit seiner vollmundigen Ankündigung, dank des Investors könne sich Universum „jeden TV-Partner aussuchen, den wir haben wollen“, hatte Kluch Ende Juni für Aufsehen gesorgt. Bislang war es Universum-Politik, über Geschäfte erst dann zu sprechen, wenn die Verträge unterschrieben waren. Auf seine Offenheit angesprochen, lacht Kluch nur. „Ich sage immer meine Meinung. Aber ich mache keine leeren Versprechungen. In 30 Jahren Geschäftsbeziehung mit Russland habe ich gelernt, mein Wort zu halten, denn wenn man das dort nicht tut, bekommt man Probleme ganz anderer Art“, sagt er.

Kluch ist als Teilhaber bei Universum eingestiegen, über die Höhe seines Anteils schweigen die Beteiligten sich aus. Die Mutmaßung vieler Kritiker, Kohl sei froh, sein Unternehmen schnellstmöglich an Kluch übergeben und sich zur Ruhe setzen zu können, weist der neue dritte Mann zurück. „Es ist vertraglich fixiert, dass Herr Kohl noch mindestens zwei Jahre dabei bleibt. Ohne ihn ginge es auch gar nicht“, sagt er. Allerdings wurde nun bekannt, dass Kohl und Poszwa nur noch als Berater im Unternehmen arbeiten und lediglich minimal beteiligt sind. „Dennoch bringen sich beide mit viel Einsatz für Universum ein“, sagt Kluch.

Die Arbeitsteilung in der Geschäftsleitung sehe vor, dass Poszwa und Kohl sich um die Politik bei den Weltverbänden, den Nachwuchs, Verträge, Gegner, Sponsoren, Veranstaltungsablauf und TV-Rechteverhandlungen kümmern – und Kluch als neuer Geschäftsführer den Kontakt zu Boxern und Trainern intensiviere. „Dort ist in der Vergangenheit einiges nicht gut gelaufen. Wir wollen mehr mit den Boxern reden und weniger vor Gericht prozessieren“, sagt Kluch. Er ist jeden Tag von neun Uhr morgens bis 23 Uhr abends im Sportcenter und dort jederzeit für die Sportler da. „Ich löse deren Probleme sofort, damit sie sich nur auf ihre Kämpfe konzentrieren können“, sagt er. Bei den Boxern kommt das sehr gut an.

Ein Blick in die Vergangenheit des Vaters von 22 Jahre alten Zwillingen zeigt, dass er beim Lösen von Problemen durchaus Erfahrung aufweist. Kluch hatte sich Anfang der 90er-Jahre als Vertrauensperson der russischen Tennis-Elite einen Namen gemacht. Sein Sportcenter, das er 1993 baute, war ursprünglich als Tennis-Leistungszentrum konzipiert, er veranstaltete dort sogar Challengerturniere der ATP-Tour. Ob seiner Kontakte nach Osteuropa – Kluch war 1971 mit seinen deutschstämmigen Eltern aus Kasachstan nach Hamburg gekommen – wurden ihm Verbindungen zur Russen-Mafia nachgesagt, deren Geld er im Dima waschen würden. Als 1996 ein Großbrand Teile seines Sportcenters zerstörte, wurde der Verdacht des Versicherungsbetrugs durch Brandstiftung laut. Ein Gutachten bestätigte jedoch, dass ein technischer Defekt das Feuer ausgelöst hatte, und spätestens als Kluch im Zuge einer Umfinanzierung pleite ging, war klar, dass auch keine Mafia ihm den Rücken stärkte.

Zehn Jahre später war er geschäftlich wieder auf die Beine gekommen und ersteigerte seine Sportanlage, die bis dato brach gelegen hatte, zurück. Seitdem hat er sie sukzessive ausgebaut, heute kommen in den Wintermonaten täglich 1500 Gäste, die hauptsächlich Kleinfeld-Fußball spielen, aber auch Tennis, Kampfsport oder Fitness betreiben. Sogar den Verdacht der Menschenschleusung, der 2009 gegen ihn aufgekommen war, überstand Kluch unbeschadet. „Man hat nachweislich meine Unterschrift gefälscht. Die Staatsanwaltschaft hat eine Einstellung des Verfahrens angeboten. Das habe ich abgelehnt, weil ich einen Freispruch möchte, um meinen Namen von allen Vorwürfen reinzuwaschen“, sagt er.

Seitdem ruht das Verfahren, Kluch dagegen nicht, im Gegenteil. Er steckt voller Tatendrang, und für Universum hat er eine Vision. „Wir wollen in fünf Jahren wieder so erfolgreich dastehen wie vor fünf Jahren“, sagt er. Allerdings werde es nie mehr ein Aufgebot von 60 Kämpfern geben, vielmehr wolle man „mit Augenmaß wachsen und auf Qualität setzen“. Das gelte auch für den ausgedünnten administrativen Bereich, zudem soll das Universum-Büro ebenfalls aus Wandsbek nach Lohbrügge verlegt werden.

Kluch ist überzeugt davon, mit Universum Geld verdienen zu können. „Ich bin mit Herrn Kohl einig, dass Boxen ein globaler Sport ist, und mit unseren Kämpfern können wir weltweit erfolgreich sein“, sagt er. Dabei sei sein Grundsatz, das Publikum mit ehrlichem und hochwertigem Sport zu unterhalten. „Wir wollen nicht nur einen Hauptkampf fürs Fernsehen liefern, sondern den Fans sechs bis acht Topkämpfe bieten. Nur durch Qualität setzt man sich ab“, sagt er. In den nächsten Monaten gehe es nun darum, sich ins Gedächtnis der Fans zurückzubringen. „Wenn wir zeigen, was wir können, werden auch in Deutschland Sender und Sponsoren nicht an uns vorbeikommen. Ich bin sicher, dass alles gut wird“, sagt Kluch. Dann muss er weg, schnell zum nächsten Termin. Irgendwo ist immer ein Problem, das gelöst werden will.