Promoter Klaus-Peter Kohl schreibt im Abendblatt über seine Zeit mit den Box-Brüdern Klitschko, die im November 1996 Hamburger wurden.

Hamburg. Klaus-Peter Kohl hat die Schwergewichts-Brüder Klitschko auf ihrem Karriereweg acht Jahre lang begleitet. Zwischen November 1996 und Mai 2004 standen die Ukrainer bei Kohls Hamburger Universum-Stall unter Vertrag. Vor dem Duell zwischen IBF/WBO-Champion Wladimir Klitschko und dem britischen WBA-Weltmeister David Haye am Sonnabend (21.45 Uhr/RTL) in der Imtech-Arena schreibt der 67-Jährige fürs Abendblatt über die gemeinsame Zeit.

+++ Kampf der Giganten: Wladimir Klitschko vs. David Haye +++

"Ich erinnere mich gut an den Tag, als Vitali und Wladimir erstmals nach Hamburg kamen. Es war im August 1996, kurz nachdem Wladimir in Atlanta olympisches Gold gewonnen hatte. Wir hatten seit 1994 Kontakt und wussten, dass die Brüder weltweit begehrt waren und wir uns beeilen mussten, um sie unter Vertrag zu nehmen. Als ich sie am Flughafen abholte, trugen beide schwarze Lederjacken und sahen aus, als wären sie meine Bodyguards.

Im November 1996 wurden sie Hamburger. Ich hatte ihnen eine meiner Wohnungen in der Walddörferstraße, in unmittelbarer Nähe zum Trainingsgym, zur Verfügung gestellt. Sie waren zurückhaltend, aber nicht schüchtern, und was mir auffiel, war ihre Wissbegierde. Sie interessierten sich für alles, vor allem wollten sie schnell die deutsche Sprache lernen. Immer wenn ich sie in ihrer Wohnung besuchte, lief am PC das Sprachprogramm. Das fand ich toll, denn das bewies, wie fokussiert und zielstrebig beide waren.

Sportlich hatte ich niemals Zweifel an ihrer Qualität. Das Interesse an ihnen war von Anfang an groß, immerhin stachen sie durch ihre Größe heraus, und dass sie stets im Doppelpack auftraten und ihre Gegner reihenweise früh ausknockten, machte sie zu besonderen Attraktionen. Natürlich gab es auch Widerstände. Für einige waren sie bloß zwei Russen, nicht interessant für den deutschen Markt, und es gab sogar jemanden, der sie als tschetschenische Freiheitskämpfer verspottete. Aber ich habe immer an sie geglaubt.

Es gibt das Gerücht, ich hätte vorgehabt, sie in Willi und Walter Klitschmann umzubenennen, um die Vermarktung in Deutschland zu vereinfachen. Das stimmt nicht. Ich war immer der Ansicht, dass Boxen ein globaler Sport ist, in dem nicht Namen zählen, sondern einzig die Leistung. Es entsprach auch nicht ihrem Charakter, sich zu verstellen. Sie wollten immer als Brüder wahrgenommen werden, deren Heimat die Ukraine ist, die aber Deutschland im Herzen tragen, weil dieses Land ihnen viel ermöglicht hat. Sie sind von ihren Eltern erzogen worden, höflich und ehrlich zu sein.

Natürlich war es auch für mich als Promoter etwas ganz Besonderes, als Vitali 1999 in London gegen Herbie Hide Weltmeister wurde. Einen Champion im Schwergewicht zu haben, das war immer mein Traum, und als er erfüllt war, war das auch für Vitali wie eine Erlösung. Umso schlimmer war die Pleite nicht mal ein Jahr später gegen Chris Byrd, als er wegen seiner schweren Schulterverletzung aufgeben musste. Die Vorwürfe danach, er sei ein "Weichei", haben Vitali sehr verletzt.

Ihm fiel es aber immer leichter, mit Rückschlägen umzugehen als Wladimir, der vom Erfolg verwöhnt war. Als er im März 2003 gegen Corrie Sanders ausgeknockt wurde und seinen Titel verlor, war das ein Schock für ihn, der fast das Ende seiner Karriere bedeutet hätte. Aber umso beeindruckender finde ich es, wie er daraus gestärkt hervorgegangen ist. Dass die beiden 2008 gemeinsam Weltmeister wurden, hat mich riesig gefreut. Das war immer unser gemeinsamer Traum gewesen.

Über unsere Trennung mache ich mir noch heute manchmal Gedanken. Die Kündigung im Frühjahr 2004 kam schon überraschend für mich. Ich denke, dass wir einfach mehr hätten reden müssen. Der langjährige Gerichtsprozess, der folgte, war für keine Seite gut. Dadurch haben wir uns beide blockiert. Grundsätzlich bin ich aber einfach nur dankbar für acht tolle Jahre, die wir gemeinsam hatten. Unserem persönlichen Kontakt hat das keinen Abbruch getan, wenn wir uns gesehen haben, haben wir uns immer höflich behandelt. Ich habe seit der Trennung jeden Kampf der beiden im Fernsehen gesehen und anschließend per SMS gratuliert. Live war ich allerdings nie mehr dabei, und dass ich für den Kampf am Sonnabend keine Karte bekommen habe, hat mich enttäuscht. Da hätte ich als Geste erwartet, dass sie mich in unserer gemeinsamen Heimatstadt einladen.

Dennoch werde ich Wladimir und Vitali immer in besonderer Erinnerung behalten. Ich wünsche beiden für die Zukunft nur das Beste und weiß, dass sie immer erfolgreich sein werden, denn die Klitschkos sind nicht nur außergewöhnliche Sportler, sondern vor allem außergewöhnliche Menschen.