Thomas Bach wollte sich noch nicht auf eine erneute deutsche Bewerbung festlegen. Willingen bei Facebook als Kadidat vorgeschlagen.

Durban. Bewirbt sich München 2022 erneut für die olympischen WInterspiele? Ein eindeutiges Signal für einen zweiten Anlauf ließen sich die Münchner Olympia-Macher nach der Bewerbungspleite um die Spiele 2018 nicht entlocken. Der deutsche Ober-Olympier Thomas Bach und Münchens Oberbürgermeister Christian Ude tanzten sich im „Deutschen Haus“ zu den Songs der stimmgewaltigen „Durban Divas“ erstmal den Frust von der Seele. Auch am Tag nach dem Untergang gegen Pyeongchang warnten Bach & Co. vor Schnellschüssen. „Wir lassen uns nicht unter Druck setzen. Enttäuschung ist der falsche Ratgeber“, sagte Bach am Donnerstag.

Bittere Lehren bleiben hängen aus der gescheiterten Bewerbung. Die Kernbotschaften der Kandidatur wurden in allen acht Präsentationen überzeugend und leidenschaftlich verkauft. Inhalt und Darstellung stimmten. Aber die olympische Entwicklungshilfe für den südkoreanischen Skiort aus der Retorte war den IOC-Mitgliedern wichtiger. Die alpenländische Tradition war gegen die asiatische Reißbrett-Vision mit ihren 499 Schneekanonen chancenlos. Pyeongchangs historischer Wahlsieg hat die olympische Winterwelt um Südkorea erweitert.

Nicht mal Münchens Frontfrau Katarina Witt konnte ihren Seelenkater nicht weglächeln und erst recht nicht sofort an ein Weiterkämpfen denken. Nach dem Bewerbungs-Marathon und den Dienstreisen rund um die Welt fühlte sie sich innerlich leer. „Ich muss mich jetzt erst einmal ausruhen“, gestand die 45 Jahre alte Sächsin. Im Hintergrund heizte die bayerische „Koitaboch-Musi“ im Strandlokal „Moyo“ der deutschen Delegation ein.

Witt stand untröstlich abseits. „Natürlich nimmt man so eine Niederlage persönlich“, gab sie zu. „Es ist ein bisschen schwer zu verstehen. Ich sehe die Niederlage natürlich aus Athletensicht. Und da denkt man, der Beste wird gewinnen.“

Auch IOC-Präsident Jacques Rogge hatte die Deutlichkeit des Votums „überrascht“. Südkoreas Presse jubelte. „Zwölf Jahre der Hoffnungen, Träume und mühevollen Arbeit wurden belohnt“, schrieb die Zeitung „JoongAng Ilbo“. Die „Korea Times“ titelte: „Yes! Am Ende doch, ein Fall von 'Aller guten Dinge sind drei'.“

Das südkoreanische Projekt hinterlasse „ein gewaltiges Erbe. Pyeongchang wird ein neues Wintersportzentrum in Asien“, erklärte Rogge und beantworte damit gleich eine der meistgestellten Fragen. Das Ja-Wort für Pyeongchang war eine Grundsatz-, keine Qualitätsentscheidung. Rogge empfahl den Deutschen eine erneute Bewerbung für 2022. „München hat viele gute Ideen und Kreativität eingebracht und wurde diesmal nicht belohnt. Ich hoffe, dass wir sie in der Zukunft weiter sehen“, sagte der Belgier.

Die Marketing-Abteilung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) ließ sich prophylaktisch schon einmal die Webdomain (muenchen2022.org) sichern. Am kommenden Mittwoch ist in Frankfurt die erste offizielle Manöverkritik angesetzt. „Die Niederlage ist nicht einfach zu erklären, es war wohl eine Mischung zwischen neuen Märkten und Mitleid“, kommentierte Bach.

Selbst der bestens vernetzte IOC-Vize konnte das Stimmendebakel nicht verhindern und bekam von seinen Kollegen der Ringe-Regierung eine sportpolitische Ohrfeige verpasst. Seinen Ambitionen auf das IOC-Präsidentenamt muss die Schmach nicht geschadet haben. „Meine Kollegen wissen zu unterscheiden zwischen Niederlagen von Bewerbern und Personen“, meinte Bach. Seine Rolle als Anführer einer Olympia-Bewerbung gab ihm eine andere, im persönlichen Wahlkampf möglicherweise wichtige Perspektive auf die IOC-Kräfteverhältnisse.

„Diese Niederlage wird seine Kandidatur in keiner Weise negativ beeinflussen“, analysierte auch IOC-Ehrenmitglied Walther Tröger. Mit 63:25 Stimmen hat Südkoreas drittgrößter Stadt die Isar-Metropole gleich im ersten Wahlgang düpiert. Das französische Annecy war in dem ungleichen Dreikampf mit sieben Voten nur eine Randnotiz.

Von Auflösungserscheinungen in der deutschen Delegation war wenig zu sehen. Aufgelöst wird aber die Bewerbungsgesellschaft. In den Stunden nach dem geplatztem Münchner Olympia-Double mussten sich die Macher von den Medien auch noch vorrechnen lassen, dass im Bewerbungsetat von 33 Millionen Euro knapp sechs Millionen vom Steuerzahlen übernommen werden müssten.

München-OB Ude und Michael Vesper, Aufsichtsratschef der Bewerbungsgesellschaft, bügelten erste Kritik an einem vermeintlich teuren Versagen kategorisch ab. Ude bewertete den Millionen-Aufwand „nicht als Fehlinvestition“. Vesper sprach sogar von einem „Imagegewinn, der viel mehr wert ist als sechs Millionen“

Während Münchens Überlegungen ob einer neuerlichen Bewerbung noch nicht abgeschlossen sind, bringen zwei junge Leute aus dem nordhessischen Waldeck-Frankenberg einen weiteren deutschen Kandidaten ins Gespräch. Bei Facebook schlagen sie Willingen am Rande des Sauerlandes als Austragungsort für Olympia 2022 vor.

Immerhin liege Willingen ebenso wie Pyeongchang etwa 700 Meter über dem Meeresspiegel und biete zusammen mit dem benachbarten Winterberg bereits eine große Wintersport-Infrastruktur. Auf der Mühlenkopfschanze in Willingen finden Jahr für Jahr Kult-Weltcups der Skispringer statt, der Winterberger Eiskanal Auf der Kappe ist WM-erprobt. Medal Plazza für die Siegerehrungen soll Siggis Hütte sein, ein beliebter Party-Treff auf dem Ettelsberg. Sogar ein Logo gibt es schon für den nicht ganz ernst gemeinten Vorschlag: das Münchner M als W für Willingen auf den Kopf gestellt.

FIS-Präsident: Olympia in Südkorea ist eine Chance

Der Internationale Skiverband FIS sieht in der Vergabe von Olympia 2018 an Pyeongchang die große Chance auf einen Gewinn von neuen Wintersport-Fans. Die Spiele 2018 in Südkorea böten die Gelegenheit, Wintersport in einem sich schnell entwickelnden Teil der Welt mit einem großen Potenzial auszudehnen und neue Anhänger zu finden, sagte Präsident Gian Franco Kasper in einer am Donnerstag verbreiteten FIS-Mitteilung. Die FIS freue sich, „das Wachstum des Schneesports in Korea zu fördern“, sagte Kasper.

(dpa/abendblatt.de)