Der englische Trainer steht nach dem peinlichen Pokal-Aus gegen Cottbus vor der Ablösung. Spekuliert wird über Nachfolger wie Jol oder Stevens.

Wolfsburg. Trotz des peinlichen Pokal-Aus gegen den Zweitligisten Energie Cottbus und der enttäuschenden Platzierung in der Bundesliga bleibt Steve McClaren Trainer beim VfL Wolfsburg. Der Engländer soll den Klub auch in der Rückrunde trainieren. Das ist das Ergebnis einer mehrstündigen Krisensitzung. Statt des Trainer-Rauswurfs gab es Konsequenzen für die Spieler: Die Profis Karim Ziani und Caiuby wurden suspendiert. Der deutsche Meister von 2009 ist nach der Hinrunde in der Liga nur 13. und hat lediglich vier Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz.

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McClaren in Wolfsburg vor dem Aus

Der Stuhl von Wolfsburgs Trainer Steve McClaren wackelt stärker als je zuvor. Nach dem peinlichen Pokal-Aus gegen den Zweitligisten Energie Cottbus (1:3) beraten die Verantwortlichen des VfL zur Stunde über mögliche Konsequenzen. „Die Gespräche laufen seit 10 Uhr“, sagte ein Clubsprecher am Donnerstagmorgen. Noch ist offen, ob McClaren nach nur einem halben Jahr beim niedersächsischen Fußball-Bundesligisten seinen Hut nehmen muss. „Es gibt keine Tendenzen“, sagte der Sprecher. Erste Gerüchte kursieren bereits um die Nachfolge McClarens. Angeblich sollen die VfL-Verantwortlichen ihre Fühler nach Martin Jol ausgestreckt haben. Der ehemalige Trainer des Hamburger SV hatte Anfang Dezember bei Ajax Amsterdam hingeschmissen. Auch Christian Gross und mit Huub Stevens ein weiterer Ex-Coach des HSV waren in den vergangene Tagen von den Wolfsburger Medien wiederholt als potenzielle Nachfolger ins Spiel gebracht worden.

Der Deutsche Meister von 2009 steht in der Liga mit nur 19 Punkten nach der Hinrunde lediglich auf Platz 13. Das vom Mutterkonzern VW vorgegebene Saisonziel Europapokal ist nach dem überraschenden Ausscheiden gegen Cottbus so gut wie unerreichbar geworden. Durch die Tore von Nils Petersen (2. Minute/43.) und Jiayi Shao (40.) stehen die Lausitzer zum zweiten Mal im Viertelfinale, vor 10.801 Zuschauern sorgte VfL-Topstürmer Edin Dzeko (56.) nur für den Ehrentreffer. „Ich denke, dass wir ganz unten angekommen sind“, stammelte Noch-Coach McClaren nach dem desaströsen Auftreten des VfL.

McClaren ist bereits der dritte Coach nach Armin Veh und Lorenz-Günther Köstner, der sich seit dem überraschenden Titel 2009 vergeblich in Wolfsburg versucht. „Wir müssen nicht nur die letzten fünf Monate analysieren, sondern die letzten 18 Monate“, forderte McClaren daher.

Der Engländer, der sich auch bei miesen Auftritten immer schützend vor seine Spieler gestellt hatte, fand am Mittwochabend deutliche Worte. „Wir haben ein Problem in der Kabine“, offenbarte der Coach, wollte aber nicht weiter ins Detail gehen. „Ich wüsste, was ich tun würde“, sagte McClaren nur. Ob er seine Vorstellungen umsetzen kann, ist fraglich.

Offenbar ist Hoeneß fest entschlossen, die Gangart deutlich zu ändern. „Ich kann mit Sicherheit sagen, dass es die Mannschaft nicht verträgt, wenn sie zu nett oder zu sanft angepackt wird“, sagte der Manager. Ein Indiz dafür, dass bei einer Entlassung McClarens ein kompromissloser Coach als Nachfolger gesucht würde.

Unmittelbar nach dem erneuten Rückschlag hatte VfL-Manager Dieter Hoeneß sofortige Konsequenzen für McClaren noch ausgeschlossen. Allerdings könne man nicht zur Tagesordnung übergehen. „Das muss ich erstmal sacken lassen. Das hat mich schockiert.“ Man werde keine „vorschnellen Entscheidungen treffen“. Er habe so etwas allerdings nicht erwartet und deshalb keinen Plan B in der Tasche, sagte der Manager.

Dass McClaren bereit ist, alles für eine Wende in Wolfsburg zu tun, bewies der Engländer nach dem Cottbusser Führungstreffer. Nach dem frühen 0:1 durch Nils Petersen nach nur 61 Sekunden stürmte McClaren zum sofortigen Videostudium in die Kabine und notierte nach seiner Rückkehr auf die Bank die Mängel seiner unaufmerksamen Defensive.

Von der offensiven Ausrichtung mit den drei Stürmern Dzeko, Mario Mandzukic und Grafite war bei den verunsicherten Niedersachsen allerdings zunächst wenig zu sehen. Zwar verpasste Mandzukic (6./29.) zweimal den Ausgleich nur knapp, doch auch die Gäste blieben gefährlich.

Ein „big game“ hatte McClaren angekündigt, groß waren jedoch nur die Probleme der „Wölfe“-Defensive. Erstmals in dieser Saison bildeten Simon Kjaer und der für Andrea Barzagli nominierte Alexander Madlung die Innenverteidigung – das Experiment misslang gründlich.

Kurz vor der Pause schien das Spiel bereits gelaufen: Die Kombination über Emil Jula und Petersen nutzte Shao zum 2:0. Drei Minuten später vernaschte der 21-jährige Jules Reimerink Zwölf-Millionen-Mann Kjaer, Petersen brauchte nur einzuschieben. Vor dem Seitenwechsel hallten die ersten „Wir haben die Schnauze voll“-Rufe durch die Arena. Wolfsburg startete schwungvoller in die zweite Halbzeit und drängte die Lausitzer weit zurück. Nach einem Diego-Freistoß spitzelte Dzeko eine Kopfball-Vorlage von Madlung an Cottbus-Schlussmann Thorsten Kirschbaum vorbei.

Auch der eingewechselte Nationalverteidiger Arne Friedrich konnte bei seinem Comeback nach viermonatiger Verletzungspause das bittere Aus jedoch nicht verhindern. Marcel Schäfer sprach von einer „Riesen-Enttäuschung“: „Unsere Situation ist sehr, sehr schwierig“. (dpa)