Der Spanier baut seine Position als Top-Torjäger der Champions League aus. Beim 2:1 gegen Inter Mailand schoss Raúl sein 71. Tor.

Gelsenkirchen. Was für Bilder auf Schalke: Rekordschütze Raúl jubelt mit den königsblauen Fans auf dem Podest in der Kurve, die Spieler es Titelverteidigers schleichen wie geprügelte Hunde in die Kabine. Nach dem 2:1 (1:0)-Sieg im Rückspiel des Champions-League-Viertelfinales gegen Inter Mailand und dem damit verbundenen Einzug ins Halbfinale des bedeutendsten europäischen Klubwettbewerbs war Schalkes Matchwinner Raúl völlig außer Rand und Band. Nach dem Triumph, zu dem der Spanier einen Treffer und die Vorarbeit zum Siegtor durch Benedikt Höwedes beisteuerte, erklomm der Torjäger die Tribüne und feierte mit den Fans lange den erstmaligen Einzug des FC Schalke 04 ins Halbfinale der Champions League. "Das ist ein historischer Moment“, jubelte Raúl nach dem größten Erfolg der königsblauen Clubgeschichte seit dem Uefa-Pokal-Triumph 1997 gegen den italienischen Spitzenklub.

Acht Tage nach der 5:2-Gala in San Siro ließ der Revierclub im Viertelfinal-Rückspiel gegen den Titelverteidiger nichts anbrennen und schaffte als vierte deutsche Mannschaft nach Bayern München, Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen den Sprung in eine Vorschlussrunde der Königsklasse. Nun kann sich der Bundesligist auf zwei weitere Fußball-Festtage freuen: Am 26. April ist Manchester United zu Gast, das Rückspiel steigt am 4. Mai in "Old Trafford“. "Es hätte vorher keiner geglaubt, dass wir ins Halbfinale einziehen. Das ist der absolute Wahnsinn“, sagte Benedikt Höwedes.

"Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn! Ich bin so stolz auf die ganze Mannschaft und den Trainer. Wir haben einen grandiosen Sieg nach Hause geholt“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies im Überschwang der Gefühle.

"Das ist etwas Historisches. Wir sind sehr, sehr glücklich, dass wir im Halbfinale stehen. Wir haben beide Spiele verdient gewonnen“, bescheinigte Sportchef Horst Heldt dem Team. "Man hat in beiden Spielen gesehen, welches Potenzial in dieser Mannschaft steckt. Wir wollten auf Sieg spielen. Deshalb war uns das 1:1 nicht genug“, erklärte Abwehrchef Christoph Metzelder.

Trainer Ralf Rangnick lobte nach dem vierten Sieg unter seiner Regie vor allem die hervorragende Abwehrleistung. Sein Team sei auch gegen ManUnited, deren Trainer Alex Ferguson als "Spion“ auf der Tribüne saß, wieder in der Außenseiterrolle. "Aber wenn alles optimal läuft, haben wir vielleicht die Chance, ins Finale einzuziehen.“

Vor 54.142 Zuschauern in der ausverkauften Arena schossen Raúl (45. Minute) mit seinem 71. Tor in der Königsklasse und Höwedes (81.) den fünften Champions-League-Heimsieg der Saison heraus. Auch der zwischenzeitliche 1:1-Ausgleich durch Thiago Motta (49.) veranlasste die Italiener nicht zu dem erwarteten Sturmlauf. "Der Funke ist bei uns nie übergesprungen“, analysierte Inter-Coach Leonardo.

Mailand tat sich gegen die stabile Abwehr um Höwedes und den wegen seines Nasenbeinbruchs mit einer Maske spielenden Christoph Metzelder schwer. „Wir haben vielleicht zwei Chancen aus dem Spiel heraus zugelassen“, meinte Rangnick. Die Mannschaft habe sich "dahingehend belohnt, dass sie auch das zweite Spiel gewonnen hat“.

Zwar bekamen die Fans kein Offensiv-Spektakel wie in Mailand zu sehen, aber Schalke lieferte gegen die insgeheim auf ein Wunder hoffenden Italiener erneut eine taktische Meisterleistung ab. Inter fand kaum eine Lücke und strahlte nur bei Distanzschüssen von Wesley Sneijder (5./75.) und Dejan Stankovic (36.) Torgefahr aus. Die Weltklasse-Stürmer Samuel Eto'o und Diego Milito blieben wirkungslos.

Die Königsblauen nutzten dagegen ihre Konterchancen durch den überragenden Raúl und Innenverteidiger Höwedes eiskalt aus und feierten den verdienten Triumph ausgelassen. "Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Das war grandios“, lobte der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies.

Rekordquote und Millionengage

Während sich ganz Schalke für sich selbst und Rekordschütze Raúl jubelt, freut sich auch der übertragende Sender Sat.1 über eine Rekordquote. Bis zu 10,53 Millionen Zuschauer verfolgten am Mittwochabend den historischen Triumph der Schalker beim freien Privatsender. Die Marke bedeutete den besten Wert der Saison für Sat.1, und den Höchstwert seit dem letztjährigen Finale zwischen dem Titelverteidiger Inter Mailand und dem FC Bayern München. Schon 1997 hatte Sat.1 den Uefa-Cup-Sieg der Gelsenkirchener gegen Inter Mailand live übertragen.

Finanziell lohnt sich das Weiterkommen auch für Schalke 04. Mit dem Einzug ins Halbfinale hat der Bundesligist bereits mehr als 50 Millionen Euro eingespielt. Allein aus dem Uefa-Prämientopf haben die Königsblauen bislang 21,3 Millionen Euro in der Königsklasse kassiert. Nach 7,2 Millionen Startgeld fuhren sie in der Vorrunde 3,2 Millionen für vier Siege und 400.000 Euro für ein Unentschieden ein. Der Achtelfinaleinzug wurde mit weiteren drei Millionen, der Sprung ins Viertelfinale mit 3,3 Millionen Euro versüßt. Für den Sprung unter die letzten Vier gab es noch einmal 4,2 Millionen von der Uefa.

Hinzu kommen die Zuschauereinnahmen. Das sechste Heimspiel am 26. April gegen Manchester United schraubt sie auf rund zwölf Millionen Euro. Aus dem sogenannten Marktpool, der 47 Millionen Euro für die deutschen Klubs enthält, stehen Schalke als letztem deutschen Vertreter im Halbfinale deutlich mehr als 20 Millionen Euro zu.

Pressereaktionen aus Italien

Die italienische Presse reagierte mit Spott für Inter Mailand auf die neuerliche Niederlage und das Aus des Titelverteidigers. Die "Gazzetta dello Sport“ schrieb: "Game over – Endstation. Das Wunder blieb aus, die Titelverteidiger sind raus. Von wegen Aufholjagd. Leonardo verliert auch noch in Deutschland. Nach der Demütigung folgte die nächste Pleite. Das war das Ende einer Ära.“ Und "Tuttosport“ titelte: "Inter, die Geschichte ist vorbei. Statt der Rekord-Aufholjagd ging Inter wieder k.o.“

Die Statistik

Schalke: Neuer - Uchida, Metzelder, Höwedes, Sarpei - Matip, Papadopoulos - Baumjohann (73. Draxler), Jurado (87. Schmitz) - Raul, Edu (77. Charisteas). - Trainer: Rangnick

Mailand: Julio Cesar - Maicon, Ranocchia, Lucio, Nagatomo - Thiago Motta - Stankovic (46. Pandev), Zanetti - Sneijder (80. Coutinho) - Eto'o, Milito. - Trainer:

Schiedsrichter: Damir Skomina (Slowenien)

Tore: 1:0 Raul (45.), 1:1 Motta (49.), 2:1 Höwedes (81.)

Zuschauer: 54.142

Beste Spieler: Höwedes, Raul - Sneijder

Gelbe Karten: Raul (2), Papadopoulos (2), Schmitz - Lucio (4), Motta (3), Ranocchia

Torschüsse: 8:19

Ecken: 7:13

Ballbesitz: 41:59 Prozent

Fouls: 25:13

Die Spielereignisse zum Nachlesen:

90.+2. Minute: Das war's! Schalke 04 schlägt Inter Mailand mit 2:1 und steht erstmals in der Vereinsgeschichte im Halbfinale der Champions League.

86. Minute: Das Publikum erhebt sich für Jose Jurado. Der Spanier hat erneut ein starkes Spiel gemacht. Lukas Schmitz darf noch mitfeiern.

82. Minute: TOOOOOOR! 2:1 durch Benedikt Höwedes. Das ist die endgültige Entscheidung. Der Verteidiger läuft alleine aufs Tor zu und knallt die Kugel aus 15 Metern kompromisslos mit Vollspann in die Maschen.

79. Minute: Die Laola-Welle schwappt bereits durch die Veltins-Arena. Feierstimmung auf Schalke.

75. Minute: Sneijder zielt einen Freistoß aus 20 Metern nur knapp links vorbei. Das war die beste Inter-Chance zur Führung.

73. Minute: Wechsel bei Schalke: Julian Draxler kommt für Alexander Baumjohann.

72. Minute: Schalke verlegt sich jetzt aufs Kontern. Inter fällt weiterhin nicht viel ein. Hier wird nichts mehr anbrennen.

67. Minute: Bayernschreck Diego Milito, bis dahin noch gar nicht zu sehen, zielt nach Vorlage von Eto'o knapp übers Tor.

60. Minute: Schalke trifft durch Höwedes, doch das Tor zählt nicht. Der Verteidiger stand im Abseits. Eine enge Entscheidung.

56. Minute: Schalke kommt über die rechte Seite. Uchida flankt auf den Kopf von Papadopoulos, der aber an Cesar hängen bleibt.

50. Minute: TOR! Inter gleicht aus. Thiago Motta erzielt das 1:1 nach einer Ecke. Lucios Kopfball drückt der Mittelfeldspieler aus kurzer Distanz über die Linie.

46. Minute: Weiter geht's auf Schalke.

45.+2. Minute: Halbzeit in der Veltins-Arena. Schalke führt gegen Inter Mailand mit 1:0.

45. Minute: TOOOOOOOOOOOR! 1:0 für den FC Schalke 04 durch Raul. Die Hausherren kontern über Jurado, der den Ball perfekt in den Lauf von Raul spielt. Lucio lässt den Spanier entwischen. Raul umkurvt Cesar und schiebt zur Schalker Führung ein.

42. Minute: Auch Raul sieht nach einem Zweikampf mit Lucio Gelb. Der Brasilianer im Inter-Trikot wird bei jedem Ballkontakt von den Schalker Fans ausgepfiffen

36. Minute: Starke Parade von Neuer gegen einen Gewaltschuss von Stankovic. Baumjohann hatte den Ball zuvor zu leicht hergeschenkt.

34. Minute: Inters Verteidiger Lucio läuft hier richtig heiß. Vor allem die Duelle mit Raul haben es in sich. Lucio hat bereits Gelb gesehen. Er muss sich etwas zurücknehmen.

29. Minute: Jurado setzt zum Schlangendribbling an, bleibt aber dann beim Schussversuch aus 15 Metern hängen.

25. Minute: Im Moment sieht es nicht mal ansatzweise so aus, als ob der Halbfinaleinzug der Schalker noch ernsthaft gefährdet ist.

19. Minute: Starker Antritt von Papadopoulos. Inter-Verteidiger Ranocchia weiß sich nur mit einem Foul zu helfen. Den fälligen Freistoß aus 19 Metern schießt Edu in die Mailänder Mauer.

17. Minute: Erste Chance für Schalke: Raul köpft eine Flanke von der linken Seite aus elf Metern in die Arme von Inter-Keeper Julio Cesar.

15. Minute: Flüssig läuft der Ball durch die Schalker Reihen. Das System von Trainer Ralf Rangnick ist klar zu erkennen.

10. Minute: Schalke spielt hier nicht auf Ergebnishalten. Mutig und aggressiv präsentiert sich die Rangnick-Elf in der Anfangsphase.

5. Minute: Wesley Sneijder prüft Manuel Neuer, doch der Schalker Keeper hat keine Probleme. Danach provoziert Stankovic den Nationaltorhüter, kommt aber ohne Gelbe Karte davon.

3. Minute: Jurado holt den ersten Eckball heraus. Die Aktion wird frenetisch gefeiert.

1. Minute: Der Ball in Gelsenkirchen rollt.

Mit Material von sid und dpa