Trainer Joachim Mahn startet mit dem Club an der Alster als Meister in die Feldhockey-Bundesliga. Er befürchtet jedoch eine harte Saison.

Hamburg. Nur wenige Wochen ist es her, dass Jo Mahn sich erstmals auf einem Himmelfahrtskommando wähnte. Die Hockey-Herren des Clubs an der Alster hatten gerade ihr erstes Testspiel in der Vorbereitung auf die am Sonnabend beginnende Bundesliga-Saison mit 1:4 gegen Zweitligaklub Großflottbek verloren, und ihrem Trainer waren beim Zusehen Zweifel gekommen, ob der Aderlass in seinem Team nicht doch ein wenig zu heftig ausgefallen war.

"In dieser Konstellation, in der wir zusammenspielen, kann es nur darum gehen, so schnell wie möglich Punkte für den Klassenerhalt einzusammeln", sagt Mahn. Um die Brisanz dieser Aussage zu verstehen, muss man wissen, dass Alster als Titelverteidiger in Halle und Feld in die Saison 2011/12 startet. Möglich wurde dies, weil Nationaltorhüter Tim Jessulat überragend in Form war und weil Sebastian Biederlack und Barry Middleton gemeinsam mit Justus Scharowsky ein Mittelfeld bildeten, das Maßstäbe setzte.

Nun jedoch ist Middleton zurück in England, wo er sich mit dem Nationalteam auf Olympia vorbereiten muss, und Scharowsky hat jetzt bei Puma in Herzogenaurach einen Arbeitsplatz gefunden. Die beiden sind indes nur die prominentesten von zwölf Abgängen, und weil der Großteil der neun Neuzugänge aus Talenten besteht, ist sich Mahn sicher, "dass kein Experte uns in den Kreis der Favoriten rechnet". Der Hallen-Europapokal, den Alster Ende Februar ausrichtet, sei die realistischste Möglichkeit, einen Titel zu gewinnen, die Teilnahme an der Euro Hockey League (EHL) dagegen zweitrangig.

Umso mehr dürfte es also wieder einmal auf den Trainer selbst ankommen. Seit 1997 ist der gebürtige Gelsenkirchener, der 1986 nach Hamburg kam und zunächst Alsters Damen coachte, für die 1. Herren verantwortlich. Neun deutsche Meistertitel - sieben im Feld, zwei in der Halle - hat Alster unter seiner Ägide gewonnen. Der 48-Jährige kennt also ein paar Erfolgsrezepte, allerdings weiß er auch, dass sich das Anspruchsdenken im Verein nicht mit einem Kampf gegen den Abstieg in Einklang bringen lässt. Als man nach dem Titelgewinn 2008 eine Umbruchphase erlebte und den Stadtrivalen Uhlenhorster HC vor allem in der prestigeträchtigen EHL an sich vorbeiziehen sah, war die Unzufriedenheit groß.

+++ Club an der Alster nach Abgängen vor ungewisser Saison +++

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+++ Zum Abschied lockt der Meistertitel +++

"In dieser Phase musste ich schon überlegen, ob ich noch das Richtige mache", sagt Mahn. "Auch bei Alster ist nicht alles Gold, was glänzt. Aber nach zwei Titeln in einer Saison kommen auch die miesesten Kröten aus ihren stinkenden Löchern und legen dir ihre klebrige Pranke auf die Schulter." Derlei Anerkennung war es jedoch nie, die den fest angestellten Übungsleiter, der auch die 2. Herren sowie die männliche A- und B-Jugend trainiert, an seinen Arbeitsplatz band. Vielmehr genießt er die Stimmung in der Mannschaft, als deren Teil er sich empfindet. "Ich werde in der Truppe zum kleinen Jungen", sagt er.

Anmerken lässt sich der Vater eines achtjährigen Sohnes seine Kindlichkeit nur intern. Am Spielfeldrand wirkt er in seinen kurzen Hosen und mit den vor der Brust verschränkten Armen wie ein Ruhepol. Laute Worte gibt es aus Mahns Mund nur, "wenn einer nicht kämpft", ansonsten habe er sich abgewöhnt, Mitspieler, Gegner oder gar Schiedsrichter anzupöbeln. "Mit Schreien ist allen am wenigsten geholfen", sagt er.

Mahn ist in Krefeld aufgewachsen. Seinen Akzent hat er sich bewahrt, ebenso die sprichwörtliche rheinische Frohnatur und eine Gemütlichkeit, die überall ankommt. Mahn schätzt ein kühles Weizenbier ebenso wie seine Marlboro-Zigaretten, und er erlaubt diese Dinge auch seinen Spielern in Maßen. Um vom Hockey zu entspannen, spielt er Golf (Handicap 8).

Dass der Bayern-München-Fan den Erfolg der Vorsaison vor allem Athletiktrainer Christopher Hallmann zuschreibt, "der dafür gesorgt hat, dass wir das fitteste Team hatten", ist die Eigenschaft, die ihn in der Gunst seines Teams so hoch hat steigen lassen. Er nimmt sich selbst nicht so wichtig und kann über eigene Schwächen lachen. Es gibt allerdings noch eine weitere Eigenart, für die Mahn bekannt ist: das Tiefstapeln. Nach dem Flottbek-Debakel machte sein junges Team in den weiteren Vorbereitungsspielen einen guten Eindruck. Es würde die Konkurrenz deshalb nicht verwundern, wenn das Himmelfahrtskommando wieder einmal im siebten Himmel enden würde.

Der Überblick über die Hamburger Klubs: www.abendblatt.de/hockey