Werder Bremens Geschäftsführer Klaus Allofs im Sportgespräch über seine Liebe zum Galopp und das Deutsche Derby

Hamburg. Der ehemalige Fußball-Nationalspieler Klaus Allofs, 53, ist ein großer Freund des Galopprennsports. Vor dem Deutschen Derby sprach er mit dem Abendblatt über Entspannung, Investments und Wetten.

Abendblatt:

Herr Allofs, was bringt Ihnen mehr Kick: ein Nordderby oder der Start ihres eigenen Rennpferdes in Hamburg?

Klaus Allofs:

Fußball ist mein Beruf. Und beim Nordderby geht der Kick manchmal schon fast in Richtung Schmerz. Beim Turf finde ich Ablenkung und Entspannung. Ein Rennen dauert rund zwei Minuten; in dieser Zeit schnellt der Puls auf Joggingmaß.

Ihr Vollblüter Codoor hat die Derbyteilnahme knapp verpasst. Der Hengst gehört zur Hälfte Ihnen, zur anderen dem Züchter Andreas Jacobs. Wie kommt es zu dieser Verbindung?

Andreas Jacobs und sein Gestüt Fährhof sind eine feste Größe in Bremen. Außerdem ist sein Unternehmen Infront Partner des SV Werder.

Dann kauft man sich ja nicht gleich ein Galopprennpferd.

Aber man kennt sich. Und im vergangenen Sommer waren meine Familie und ich zu Besuch auf dem Fährhof. Dort habe ich Codoor bei der Arbeit mit Monty Roberts und Simon Stokes gesehen, ein Bild von einem Vollblüter. Ich war fasziniert von seinem Erscheinungsbild und von seiner ganz besonderen Art. Er wirkte gelehrig, gutmütig, fast verträumt. Vielleicht war er auch nur clever und wusste, worauf es ankommt. Und als mir Andreas Jacobs jetzt im Frühjahr eine Beteiligung anbot, habe ich gerne zugegriffen.

Handelt es sich um ein Investment oder um einen Spaßkauf?

Der Spaß steht absolut im Vordergrund. Ich kenne das Turfleben seit Jahrzehnten und habe gewiss 40 Pferde oder Anteile davon besessen. Natürlich läuft die Hoffnung immer mit. Als Besitzer will man gewinnen und nicht die Hufe der Konkurrenz sehen. Ich bin froh, nach acht Jahren Pause wieder meine Stallfarben am Start zu sehen.

Grün-weiß?

Nein, diesmal nicht grün-weiß. Lila-weiß quer gestreift, weiße Reitkappe mit lila Stern. Diese Farben sind eine schöne Erinnerung an meinen ersten Fußballverein TuS Gerresheim.

Ihre erste Investition als 18 Jahre alter Profi bei Fortuna Düsseldorf war das Pferd Kronwicke. Hat sich's gelohnt?

Ein Zuschussgeschäft, aber der Spaß mit den Besitzerfreunden war unbezahlbar. Wadima war mein erstes eigenes Pferd. Sie war recht erfolgreich. Dafür fuhr ich seinerzeit einen Simca LS für 300 Mark. Meine Mitspieler standen auf erheblich mehr Pferdestärken.

Wie wurde Ihr Feuer für den Turf überhaupt entfacht?

Mein Vater war Arbeiter in der Gerresheimer Glashütte. Gerresheim grenzt an den Grafenberg, die Düsseldorfer Rennbahn. Der Kontakt lag also nahe. Mein Großvater besaß eine Konditorei, die auch am Sonntag geöffnet hatte. Nach Ladenschluss sind wir zu Fortuna Düsseldorf oder auf die Rennbahn gegangen. Als Sechsjähriger habe ich auf der Rennbahn bunte Wetttickets aus Pappe gesammelt und mit nach Hause genommen. Kleine Schätze waren das.

Was macht den Reiz des Turfs aus?

Eine Kombination aus vielem: Frische Luft im Grünen an schönen Orten. Die Geschwindigkeit und Rasse der Vollblüter. Auf der Rennbahn ist man nah dran an diesen tollen Geschöpfen. Hinzu kommt das Kribbeln beim Wetten: kleines Geld, große Spannung. Mit einem Wettschein fühlt man sich fast wie ein Mitbesitzer.

Hand aufs Herz: Zocken Sie kräftig?

Das war mal ein Kapitel meines Lebens. Es ist abgeschlossen. Das Wetten gehört aber bei einem Rennbahnbesuch dazu. Einmal habe ich als Einziger auf der Bahn die Dreierwette getroffen. Meine Kombinationswette kostete rund 100 Mark - und es gab rund 10 000 zurück. Die weniger erfolgreichen Wetten verdrängt oder vergisst man.

Ihr Job bei Werder ist reise- und zeitintensiv. Haben Sie überhaupt noch Zeit?

Eigentlich ist man rund um die Uhr im Einsatz. Aber ich versuche doch, wenn es möglich ist, die Rennen in Bremen zu besuchen. Auch ein Werder-Renntag ist für die nahe Zukunft in Planung - was vor allem Claudio Pizarro erfreuen wird. Er ist Pferdemann; ihm gehören Rennpferde in Peru und England. Auch Philipp Lahm und andere Bundesligagrößen sind Besitzer von Galoppern.

Bei Ihnen darf's ja auch ein bisschen mehr sein. Es heißt, dass Sie sich in Baden-Baden engagieren wollen.

Das stimmt. In meinen Augen ist der Pferdesport ein Kulturgut, und es ist schade, wenn die Rennvereine in Schwierigkeiten stecken und eine Rennbahn nach der anderen verschwindet. So ist es eine famose Initiative von Andreas Jacobs und seinen Mitstreitern, der Bahn in Iffezheim neues Leben einzuhauchen und sie auf eine wirtschaftlich gesunde Basis zu stellen. Leider hält sich meine Zeit in Grenzen, aber ich werde dort Mitglied in einem Beirat. Auch um ein Zeichen zu setzen.

Fast alle Rennklubs hängen finanziell am Tropf. Könnte das Modell Baden-Baden ein Lösungsweg sein: Die Rennklubs übergeben den Betrieb an einen professionellen Vermarkter, so wie beim Deutschen Springderby in Klein Flottbek?

Man kann nur noch unter professioneller Führung überleben. Grundsätzlich ist es schwierig, bei wenigen Veranstaltungen im Jahr kostendeckend zu arbeiten. Es müssen Interessen zurückstehen und Kräfte gebündelt werden.

Apropos Professionalität. Wird die WM die Bundesliga beflügeln?

Auf jeden Fall. Nun ist der Stadionbesuch mit fast hundertprozentiger Auslastung kaum zu toppen, das gesamte Umfeld jedoch wird noch positiver. Eine solche WM reißt besonders die Kinder mit. Diese liegen ihren Vätern nun in den Ohren und wollen ins Stadion oder selbst in einem Verein spielen. So wie es 1966 mit der WM in England war.

Bleibt Werder auch nächste Saison die Nummer eins im Norden?

Natürlich. Selbst wenn der HSV mal vor uns in der Tabelle stehen sollte, sind wir über die letzten Jahre gesehen absolut im Vorteil. Besonders freut mich, dass der SV Werder jetzt zweimal im Jahr nach Hamburg fahren darf. Dem FC St. Pauli sei Dank. Ich möchte aber auch noch erwähnen, dass wir ein sehr gutes Verhältnis zum HSV pflegen.

Kommen Sie am Sonntag zum Derby?

Glücklicherweise passt es in diesem Jahr perfekt. Unser Trainingslager startet erst Montag. Eigentlich ist das Deutsche Derby in Horn ein Muss - so wie beim Fußball das Pokalfinale in Berlin. Früher sind wir oft am Sonnabend nach dem Spiel angereist und haben im Hotel Reichshof am Hauptbahnhof übernachtet. Mit erweiterter Zimmernutzung, sprich mit einer Luftmatratze neben dem eigentlichen Bett.

Und wer hat die Nase vorn?

Mein Bauchgefühl sagt mir: Seventh Sky vor Zazou und dem Engländer Monterosso.