Nach Siegen hat DFB-Elf die EM im Blick. Im November dürfen die “jungen Wilden“ gegen Schweden ran. Klose fällt zehn Tage aus.

Astana/Frankfurt/Main. Kaum war der Riesen-Jumbo mit den deutschen Nationalspielern vom Abenteuertrip im fernen Kasachstan wieder in der Heimat gelandet, begann für Joachim Löw schon die nächste Phase seines Titel-Masterplans. Statt ein formidables Pflichtspieljahr mit maximaler Punktausbeute in der EM-Qualifikation mit Muße und Besinnung ausklingen zu lassen, rief der Bundestrainer die anstehenden Bundesliga-Runden zur Casting-Zeit für alle hoffnungsvollen Kader-Kandidaten aus. „Ich muss noch beobachten, wer in den nächsten Wochen wie spielt und wie die Belastungen sind. Alle Spieler haben wichtige Wochen vor sich“, sagte Löw.

Im letzten Spiel des Jahres am 17. November in Göteborg will Löw, wie vorab angekündigt, umfangreiche Personaltests vornehmen, damit die nächste Generation an Schwung- und Spaßfußballern in die Startlöcher geschoben wird. Die Mainzer André Schürrle und Lewis Holtby sowie der Dortmunder Mario Götze können sich berechtigte Hoffnung auf eine erste Nominierung machen. „Klar ist, dass ich einige Spieler einlade, die dann das erste Mal bei uns sind, bei denen es sich jetzt auch anbietet, dass wir sie ein bisschen näher kennenlernen. In welcher Form dies passiert, da müssen wir noch ein bisschen abwarten“, spornte Löw die jungen Aufsteiger nochmals an. Der bizarre Pflichtspiel-Schlussakkord 2010 zur Geisterstunde unterm Hallendach in Kasachstan war da schon abgehakt.

Die mühsame Nachtschicht mit dem pflichtgemäßen, aber wenig freudvollen 3:0 durch die Tore von Miroslav Klose (48. Minute), Mario Gomez (76.) und Lukas Podolski (85.) steckte vielleicht noch in den Gliedern, doch die Gedanken gingen bei allen weit über Astana hinaus. Teammanager Oliver Bierhoff preschte Richtung 2012 am weitesten voraus und dachte gar schon an die Quartiersuche für das Turnier in Polen und der Ukraine. „Wir schauen uns schon langsam um, vielleicht noch in diesem Jahr“, kündigte er an. Löw wollte bei aller Begeisterung über die makellose Herbst-Bilanz noch nicht in Überschwang verfallen. Gerade die Freude, das Niveau auch nach der kräftezehrenden WM so hochgehalten zu haben, war aber spürbar.

Schritt für Schritt will er sein Team nun zur Titelreife beim nächsten Großereignis führen. „Wir haben das Punktemaximum geschafft. Wir haben sicherlich einen großen Schritt gemacht Richtung EM. Wichtig war, dass wir diese beiden Spiele im Oktober gewonnen haben. Wir haben einen komfortablen Vorsprung. Wir müssen aber noch ein paar Spiele gewinnen, um das Ticket zu sichern“, sagte Löw.

Fortgesetzt wird die so prächtig aufgenommenen Qualifikationsrunde erst am 26. März 2011, wenn wieder Kasachstan in Kaiserslautern der Gegner ist. Zuvor folgt auf den novemberlichen Schweden-Test noch die prestigeträchtige Neuauflage des WM-Halbfinales von 2006 am 9. Februar in Dortmund gegen Italien – diesmal unter freundschaftlichen Bedingungen. Die souveräne Tabellenführung in der Gruppe A mit zwölf Punkten vor Österreich (7 Punkte) und der Türkei (6) deutet auf eine baldige Buchungsbestätigung für das EM-Turnier in Osteuropa hin.

„Noch sind wir nicht durch. Aber wenn wir weiter so konzentriert spielen, werden wir uns direkt qualifizieren“, prophezeite Kapitän Philipp Lahm. Der Münchner blickt wie seine Kollegen auf ein fast makelloses Länderspiel-Jahr zurück – trotz oder gerade wegen der vielen Umbrüche im DFB-Ensemble. „Das Fazit für dieses Jahr ist sehr positiv mit einer guten WM und Platz drei sowie einer bisher perfekten EM-Qualifikation. Man holt nicht immer zwölf Punkte aus vier Spielen. Das war ein sehr, sehr gutes Jahr“, sagte Lahm. Der Ersatz-Kapitän – der noch verletzte Michael Ballack wird derzeit wenig vermisst – ging als ein Gewinner aus der letzten Pflichtspielreise des Jahres hervor. Die viel beklagte WM-Müdigkeit wurde trotz Langstreckenflugs nach Zentralasien im DFB-Dress aus Köpfen und Beinen gespielt.

Klub-Kollege Klose hätte nach seinem sechsten Quali-Tor ebenso wohlgelaunt nach Hause fahren können. Doch am Abend wurde der Verdacht Gewissheit: Klose hat sich in seinem 105. Länderspiel einen Muskelfaserriss zugezogen und fällt mindestens zehn Tage aus. Statt die gute DFB-Laune zum FC Bayern zu transportieren, steht für den zweitbesten deutschen Länderspiel-Torschützen (58 Tore) nach Gerd Müller (68) erst einmal eine Zwangspause an.