Deutschland will zum achten Mal in ein WM-Finale. Doch die Hürde Spanien ist hoch. Der angeschlagene Sami Khedira kann wohl spielen.

Erasmia. Ganz Deutschland fiebert dem nächsten WM-Hit entgegen, der neue Mittelfeld-Chef hat den Triumph schon vor Augen - doch vor dem großen Finale muss Joachim Löw mit seinen Himmelstürmern das eigene Vorbild übertrumpfen. „Ich will nicht wieder nach Berlin kommen ohne etwas in der Hand“, verdeutlichte Bastian Schweinsteiger vor dem WM-Halbfinale gegen Europameister Spanien den unbändigen Willen der jungen deutschen Mannschaft, auf dem Weg zum erhofften vierten Titelgewinn im südafrikanischen Durban auch die bislang höchste Hürde zu überspringen.

„Wir wollen wieder ein großes Kaliber ausschalten“, betonte der Münchner, den „Kaiser“ Franz Beckenbauer schon vor der Partie am Mittwoch (20.30 Uhr/ARD und im Liveticker auf abendblatt.de) zum „besten Spieler“ des Turniers erklärte. „Es interessiert mich nicht, was geschrieben oder gesprochen wird. Für mich zählt einzig und allein Spanien“, verkündete Schweinsteiger unbeeindruckt vom Lob vor der Neuauflage des EM-Finals von 2008. „Wir können uns nicht darauf ausruhen“, sagte auch Torwart Manuel Neuer, der erst zwei Gegentore kassierte.

Vor zwei Jahren war das DFB-Team beim 0:1 gegen Fernando Torres & Co. chancenlos. Im Moses Mabidha Stadion sehen Löw und sein Personal bessere Möglichkeiten. „Von der Qualität her sind wir besser als 2008, das wollen wir zeigen“, betonte der bisher viermalige Turnier-Torschütze Miroslav Klose. „Die Situation ist so, dass wir mehr wollen“, erklärte Löw. Während die Spanier ihr Team nach der Euro weitgehend unverändert gelassen haben, leitete der Bundestrainer die Jugendwelle ein und sorgte damit für Erfolg und großes Erstaunen.

Jogi Löw hat sich gerade nach der Final-Niederlage von Wien am schnellen, direkten Spiel des Kontrahenten orientiert. „Natürlich ist das ein Beispiel für einen Trainer, der liebt, das Fußball zelebriert wird“, gestand er. Sein Respekt vor dem Team von Trainer-Senior Vicente del Bosque ist groß: „Spanien ist der WM-Topfavorit. Das ist die Nation, die in den vergangenen zwei, drei Jahren die größte Konstanz hatte“, lobte Löw und würdigte vor allem die unglaublichen Offensiv-Möglichkeiten des Gegners: „Spanien hat nicht nur einen Messi, sondern mehrere Messis.“

Nach den Triumphen über England (4:1) und Argentinien (4:0) sieht der deutsche Missions-Chef seine Himmelstürmer nicht mehr auf der Euphorie-Wolke, sondern „fokussiert und konzentriert“ bei der Halbfinal-Vorbereitung. „Ich habe das Gefühl, dass die Mannschaft emotional nicht überdreht hat“, erklärte Löw. Nach einem „Tag der Pflege und Regeneration“ bat er sein Personal am Montag wieder auf den Trainingsplatz in Atteridgeville.

Für den angeschlagenen Sami Khedira, der zusammen mit dem bisher überragenden Schweinsteiger im Mittelfeld das vielleicht entscheidende Kräftemessen gegen die Barcelona-Stars Xavi und Andres Iniesta bestreiten soll, sieht Löw gute Einsatz-Möglichkeiten. „Es sieht im Moment so aus, dass für Mittwoch alle Spieler zur Verfügung stehen könnten“, sagte der DFB-Chefcoach. Ein „Fragezeichen“ stehe allerdings noch hinter Cacau, den eine Wirbelblockade plagt.

Der bisherige WM-Shootingstar Thomas Müller ist für die Partie, die bei Millionen Fans in der Heimat für Gänsehaut-Stimmung sorgt, nach zwei Gelben Karten gesperrt. Löw nannte am Montag Piotr Trochowski, Toni Kroos und auch noch den angeschlagenen Cacau als mögliche Ersatz-Lösungen. „Damit musste man immer rechnen“, meinte Löw zur Sperre für den viermaligen Torschützen Müller. Doch nach den guten Trainingseindrücken, die die Ersatzspieler hinterlassen, „habe ich ein gutes Gefühl“, betonte Löw, dessen Frau erstmals in Südafrika als zusätzlicher Glücksbringer auf der Tribüne sitzen wird.

Die neue Generation der Khedira, Özil, Boateng und Neuer steht im Schnelldurchlauf vor einer historischen Chance. Zum achten Mal kann Deutschland in ein WM-Endspiel einziehen. Und Löw selbst könnte sogar ein einmaliger historischer Triumph gelingen. Noch kein Bundestrainer konnte bei seinem ersten Turnier mit der Nationalmannschaft Weltmeister werden. Sepp Herberger schaffte es 1954 im zweiten Anlauf, Helmut Schön 1974 im dritten und Franz Beckenbauer 1990 ebenfalls im zweiten Versuch.

Der „Kaiser“ traut Löw und dessen „Boy Group“ am Kap inzwischen alles zu: „Wir sind noch nicht fertig. Das Ziel ist, Weltmeister zu werden.“ Ein Finale gegen die Niederlande am 11. Juli in Johannesburg sei das „Maximum“. Schon jetzt verglich der ehemalige DFB-Teamchef die Auswahl um Kapitän Philipp Lahm mit seiner Weltmeister-Elf von 1990. „Wir haben 20 Jahre gewartet, um wieder so eine tolle deutsche Nationalmannschaft zu haben“, lobte Beckenbauer.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich das Endspiel-Datum bereits rot im Kalender angestrichen und für den Fall eines schwarz- rot-goldenen Halbfinal-Sieges eine nochmalige Reise nach Südafrika in Aussicht gestellt. Doch zunächst warten die Spanier, die alle Protagonisten als noch stärker als England und Argentinien einordnen. Den Schlüssel zum Finale zeigte Schweinsteiger auf: „Wir müssen wieder eine taktische Meisterleistung auf den Platz kriegen.“

Die voraussichtliche Aufstellung: Neuer – Lahm, Mertesacker, Friedrich, Boateng – Khedira, Schweinsteiger – Trochowski, Özil, Podolski – Klose