Zugegeben, ich hatte von der deutschen Mannschaft gegen Polen mehr erwartet, umso größer ist jetzt meine Enttäuschung. Dass wir im Angriff nur über beschränkte spielerische Mittel und über zu wenig Kreativität verfügen, dieses Manko hat sich durch das gesamte Turnier gezogen. Diesmal aber konnten wir auch unserer sonst so stabilen Abwehr nicht vertrauen. Wir haben zu viele Räume offen gelassen, waren in Eins-gegen-eins-Situationen den Polen körperlich unterlegen und haben deren Kreisläuferspiel nicht unterbinden können. Unsere beiden Torhüter taten mir hinter dieser Deckung leid. Eigentlich haben wir im Vergleich mit den Polen die besseren Schlussleute, doch dieser oft entscheidende Vorteil konnte bei unserer gestrigen Abwehrleistung nicht zum Tragen kommen.

Hinzu kam die erneut tragische Rolle, die unser Mannschaftskapitän Pascal Hens spielte. Er hätte endlich mal zum Helden werden können, als er uns kurz vor Schluss beim 30:29 das erste Mal in Führung warf. Bei den nächsten beiden Angriffen verlor er dann zweimal den Ball, das war schon bitter. Ich kann mir seine Leistung bei dieser EM nur damit erklären, dass er zu viel Verantwortung für die Mannschaft übernehmen wollte. Diese selbst auferlegte Last scheint ihn erdrückt zu haben.

Auch die beiden spanischen Schiedsrichter haben ihren Teil zu unserer Niederlage beigetragen. Sie pfiffen sehr kleinlich - und im Zweifel gegen unsere Mannschaft. Zwei oder drei unserer sieben Zeitstrafen habe ich als nicht gerechtfertigt erachtet. Andererseits haben wir uns auch in einigen Szenen dumm angestellt - wie zum Beispiel Christian Sprenger. Die Schiedsrichter ermahnen ihn wegen Trikotzupfens, einen Augenblick später geht er seinem Gegenspieler wieder an die Wäsche. Dass er dann für zwei Minuten vom Feld muss, hätte er ahnen können.

Im Gegensatz zu den beiden vergangenen Turnieren haben wir zwar diesmal wieder einen einstelligen Platz in der Endabrechnung belegt, einen grundlegenden Fortschritt habe ich gegenüber der EM 2010 (10.) und der WM 2011 (11.) dennoch nicht erkennen können. Die Situation ist paradox: Wir holen uns aus anderen Nationen deren stärkste Spieler in die Bundesliga, wo sie sich im Wettkampf mit den Besten der Welt weiterentwickeln. In ihren heimischen Spielklassen wiederum können diese Länder dann neue Talente ausbilden. In Deutschland hat der begabte Nachwuchs dagegen kaum Chancen, Einsatzzeiten in der Bundesliga zu erhalten. Ändern wir das nicht, werden wir noch öfter ein Halbfinale verpassen.