Bonn. Die Blutdoping-Affäre um den Erfurter Sportmediziner Andreas Franke wird für den deutschen Leistungssport immer bedrohlicher. Die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) hat angekündigt, in 28 weiteren Fällen die Einleitung sportgerichtlicher Verfahren zu prüfen. Gegen die Eisschnellläuferin Judith Hesse und Radfahrer Jakob Steigmiller sollen laut ARD-Recherchen bereits Verfahren vor der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) laufen.

"Selbstverständlich prüfen wir mit aller Gewissenhaftigkeit in jedem einzelnen Fall die mögliche Anwendung verbotener Methoden, ganz gleich, ob es sich dabei um Olympiasieger oder Nachwuchssportler handelt", erklärte die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann gestern.

Sportarzt Franke soll in seinen Praxisräumen das Blut von Athleten einer UV-Behandlung unterzogen haben - angeblich, um Infekten vorzubeugen. Die Erfurter Staatsanwaltschaft sieht darin allerdings einen "Anfangsverdacht der unerlaubten Anwendung von Arzneimitteln bei anderen zu Dopingzwecken". Von den Stars, die laut einem ARD-Bericht in der Sportschau (Sonntag) auf der "Erfurter Liste" stehen sollen, wollte sich keiner direkt dazu äußern. Auch der Erfurter Olympiasieger Nils Schumann nicht. "Ich halte das Ganze für Humbug", sagte der 33-Jährige. "Wenn sich Jahre nach meiner Sportlerkarriere irgendwelche Dopingstatuten verändern, kann und will ich das aus heutiger Sicht nicht weiter bewerten. Ich selbst habe niemals verbotene oder fragwürdige Behandlungsmethoden genossen und distanziere mich davon ausdrücklich", erklärte der Thüringer Leichtathlet, der 2000 in Sydney Gold über 800 Meter gewonnen hatte.

Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein, die laut ARD ebenfalls zu Frankes Patienten gehören soll, ließ über ihr Management verlauten: "Wie ja bereits bekannt ist, bin ich weder Betroffene der staatsanwaltlichen Ermittlungen noch der daraus resultierenden Verfahren der NADA. Von daher bitte ich um Verständnis, dass ich mich im Rahmen von Verfahren, die sich zum Teil gegen eine meiner Teamkolleginnen richten, nicht äußern werde." Die 39 Jahre alte Berlinerin bekräftigte, "niemals zu unerlaubten Mitteln oder Methoden" gegriffen zu haben.