Einen Tag nach der 1:3 Niederlage beim FC St. Pauli zog der Tabellenletzte damit die Konsequenz aus dem sportlichen Absturz.

Hamburg. Nach der Niederlage im Kellerduell beim FC St. Pauli war das Maß auch für die Verantwortlichen von Borussia Mönchengladbach voll: Trainer Michael Frontzeck wurde am Sonntag entlassen. «Kaiser» Franz Beckenbauer macht sich bereits für Stefan Effenberg als Nachfolger stark.

Monatelang hatte der Ex-Profi der Borussia auch auf der andauernden Talfahrt die uneingeschränkte Rückendeckung der Klub-Oberen genossen. Doch nach dem 1:3 (1:1) beim FC St. Pauli am Samstag und der unnötigen 2: 3-Heimpleite eine Woche zuvor gegen den VfB Stuttgart war das Maß voll.

«Nach den beiden Niederlagen gegen unsere beiden direkten Konkurrenten Stuttgart und St. Pauli mussten wir unsere Situation neu überdenken. Das war für uns eine sehr schwierige Entscheidung», sagte Sportdirektor Max Eberl. «Wir hätten uns alle sehr gewünscht, die gesteckten Ziele gemeinsam mit Michael Frontzeck zu erreichen. Nach den jüngsten Ergebnissen haben wir uns aber entschieden, den Trainer zu wechseln», ergänzte Vizepräsident Rainer Bonhof.

Schon am frühen Sonntagmorgen hatte es im Borussia-Park die erste Krisensitzung gegeben. Nach dem Gespräch mit Eberl, Bonhof und Geschäftsführer Stephan Schippers gab sich Frontzeck noch kämpferisch: «Natürlich mache ich weiter. Ich bin noch Trainer. Ich habe gesagt, dass ich meinen Vertrag erfülle.» Der Vorstand hatte weitere Beratungsgespräche angekündigt und entschied sich dann gegen Frontzeck.

Frontzeck hatte am 1. Juli 2009 das Traineramt bei der Borussia übernommen. Sein Vertrag wurde im Juli 2010 bis 2013 verlängert. Über einen möglichen Nachfolger äußerte sich der Klub zunächst nicht. Im Gespräch sind der ehemaliger Stuttgarter Trainer Christian Gross und eine interne Lösung mit U23-Trainer Sven Demandt.

Der entlassene Coach zeigte Verständnis für die Entscheidung seiner Bosse. «Natürlich ist die Enttäuschung groß. Aber ich kann auch verstehen, dass der Verein die letzte Option ziehen will», sagte Frontzeck der Bild-Zeitung.

Nach der achten Niederlage in den vergangenen zehn Spielen war die Unterstützung für den 46-Jährigen gebröckelt. Klub-Ikone Stefan Effenberg forderte unverblümt den Rauswurf des Trainers. «Irgendwann muss irgendetwas passieren. Jetzt muss man ein Zeichen setzen», sagte Effenberg als Experte des Pay-TV-Senders Sky.

In dieser Eigenschaft machte sich auch niemand Geringeres als «Kaiser» Franz Beckenbauer für Effenberg stark. «Manchmal erfordert es eine ungewöhnliche Maßnahme, und das wäre eine. Ich glaube, Effenberg wäre eine Bereicherung für den Verein. Mir ist es da viel zu ruhig», sagte Beckenbauer in der Talksendung Sky90 und stellte dem Klub ein Armutszeugnis aus: «Schlimmer kann es da nicht mehr werden.»

Eberl hatte sich am Sonnabend zunächst weiter hinter seinen Trainer gestellt: «Insgesamt präsentieren wir uns in der Rückrunde nicht schlecht. Hätten wir in der Winterpause einen neuen Trainer geholt, wären wir dafür gelobt worden. Aber Frontzeck hat weiterhin unsere Rückendeckung».

Immerhin konnte der Trainer nicht zu Unrecht darauf verweisen, dass für die ersatzgeschwächten Rheinländer mehr als 20 Minuten lang am Millerntor alles nach Plan lief. Igor de Camargo nutzte einen verunglückten Rückpass von Moritz Volz in der neunten Minute zur Führung, die Hamburger wirkten vor 24.487 Zuschauern im ausverkauften Millerntorstadion in der Anfangsphase völlig desorientiert.

Aber was der Gladbacher Stürmer mit seinem Führungstor aufgebaut hatte, riss er zwölf Minuten später wieder mit einer törichten Dummheit wieder ein. Mit vorgestrecktem Kopf rannte der Belgier auf St. Paulis Mittelfeldspieler Matthias Lehmann zu. Schiedsrichter Wolfgang Stark aus Ergolding wollte darin eine Tätlichkeit erkannt haben und schickte den 27-Jährigen vom Feld.

«Ich habe da nicht unbedingt eine Rote Karte gesehen. Aber es war absolut unnötig von Marco, so auf den Gegenspieler loszugehen», meinte Frontzeck. Dass er bei seiner Einschätzung nicht ganz falsch lag, bestätigte Lehmann ohne Umschweife: «Gelb hätte ausgereicht, aber er hat mich an der Stirn berührt, und ich habe dieses Geschenk angenommen.» Ein Geschenk, das nun Frontzeck zum Verhängnis wurde.

Die gesamte Hamburger Mannschaft profitierte von diesem Platzverweis, kämpfte sich in Überzahl in die Partie zurück und fuhr nach Toren von Max Kruse (38.), Gerald Asamoah (53.) sowie Lehmann (58.) einen ebenso verdienten wie dringend nötigen Sieg ein. (sid/abendblatt.de)

St. Pauli besiegt Gladbach mit 3:1

Aus dem Kellerduell gegen Borussia Mönchengladbach ist St. Pauli als klarer Sieger hervorgegangen - trotz bevorstehendem Derby und unbewiesenen Manipulationsvorwürfen im Wettskandal. Gegen den Abstiegskonkurrenten Gladbach behielt der Aufsteiger am Samstag verdient mit 3:1 (1:1) die Oberhand und verschaffte sich in der Gefahrenzone gewaltig Luft. Vor 24 478 Zuschauern im erneut ausverkauften Millerntor-Stadion erzielten Max Kruse (37. Minute), Gerald Asamoah (53.) und Matthias Lehmann (58.) die Tore zum ersten Heimsieg seit 1989 gegen die Borussia, deren Torschütze Igor de Camargo (9.) nach einer Tätlichkeit (21.) die Rote Karte sah.

Der in diesem Jahr weiter unbesiegte FC St. Pauli kann damit beruhigt in das Hamburger Derby beim HSV am Mittwoch gehen. Für das Schlusslicht vom Niederrhein und seinen Trainer Michael Frontzeck wird die Lage nach dem erneuten Rückschlag hingegn immer prekärer.

St. Paulis Trainer Holger Stanislawski bot bis auf eine Ausnahme jene Elf auf, die vor 14 Tagen an gleicher Stelle den 1. FCKöln mit 3:0 vom Platz gefegt hatte. Für den verletzten Bastian Oczipka verteidigte diesmal Moritz Volz auf der linken Abwehrseite. Und der ehemalige England-Legionär leistete sich gleich in der Anfangsphase einen bösen Aussetzer, als er den Ball viel zu kurz auf Torhüter Thomas Kessler zurücklegte. Mike Hanke spritzte dazwischen und passte weiter auf de Camargo, der überhaupt keine Mühe hatte, zu vollenden.

Von diesem Schock mussten sich die Hausherren erst einmal erholen. Sie drängten zwar vehement, doch die Hintermannschaft der Gäste stand zunächst sicher. Als dann de Camargo nach einem Zweikampf mit Matthias Lehmann seinem Gegenspieler eine Kopfnuss verpasste, zeigte ihm der direkt daneben stehende Schiedsrichter Wolfgang Stark sofort Rot. Allerdings hatte Lehmann Glück, denn auch er hatte seinen Kopf nach vorne bewegt und war recht theatralisch gefallen. Für die Borussen, bei denen schon der gesperrte Abwehrchef Dante und der verletzte Angreifer Marco Reus schmerzlich vermisst wurden, bedeutete es die letztlich entscheidende Schwächung.

Denn die Gegenwehr war fortan weg, St. Pauli übernahm verstärkt die Initiative. Torhüter Christofer Heimeroth rückte nun mehr und mehr in den Mittelpunkt. Gegen Kruse (12.) und Lehmann (30.) konnte der Keeper der Borussia noch klären, beim hochverdienten Ausgleich war er dann aber machtlos. Der emsige Asamoah flankte gekonnt auf Kruse, der mit einem platzierten Volleyschuss ins lange Eck traf.

Auch nach dem Wechsel drängten die Akteure des Kiez-Clubs weiter - und wurden schnell belohnt für ihren nun auch ansehnlichen Fußball. Asamoah leitete den Ball geschickt weiter auf Charles Takyi, der ihn sofort auf seinen Kapitän zurücklegte, der wiederum problemlos zum 2:1 vollstreckte. Es war Asamoahs fünftes Saisontreffer. Fünf Minuten später legten die Hanseaten nach einem perfekten Konter im eigenen Stadion nach: Lehmann wurde frei gespielt und hatte allein vor Heimeroth keine Mühe, mit links sein drittes Saisontor zu erzielen.