Der FC Bayern München hat im Achtelfinal-Hinspiel beim FC Basel aus der Schweiz eine ordentliche Ausgangsposition in der Schlussphase verspielt.

Basel. Bayern Münchens Alarmglocken schrillen immer lauter: Der deutsche Rekordmeister hat auch auf Europas Bühne den Weg aus der Krise nicht gefunden und droht, binnen weniger Wochen den zweiten Titel aus den Augen zu verlieren. Durch das keineswegs unverdiente 0:1 (0:0) im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League beim FC Basel steht die Mannschaft von Trainer Jupp Heynckes beim Rückspiel am 13. März enorm unter Zugzwang, um den Traum vom Heimfinale aufrecht zu erhalten. Das zweite Achtelfinal-Aus in Folge käme in München einer Katastrophe gleich: Heynckes stehen bis zum Prestigeduell gegen Schalke 04 am Sonntag turbulente Tage bevor.

Der eingewechselte Valentin Stocker sorgte in der 86. Minute vor 36.000 Zuschauern auf dem Acker im Basler St.-Jakob-Park nach dem Sieg gegen Manchester United für die zweite Basler Sensation binnen zwei Monaten. Der Einzug ins Viertelfinale wäre für den Schweizer Meister ein historischer Erfolg. Bayern hingegen wirkte trotz zahlreicher Einzelgespräche, einer unmissverständlichen Kabinenansprache von Karl-Heinz Rummenigge und der Begnadigung von Edelreservist Arjen Robben über weite Strecken weiterhin angeschlagen und ideenlos: Krise deluxe.

„Ich denke, es war ein 0:0-Spiel, und wenn es so ausgegangen wäre, wäre das ein gutes Ergebnis gewesen. Die Partie war ausgeglichen, meine Mannschaft hat alles gegeben“, erklärte Bayern-Trainer Jupp Heynckes. Münchens Präsident Uli Hoeneß sagte: „Das 1:0 ist ein Ergebnis, das uns für das Rückspiel alle Chancen öffnet. Ich mache mir da überhaupt keine Sorgen, dass wir das nicht schaffen. Es war kein gutes Spiel von uns, aber es gibt auch keinen Grund, Trübsal zu blasen.“

„Es ist natürlich ganz bitter für uns, in der Schlussphase das Gegentor zu bekommen. Aber wir haben uns die Niederlage selber zuzuschreiben, weil wir uns zu wenige Chancen erspielt haben“, sagte Bayern-Torwart Manuel Neuer. Zum Baseler Treffer erklärte der Münchner Keeper: „Das ist blöd gelaufen, da sind zu viele Fehler passiert. Wir spielen nicht den Fußball, den wir uns vorstellen. Wir müssen jetzt die Dinge, die nicht stimmen, intern ansprechen.“

David Alaba mimte in der vor allem in der ersten Hälfte unterhaltsamen und temporeichen Partie erneut den Vertreter des wohl noch vier Wochen verletzten Bastian Schweinsteiger. An seiner Seite stand Anatoli Timoschtschuk statt Luiz Gustavo. Robben verdrängte Nationalspieler Thomas Müller auf die Bank, wirkte bemüht, aber häufig ohne Vertrauen in sich selbst.

Immerhin sorgte der Niederländer schon nach drei Minuten mit einem gefühlvollen Heber für die erste Torchance, Flügelpartner Franck Ribery scheiterte aber wie auch neun Minuten später (12.) am starken Schweizer Keeper Yann Sommer. Karl-Heinz Rummenigge hatte nach seiner internen Wutrede auch öffentlich eine „andere Gangart“ gefordert. Der gute Wille der in den ersten zehn Minuten bemühten Bayern war aber genauso schnell dahin, wie er gekommen war.

Wie so oft fehlte der namhaft besetzten Offensive trotz des hohen Ballbesitzes die zündende Idee, die kompakten, aber trotzdem frechen Basler auszuspielen. Die Gastgeber, in den blau-rot gestreiften Trikots zumindest optisch an Vorjahressieger FC Barcelona erinnernd, merkten daher schnell, dass der Favorit keineswegs unverwundbar ist.

Ausgerechnet der extrem präsente Münchner Sommer-Neuzugang Xherdan Shaqiri eröffnete die Phase des Spiels, in der den defensiv zunehmend konfus spielenden Münchnern ihr alt bewehrter Dusel treu blieb. Jerome Boateng (8.) und Manuel Neuer (19.) retteten in letzter Sekunde gegen den 20-Jährigen, der seinen zukünftigen Trainer Heynckes im Vorfeld sogar scherzhaft um Erlaubnis gefragt hatte, ein Tor schießen zu dürfen. Auch Marco Streller scheiterte an Neuer (16.), ehe Alexander Dragovic (16.) und der ehemalige Dortmunder Alexander Frei (19.) binnen drei Minuten zweimal Aluminium trafen – und die Bayern in Schockstarre versetzten. Verzweifelt über die eigene fehlende Kreativität, versuchten es Alaba (29.) und Mario Gomez (42.) mit Gewalt – vergeblich.

Nach dem Seitenwechsel büßte die Partie an Unterhaltsamkeit ein. Basel verzog sich in die eigene Hälfte, Bayern machte aber wieder zu wenig aus seinem Ballbesitz. Gomez (66./73.), Robben (66.) und Lahm (68.) sorgten für ernsthafte Gefahr, Sommer war aber stets zur Stelle. Vier Minuten vor Schluss sorgte Stocker nach schöner Vorarbeit von Jacques Zoua für den Siegtreffer der Schweizer.

Nach dem Abpfiff platzte Bayern-Präsident Uli Hoeneß mal wieder der Kragen. Angesprochen auf den verweigerten Handschlag Riberys polterte Hoeneß: „Jedes Mal dieser Handschlag. Es ist doch egal. Wenn ich auf mich, aufs Spiel sauer bin, dann gebe ich halt mal keinen Handschlag. Sind wir denn hier im Mädchenpensionat? Die regen sich halt auch auf.“ Über die Chancen auf ein Weiterkommen wollte er nicht lange reden: „Es macht keinen Sinn, direkt nach dem Spiel nach Gründen zu suchen. Wir müssen nach vorne schauen. Das Ergebnis öffnet für das Rückspiel alle Chancen. Ich mache mir keine Sorgen, dass wir das im Rückspiel nicht schaffen können.“

Auch in der Kabine sollen klare Worte gefallen sein. „Was in der Kabine ist, bleibt in der Kabine“, betonte Mario Gomez, der das eigene Team noch lange nicht abschreibt. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass wir zu Hause gegen Basel das Ding drehen werden.“

Beim Bankett nach Mitternacht sprach Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ein paar ernste Worte an das Team des FC Bayern. „Ihr müsst jetzt aggressiv spielen und Ihr müsst die alte Sepp-Herberger-Weisheit „Einer für Alle, Alle für Einen“ jetzt wieder aus dem Hut zaubern – und am Sonntag geht es los“, forderte Rummenigge beim nächtlichen Dinner. Besser hätte es dem Bayern-Tross am Buffet sicher nach einem anderen Erlebnis geschmeckt. So mussten Rummenigge & Co. erst einmal die 0:1-Niederlage beim FC Basel verdauen.

„Es ist schon bedenklich, was hier passiert ist, weil Basel das Spiel verdient gewonnen hat“, konstatierte Bayerns Ehrenpräsident Franz Beckenbauer ernüchtert. „Wir müssen versuchen, das Blatt schnell wieder zu wenden“, forderte Rummenigge.

Die Statistik

Basel: Sommer - Steinhöfer, Abraham, Dragovic, Park - Huggel, Xhaka - Shaqiri (83. Zoua), Fabian Frei (66. Stocker) - Alexander Fabian Frei (90. Cabral), Streller. - Trainer: Vogel

München: Neuer - Rafinha, Boateng, Badstuber, Lahm - Timoschtschuk, Alaba - Robben, Kroos (89. Olic), Ribery (71. Müller) - Gomez. - Trainer: Heynckes

Schiedsrichter: Nicola Rizzoli (Italien)

Tor: 1:0 Stocker (86.)

Zuschauer: 36.000 (ausverkauft)

Beste Spieler: Shaqiri, Sommer - Neuer, Ribery

Gelbe Karten: Abraham - Thomas Müller (2), Rafinha

Torschüsse: 8:20

Ecken: 6:5

Ballbesitz: 42:58 Prozent

Mit Material von dapd, dpa und sid