Für die Richter des Internationalen Sportgerichtshofes stand die Doping-Schuld Ullrichs außer Frage. Ergebnisse seit 2005 annuliert.

Lausanne. Jan Ullrich ist des Blutdopings schuldig gesprochen worden, kann nun aber mit seiner unrühmlichen Vergangenheit abschließen. Der internationale Sportgerichtshof CAS hat den einzigen deutschen Tour-de-France-Gewinner am Donnerstag wegen der Verwicklung in die Affäre um den mutmaßlichen Dopingarzt Eufemiano Fuentes zu einer zweijährigen Sperre rückwirkend vom 22. August 2011 verurteilt. Das höchste Sportgericht in Lausanne annullierte zudem sämtliche Ergebnisse Ullrichs seit dem 1. Mai 2005 bis zu seinem Karriereende.

Beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) wurde das Urteil von Präsident Thomas Bach als „deutlich“ beurteilt. „Es ist bedauerlich, dass Jan Ullrich nicht vorher die Chance ergriffen hat, um von sich aus Klarheit zu schaffen. Wir hoffen auch in seinem eigenen Interesse, dass er zumindest jetzt einsichtig ist und sich entsprechend erklärt. Dieses Urteil hat gerade im Zusammenhang mit der Contador-Entscheidung abschreckende Signalwirkung“, sagte Bach.

Abgelehnt hat der CAS indes den Antrag des Radsportweltverbandes UCI, Ullrich als Wiederholungstäter mit einer lebenslangen Sperre für alle Tätigkeiten im Radsport zu belegen. Das erste Dopingvergehen des gebürtigen Rostockers im Jahr 2002 sei durch eine Einnahme von Amphetaminen außerhalb der Wettkampfzeit zu erklären. Ein Verstoß sei hier aber nur gegeben, wenn dies während der Wettkampfzeit geschehe, schrieb der CAS in der Urteilsbegründung.

Der Heidelberger Dopingexperte und Ullrich-Intimfeind Werner Franke spart nicht mit Kritik an dem Urteil. „Ich lache mich kaputt über die CAS-Richter und den Sport, der sich mit Dopingsündern verbündet. Das Urteil war seit Jahren überfällig und ist viel zu weich für all das Zeug. Jan Ullrich ist über 20-mal alleine zum Blutdoping zu Fuentes gefahren“, sagte der 71-Jährige dem Sport-Informations-Dienst (SID) und attackierte Ullrich zugleich scharf. „Wegen der ungeheuerlichen Lügen dieses Herrn Ullrich habe ich viereinhalb Jahre prozessiert. Aber der gemeine Germane toleriert ja Lügen sehr gerne. Ich hätte mir zumindest eine Entschuldigung von Ullrich erwartet“, sagte Franke noch vor einer Stellungnahme der früheren Rad-Idols, die spätestens am Freitag erfolgen soll.

Ullrich verliert durch den Schiedsspruch seinen dritten Platz bei der Tour de France 2005, dazu den Gesamtsieg bei der Tour de Suisse 2006 und Etappensiege bei der Tour de Suisse 2005 und der Deutschland-Tour im selben Jahr. Die Frankreich-Rundfahrt hatte Ullrich 1997 gewonnen. Für die Zukunftspläne des 38-Jährigen, der seine Laufbahn im Februar 2007 beendet hatte, ist das Urteil nicht von Bedeutung. Ullrich hatte stets jegliche Form von Betrug bestritten.

Der CAS sah es nach Ansicht der UCI-Unterlagen als erwiesen an, dass Ullrich „mehrfach in die Nähe von Dr. Fuentes“ gereist sei, „persönlichen Kontakt“ gehabt und „80.000 Euro für nicht näher genannte Dienste“ bezahlt habe. Außerdem habe eine DNA-Analyse gezeigt, dass Ullrichs genetisches Profil mit dem in bei Fuentes gelagerten Blutbeuteln übereinstimmte. Ullrich habe „zur Überraschung“ des CAS weder die „Richtigkeit der Beweise“, noch „sonstige wesentliche Aspekte“ des Falls infrage gestellt.

Mit dem Urteil ist nach mehr als fünf Jahren der Fall des einstigen deutschen Radstars beendet. Seine Verwicklung in die als Operacion Puerto bekannt gewordene Affäre war einen Tag vor dem Start der Tour de France 2006 aufgedeckt worden. Der CAS hatte den Schiedsspruch in den letzten Monaten dreimal hinausgeschoben.

Im Vorfeld hatte Ullrich das Urteil regelrecht herbeigesehnt. „Das ist ein Glückstag für mich, ich bin froh, dass die Entscheidung kommt. Ich warte seit fast sechs Jahren auf eine Entscheidung, ich habe viel leiden müssen bis hin zum Burn-out. Ich will die ganze Etappe abschließen“, sagte Ullrich am Mittwoch.

Zuvor hatte der CAS einem Einspruch des Radsportweltverbandes UCI gegen den Schweizer Verband und das Schweizer NOK Swiss Olympic Ende November 2011 stattgegeben. Swiss Olympic hatte die Ermittlungen gegen Ullrich 2009 mit der Begründung eigestellt, keine „Disziplinargewalt“ zu haben. Der CAS hatte allerdings befunden, dass Swiss Olympic auch nach dem Karriereende für Ullrich, der zuletzt eine Schweizer Rennlizenz besaß, zuständig sei.