Die beste deutsche Tennisspielerin profitiert enorm von der Zusammenarbeit mit Holger Fischer

München. Mit einem Vorhandfehler ist der Traum vom Halbfinale für Andrea Petkovic bei den French Open am Mittwoch endgültig beendet gewesen. Maria Scharapowa war im Viertelfinale für die beste deutsche Tennisspielerin zu gut, am Ende spielte die Russin einfach druckvoller und routinierter als die 23 Jahre alte Darmstädterin und gewann mit 6:0, 6:3. Für Petkovic war es dennoch ein tolles Turnier, erstmals stand sie bei den French Open in der Runde der letzten acht und bewies erneut, dass sie zu den besten Spielerinnen der Welt gehört.

Auch Holger Fischer wird den erfolgreichen Auftritt von Petkovic in Paris mitbekommen haben. Irgendwie. „Ich schaue mir die Spiele von Andrea aber grundsätzlich nicht an“, sagt Fischer. Diese Aussage wird jetzt bestimmt einige verwundern, arbeitet der 48-Jährige doch eng mit Andrea Petkovic zusammen. Es gibt Menschen, die den Mann mit der markanten Glatze, sonderbar finden. Andere wiederum nennen ihn einen Wunderheiler oder ihre letzte Hoffnung. Sich selbst würde Fischer, der in Balingen am Fuße der Schwäbischen Alb lebt, nicht in diesen heiligen Rang heben. Am liebsten würde er überhaupt nicht in der Öffentlichkeit über seine Klienten sprechen. Verständlich. Sein höchstes Gut ist die Verschwiegenheit. „Wenn Sie für mich eine Bezeichnung suchen, dann trifft Coach am ehesten zu“, sagt Fischer im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd.

Fischer, der einst als Tennislehrer sein Geld verdiente, könnte viel über Andrea Petkovic und ihre Entwicklung hin zu einer Weltklassespielerin sagen. Doch er möchte nicht. „Andrea ist nur eine von vielen Weltklassesportlern, mit denen ich zusammenarbeite“, sagt er. Er will nicht, dass sich der eine über den andren erhebt. Doch auch Fischer weiß, dass Petkovic offensiv mit diesem Thema umgeht, während andere kein Wort darüber in den Medien verlieren. „In Deutschland wird über Hilfe von außen noch zu wenig gesprochen, aber allein schafft man es heutzutage als Profisportler nicht mehr nach oben“, sagt Fischer.

Mit Andrea Petkovic arbeitet er seit Dezember des vergangenen Jahres intensiver zusammen. „Davor haben wir uns vielleicht so alle vier Wochen gehört oder ich bin mal zu ihm nach Balingen gefahren“, sagt Petkovic. „Inzwischen telefonieren wir fast jeden zweiten Tag miteinander, wenn ich bei den Turnieren bin.“

Seit sich Andrea Petkovic anschickt, in die Top Ten vorzurücken und dem Tennis hierzulande wieder zu neuer Aufmerksamkeit zu verhelfen, gibt es viel Gesprächsbedarf zwischen ihr und Fischer. „Er ist kein Mentalcoach in dem Sinne, der mir sagt, dass ich mich in den entscheidenden Situationen beim Aufschlag auf meine Rituale konzentrieren soll“, sagt die Weltranglisten-Zwölfte. „Er ist mehr ein Lebensberater, der mich beispielsweise fragt, ob ich bereit dafür bin, was jetzt alles kommt.“

Deshalb hält sich Fischer auch nicht damit auf, ob Petkovic wie gegen Scharapowa verliert oder gewinnt. Er hat hehrere Ziele als diese Sieg-Niederlage-Codierung. Er will den Klienten als Person weiterbringen. Ihnen Demut und Dankbarkeit lehren. „Jeder Mensch ist einzigartig. Mir geht es darum, dass meine Klienten diese Einzigartigkeit ausleben.“

Um das zu erreichen, gibt Fischer Hilfe zur Selbsthilfe. Er versucht sie auf eine andere Ebene zu führen oder „mich selbst von außen zu betrachten“, wie es Petkovic ausdrückt. „Mir ist wichtig, dass sie sich reflektieren und sich nicht als Sportler oder Unternehmer definieren“, sagt Fischer. Durch die Medien, durch den eigenen oder äußeren Erwartungsdruck und durch ihren Alltag mit Spielen und Training werden Sportler wie Petkovic vereinnahmt und können nur schwer damit umgehen und ausbrechen. „Deshalb gebe ich Hilfestellungen und unterstütze sie dabei, die Stolpersteine aus dem Weg zu räumen, die ihre Karrieren früh begraben können“, sagt Fischer.

Andrea Petkovic ist von seinen Arbeitsmethoden angetan und zieht viel Kraft und Energie für ihre Karriere daraus. „Er gibt mir da unheimlich viel halt und versucht mir, auch in meinen Lebenseinstellungen behilflich zu sein“, sagt die 23-Jährige. Sie wird den beschwerlichen Weg nach Balingen zu ihrem Einflüsterer am Fuße der Schwäbischen Alb weiter auf sich nehmen, um sich als Mensch und Sportler weiterzuentwickeln.