Die Münchner demonstrierten auf Schalke ihre Stärke, die Konkurrenz zeigt sich ehrfürchtig. Ein Durchmarsch zum Titel scheint die Folge.

Gelsenkirchen. Vor dem Anpfiff gab es wütende Pfiffe, nach einer Demonstration der Stärke gab es am Ende der Partie lediglich stille Resignation. Als der Bus des FC Bayern München am Sonntag das Stadiongelände verließ, hatte sich die Aufregung der Schalker Fans um Manuel Neuer längst gelegt. Nach dem 2:0 (1:0) der Münchner beim Revierklub wurde auf den Tribünen mehr über die drohende Langeweile im Titelkampf der Fußball-Bundesliga als über den feindseligen Empfang für den Nationalkeeper an seiner alter Wirkungsstätte diskutiert. Schalkes Sportvorstand Horst Heldt brachte die Stimmung auf den Punkt: „Die Bayern dominieren, und es wird schwierig mitzuhalten. Wie es aussieht, wird es ein Alleingang – fürchte ich.“

Soviel Ehrerbietung des Gegners kam als Einstimmung auf das heimische Oktoberfest gerade recht. Vor der traditionellen Lederhosen-Einkleidung der Profis am Montag für die Wiesn herrschte prächtige Stimmung. Anders als in der spaßfreien Vorsaison unter Louis van Gaal ist der Rekordmeister auf dem Weg zurück zu alter Stärke. Scheinbar mühelos meisterte er auch die knifflige Aufgabe „auf“ Schalke. Selbst Trainer Jupp Heynckes geriet ins Schwärmen: „Es war die beste Leistung in dieser jungen Saison. Das ist großer Fußball.“ Ähnlich euphorisch fiel das Urteil von Spielmacher Toni Kroos aus: „Die zweite Halbzeit war fast perfekt.“

Die heftige Schelte der heimischen Fans für ihren einstigen Liebling Neuer, der auf einem an der Nordkurve des Stadions angebrachten rund 70 Meter langen Spruchband als „charakterlose Marionette“ verunglimpft worden war, schien die Bayern eher zu beflügeln als zu lähmen. Tore von Nils Petersen (21. Minute) und Thomas Müller (75.) sorgten in der aufgeheizten Atmosphäre für Ruhe. Beim Trikottausch von Neuer mit seinem Gegenüber Ralf Fährmann nach dem Schlusspfiff im Mittelkreis herrschte Stille in der Arena.

Neuers erfolgreiche Heimkehr - bis auf den Fan-Empfang

Das empfand auch Trainer Heynckes als Genugtuung. Er mochte sich dennoch Kritik an der Fan-Aktion nicht verkneifen: „Eines kann man Manuel Neuer ganz bestimmt nicht vorwerfen, dass er charakterlos ist. Er ist ein Super-Mensch. Wir haben auch für ihn gespielt.“

Ähnlich cool wie seine Mitstreiter reagierte Neuer auf die Schmähgesänge. Aus alter Verbundenheit mit seinem Ex-Klub verzichtete er auf Kritik wegen der Anfeindungen: „Ich wollte professionell sein, wegen dieser Professionalität bin ich zu den Bayern gewechselt. Und ich wollte erfolgreich sein – das waren wir ja heute.“

Angesichts der jüngsten Münchner Bilanz muss der Konkurrenz im Titelkampf angst und bange werden. Die in der Sommerpause gezielt verstärkte Defensive ließ in den ersten sechs Bundesligaspielen lediglich ein Tor zu und bescherte dem FC Bayern damit einen Vereinsrekord. Zum achten Mal in Serie musste Keeper Neuer in einem Pflichtspiel nicht hinter sich greifen. Trotz dieser beeindruckenden Zahlen sieht Trainer Heynckes noch „Luft nach oben“: „Natürlich kann es besser gehen. Wenn Robben, Gomez und Olic wieder zur Verfügung stehen, haben wir mehr Qualität im Kader.“ Ivica Olic soll nach seiner Hüftverletzung schon bald wieder ins Training einsteigen.

Anders als die anderen deutschen Champions-League-Teilnehmer aus Leverkusen und Dortmund, denen der Auftritt auf großer internationaler Bühne schlecht bekam, war beim FC Bayern kein Substanzverlust erkennbar. Das sorgt vor den nun anstehenden wichtigen Heimpartien gegen Leverkusen und Manchester City für zusätzlichen Rückenwind. Der Glaube an sein Team ist auch bei Heynckes mit jedem Spiel gewachsen: „Diese Leistung stimmt mich zuversichtlich für die anstehenden Aufgaben.“ (dpa)