Die 50 Jahre alte Kanutin wollte bei Olympia in London noch einmal angreifen. Fischers Mannschaftsarzt will weitere Starts aber nicht zulassen.

München. Birgit Fischer blickte wehmütig auf die vorbeifahrenden Boote auf der Duisburger Regattastrecke und gab nach dem geplatzten Comeback mit trauriger Miene Einblick in ihr Seelenleben. "Das ist kein schöner Anlass und kein gutes Ende für mich. Das ist keine einfache Situation. Das macht die Sache so schwer, wenn man will, aber nicht kann“, sagte die deutsche Rekord-Olympiasiegerin. Herzrhythmusstörungen haben die Rückkehr der 50 Jahre alten Kanu-Ikone auf die große Sport-Bühne im letzten Moment verhindert. Der Traum von der siebten Olympia-Teilnahme scheint für Fischer endgültig ausgeträumt.

Thomas Konietzko, der Präsident des Deutschen Kanu-Verbandes (DKV), lauschte Fischers Worten mit fast staatsmännischem Blick und freute sich über den für die Sportart großen Medienauflauf am Rande der ersten Olympia-Qualifikation mit vier Kamerateams und rund zwei Dutzend Journalisten. "Unser Sport hat auf jeden Fall gewonnen“, stellte Konietzko zufrieden fest und schob ein Dank an die achtmalige Olympiasiegerin Fischer hinterher: "Wir haben eine Aufmerksamkeit im Olympia-Vorfeld erreicht, die wir ohne Birgit als unsere Ikone nie erreicht hätten.“

Die achtmalige Olympiasiegerin Fischer wollte nach sechseinhalb Jahren Wettkampfpause das vierte Comeback ihrer Karriere starten. Im Winter bereitete sich die zweifache Mutter in Australien auf eigene Kosten intensiv auf ihre Rückkehr vor, in den letzten Tagen und Wochen arbeitete sie in ihrer Heimat Brandenburg am Feinschliff. Dem notwendigen Medizincheck unterzog sie sich allerdings erst Anfang dieser Woche - das Ergebnis war deprimierend. "Da sind Dinge zutage getreten, die ich nicht gewusst und schon gar nicht gehofft hatte“, sagte Fischer.

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Mannschaftsarzt Wolfgang Dillmann erklärte, dass die Herzrhythmusstörungen einen Start nicht zuließen und man einen Leistungssportler damit nicht aufs Wasser lassen könne. Fischer muss sich nun erst einmal weiteren Untersuchungen unterziehen. Ein Start bei der zweiten nationalen Olympia-Qualifikation des DKV im Rahmen der deutschen Meisterschaften (27. bis 29. April) in Duisburg scheint ausgeschlossen. Falls Fischer dort überraschenderweise doch ins Boot steigen sollte, müsste sie laut Cheftrainer Reiner Kießler "eine herausragende Leistung bringen“, um noch in den erweiterten Olympia-Kader aufgenommen zu werden.

Fischer denkt aber eher an ihre Zukunft als an die nächste Qualifikation. Durch den Befund wolle sie sich nicht aus der Bahn werfen lassen. "Man wird mich vom Wasser nicht runterkriegen. Auch wenn es nur bei Wanderfahrten ist“, sagte Fischer, die den erneuten Comeback-Versuch nach ihrer einzigartigen Karriere mit 27 WM-Titeln trotz des enttäuschenden Ausgangs nicht bereut: "Das Training war auf keinen Fall umsonst. Ich habe festgestellt, dass ich ziemlich schnell wieder ziemlich fit werden kann.“

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Weniger fit präsentierten sich Weltmeisterin Nicole Reinhardt (Lampertheim) und Vierer-Weltmeister Paul Mittelstedt (Neubrandenburg). Reinhardt sagte nach Platz acht über 200 m ihre weitere Teilnahme aus gesundheitlichen Gründen ab, Mittelstedt hatte aus dem selben Grund auf seinen Start komplett verzichtet. "Das ist eine viel größere Sorge, als ob Frau Fischer paddelt oder nicht paddelt“, sagte Kießler.

Topfit präsentierte sich derweil Athen-Olympiasieger Ronald Rauhe (Potsdam), der im Einerkajak über die 200 m in Duisburg siegte. Bei den Kajak-Frauen setzte sich über die Sprintdistanz Tina Dietze aus Leipzig in 43,299 Sekunden durch. Die viermalige Olympiasiegerin Katrin Wagner-Augustin (Potsdam) landete bei ihrem Comeback nach einjähriger Babypause auf der ungewohnten Distanz in 44,645 Sekunden auf dem siebten Platz. Im Canadier gewann über 200 m Stefan Kiraj (Potsdam).