Der 21 Jahre alte Angreifer Ricardo Nevado will die Hockeyherren des Uhlenhorster HC am Wochenende in Berlin zum Hallentitel schießen.

Hamburg. Am 13. November hatte Martin Schultze die gerade begonnene Hallensaison für die Hockeyherren des Uhlenhorster HC für beendet erklärt. 6:9 hatte sein Team am ersten Bundesligawochenende das Heimspiel gegen Titelverteidiger Club an der Alster verloren, und der Cheftrainer war überzeugt davon, dass es sich von dem Ausrutscher nicht würde erholen können. "Wir können uns jetzt auf die Feldsaison konzentrieren", sagte Schultze. Es kam ganz anders. An diesem Sonnabend (16.30 Uhr) haben die "Uhlen" in Berlin die Chance, zum zweiten Mal in Serie das Endspiel um die deutsche Hallenmeisterschaft zu erreichen, das am Sonntag um 14.30 Uhr ausgetragen wird. Im Halbfinale treffen sie auf Feld-Vizemeister Uhlenhorst Mülheim. Das zweite Semifinale bestreiten Rot-Weiß Köln und der Mannheimer HC.

Die Wandlung, die dazu geführt hat, dass der UHC sich als Nordmeister für die Endrunde qualifizierte, ist eng mit einem Spieler verknüpft, der bei dem Hamburger Traditionsklub bislang eher in der zweiten Reihe stand: Ricardo Nevado. Der 21 Jahre alte Angreifer erzielte 35 der 106 Saisontore und ist nicht nur bester Torjäger, sondern auch der wichtigste Eckenschütze des Teams. Mit seinen couragierten Auftritten hat sich der Hallenspezialist in den vergangenen Monaten aus dem langen Schatten seines Bruders Carlos herausgearbeitet.

Der Olympiasieger und Weltmeister war im Sommer in die Niederlande gewechselt. Ricardo Nevado ist allerdings zu zurückhaltend, um seine Rolle überzubewerten. "Um aus Carlos' Schatten zu treten, muss ich noch sehr hart arbeiten", sagt er. Schöner fände er, der acht Jahre ältere Bruder wäre noch beim UHC. "Wir vermissen ihn sehr, seine Dynamik und die Führungsqualitäten, die ihn auszeichnen, fehlen uns", sagt er. Weil neben dem älteren Nevado mit Philip Witte (nach Großflottbek), Moritz Fürste und Oliver Korn (beide verletzt) weitere Leistungsträger nicht zur Verfügung standen, war es an den jüngeren Akteuren, die entstandenen Lücken zu schließen. "Wir haben uns nach der Pleite gegen Alster geschworen, enger zusammenzurücken und alles zu geben, um die Hallensaison zu retten. Das hat zum Glück gut funktioniert", sagt Ricardo Nevado.

Die größte Waffe des Sportsoldaten, der noch bis September seine dreijährige Dienstzeit in Appen (Kreis Pinneberg) ableisten muss, ist seine Schnelligkeit, die es ihm ermöglicht, die Strafecken zu schießen, ohne dass ein Stopper die Herausgaben für ihn zurechtlegt. Er stoppt selbst und schießt dann in einer fließenden Bewegung, die für die herauslaufenden Abwehrspieler nur sehr schwer zu verteidigen ist.

"Die Schnelligkeit liegt wohl bei uns in der Familie", sagt er. Allerdings sei das auch schon alles an Gemeinsamkeiten zwischen ihm und seinem Bruder. Während Carlos vom Temperament her dem uruguayischen Vater ähnlich sei, habe er eher die sentimentale Art der spanischen Mutter geerbt, sagt Ricardo. Große Ansagen zu machen, das sei nicht sein Ding. "Ich bin eher der ruhigere Typ."

Ebenso wie Carlos kam Ricardo in Frankfurt am Main zur Welt und lernte bei Frankfurt 1880, das dem UHC im Viertelfinale im Siebenmeterschießen unterlag, das Hockeyspielen. Ebenso wie der große Bruder hat er sein Leben dem Sport verschrieben. Seine WG in Winterhude teilt er mit Klipper-Torhüter Philippe Geringer, seine Freundin Maleen Geese spielt für Horn-Hamm, seine Freizeit verbringt er inmitten der großen UHC-Familie, in dem Verein, der für ihn seit dem Wechsel im Sommer 2008 "Heimat geworden ist".

Umso stärker ist der Wunsch, mit seinem Verein deutscher Meister unterm Hallendach zu werden, dort, wo sich Ricardo Nevado wohler fühlt als auf dem Feld. 2002 war der UHC letztmals Hallenmeister, "und wir sind auch diesmal der Underdog", glaubt Nevado. Aber immerhin noch im Rennen, und das ist mehr, als am 13. November alle zu hoffen wagten.