Als erste Deutsche seit Steffi Graf 1999 hatte sie das Halbfinale erreicht. Nun ist Endstation. Das Finale bestreiten Scharapowa und Kvitova.

Wimbledon. Noch einmal warf Sabine Lisicki dem Publikum auf dem Centre Court Handküsschen zu, noch einmal erhielt sie tosenden Beifall von den Zuschauern, die sie so liebgewonnen hatten - dann trat sie von der großen Bühne ab, das Gesicht tief vergraben in ein Handtuch. Die wundersame Reise war zu Ende, das Halbfinale wurde für die 21 Jahre alte Berlinerin die Endstation bei den 125. All England Championships in Wimbledon.

Lisicki unterlag der Weltranglistensechsten Maria Scharapowa aus Russland mit 4:6, 3:6. Nach Hause muss sie aber trotzdem nicht: Nach dem Halbfinal-Aus im Einzel erreichte Lisicki mit ihrer australischen Partnerin Samantha Stosur das Halbfinale im Doppel. „Ich war am Anfang schon enttäuscht, aber ich habe eine gute Partnerin, die hat mich aufgebaut. Das war gut, das hat dem Tag ein besseres Ende gebracht.“

Lisicki vergab zuvor aber die große Chance, als erste deutsche Spielerin seit Steffi Graf 1999 nach der wichtigsten Trophäe im Tennis zu greifen. Graf hatte das Endspiel damals allerdings verloren, ihren letzten von sieben Titeln auf dem heiligen Rasen gewann sie 1996. „Ich hatte meine Chancen, aber ich habe sie nicht genutzt, das war der Unterschied“, sagte Lisicki. Sie stellte aber auch fest: „Es war trotzdem ein unglaubliches Turnier.“

Lisicki hatte auf dem Weg in das Halbfinale die Top-Ten-Spielerinnen Li Na (China) und Marion Bartoli ausgeschaltet. Sie kann sich mit einem Preisgeld von 275.000 Pfund (etwa 304.000 Euro) trösten und der baldigen Rückkehr in die Top 30 der Weltrangliste.

Zugleich gewann Lisicki die Erkenntnis, dass sie ohne gute Aufschläge zu angreifbar ist: Lisicki, mit 44 Assen in fünf Spielen die bis dahin Beste in Wimbledon und deshalb von den englischen Medien bereits „Bumm Bumm Bine“ oder „Doris Becker“ genannt, schlug im Halbfinale kein einziges Ass, ihr schwaches zweites Service wurde von Scharapowa gnadenlos attackiert. „Der Arm war schon ein bisschen langsamer“, sagte Lisicki.

Der Russin wurde so nicht mal zum Verhängnis, dass sie selbst schlecht aufschlug und insgesamt 13 Doppelfehler servierte. „Wieder im Endspiel zu stehen ist großartig, aber ich habe hier noch etwas zu tun“, sagte Scharapowa, die im Endspiel am Samstag auf Petra Kvitova trifft. Die 21 Jahre alte Weltranglistenachte besiegte die Weltranglistenfünfte Wiktoria Asarenka aus Weißrussland mit 6:1, 3: 6, 6:2. Die letzte tschechische Finalistin in Wimbledon war 1998 Jana Novotna gewesen, sie hatte damals auch den Titel gegen Nathalie Tauziat aus Frankreich gewonnen.

Zunächst hatte es kurzfristig nach einem deutsch-tschechischen Endspiel ausgesehen. „Sie hat sehr gut gespielt, ich habe genau das Gegenteil gemacht“, sagte Maria Scharapowa über die einseitige Anfangsphase, in der Lisicki mit 3:0 in Führung ging. Nach einem miserablen Start fing sich die Russin aber ab Mitte des ersten Satzes und spielte danach neben ihrem Können auch ihre ganze Routine aus. Die 24-Jährige, Siegerin in Wimbledon 2004, erreichte ihr zweites Finale auf dem heiligen Rasen nach 1:27 Stunden, Lisicki schlug den ersten Matchball hinter die Grundlinie ins Aus.

Bei Sonnenschein über dem Centre Court zu Beginn des Matches spielte Lisicki zunächst unbekümmert drauflos, doch als ihre Gegnerin das hart umkämpfte vierte Spiel gewonnen hatte, drehte sich das Match. Lisicki, die bisherige Nummer 62 der Weltrangliste, geriet bei eigenem Aufschlag jetzt zunehmend unter Druck.

Lisicki hoffte zwischendurch noch auf eine Unterbrechung, nachdem es im dritten Spiel des zweiten Satzes leicht zu regnen begonnen hatte. Die Hoffnung auf dieses „Break“ der etwas anderen Art erfüllte sich allerdings nicht, die Schiedsrichterin ließ weiterspielen, die Deutsche verlor ihren Aufschlag zum 0:3 und erholte sich davon nicht mehr.