Champions League und deutsche Meisterschaft: Dank Arjen Robben dürfen die Fans von Bayern München weiter von großen Zielen träumen.

München / Manchester. Als der Charterflieger mit Tor-Genie Arjen Robben und & Co. am Donnerstag im verregneten Düsseldorf aufgesetzt hatte, war der heldenhafte Ausflug des FC Bayern München ins „Theater der Träume“ von Manchester endgültig vorbei. Für die Überlebenskünstler aus der Champions League stand im Titel-Dreikampf bereits der nächste harte Prüfstein am Samstag bei Bayer Leverkusen auf dem Programm. „Wir sind stolz und froh, aber wir haben noch gar nichts“, warnte Robben noch auf dem Rückweg des Bundesliga- Spitzenreiters aus England.

Mit seinemTraumtreffer hatte er die Bayern beim 2:3 gegen Manchester United doch noch, und zum ersten Mal seit neun Jahren, wieder ins Halbfinale der Königsklasse geschossen – aber einen Eintrag für den Briefkopf haben sie noch nicht. „Träumen kann man, aber mit träumen gewinnt man nichts. Wir haben Samstag ein wichtiges Spiel.“

Für die Titel-Projekte wurden beim deutschen Fußball-Rekordmeister gar die ursprünglichen Reisepläne geändert.Statt direkt nach München, landete der Flieger in Düsseldorf.Die Helden von Manchester huschten von Bord und bezogen Quartier inKöln. Dort wurde auch trainiert, regeneriert und sich auf das Spiel gegen Bayer eingestimmt.

„Die Meisterschaft ist nach wie vor der wichtigste Titel“, sagte ein vergnügter Präsident Uli Hoeneß am Donnerstag vor dem „klugen“ Zwischenstopp; das bislang Erreichte in der Champions League sei schon „die Sahne auf dem Kaffee“. Auch Trainer Louis van Gaal, der nach dem millionen- und prestigeträchtigen Weiterkommen gegen ManU betonte, dass „Bayern München jeden Gegner schlagen kann“, fokussierte sich schon ganz auf den Liga-Alltag. „Jetzt ist Bayer Leverkusen wichtig, wir wollen gerne Meister werden.“

Am Vorabend durfte noch kurz gefeiert werden. Ein bisschen der Geburtstag von Robben-Torvorbereiter FranckRibéry – noch mehr natürlich das Durchhaltevermögen in der Königsklasse. Das kleine Fußball-Wunder, mit dem die fast schon totgeglaubten Münchner nach einem 0:3-Rückstand bei Manchester United noch auf 2:3 herankamen und erstmals seit demTitel 2001 ins Halbfinale einzogen, hatte alle beeindruckt. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge fühlte sich angesichts der demonstrierten „Leidenschaft“ gar an eine der ganz großen Stunden der Vereinshistorie erinnert.

„Als wir das letzte Mal 2001 das Finale bestritten haben, waren wir wahrscheinlich nicht die beste Mannschaft. Aber ich glaube, was die Mannschaft damals ausgezeichnet hat, war dieser Wille, dieser Kampfgeist und dann auch diese Leidenschaft, Spiele wie heute Abend noch umzubiegen“, sagte Rummenigge.

Bereits im Hinspiel vor acht Tagen hatten die Bayern einen 0:1- Rückstand in ein 2:1 umgewandelt. In beiden Spielen hatte auch Ivica Olic, damals mit dem Siegtor, am Mittwoch mit dem wichtigen 1:3, eine entscheidende Rolle gespielt.

Rummenigge & Co. pafften dicke Sieger-Zigarren, hofften schon auf noch größere Königsklassen-Ehren, wiesen aber auch sofort wieder auf den rasanten Fußball-Alltag hin. Bloß nicht zu früh an das Halbfinale denken, in dem der FC Bayern am 21. April zu Hause und am 27. April bei Olympique Lyon spielt. Und das Finale am 22. Mai in Madrid ist noch ein bisschen weiter weg.

„Es ist wichtig, dass wir die Spannung erhalten, nicht anfangen, uns zufrieden zurückzulehnen, sondern weiterhin fighten die letzten zwei, drei Wochen, die wir in der Saison noch haben bis zum Schluss am 15. Mai mit dem DFB-Pokalfinale...“, appellierte Rummenigge an die Mannschaft und erntete leises Raunen aus dem Saal – denn da ist ja noch der Traum von Madrid. „Ich wollte schon 'ne Woche eher in Urlaub fahren, aber da muss ich doch 'ne Woche länger bleiben“, korrigierte sich Rummenigge mit einem Lächeln schnell.

Dabei hatte in Old Trafford alles lange nach einem erneuten Viertelfinal-Aus der Münchner ausgesehen. Mit Toren von Darron Gibson (3. Minute) und vom starken Nani (7./41.) hatten die „Red Devils“ die Gäste einfach überrannt. Beckenbauer hatte da „keinen Pfifferling“ mehr auf seine Bayern gegeben, die wie vor zwölf Monaten beim 0:4 unterzugehen drohten.

„Der Anfang hat mich ein bisschen erinnert an Barcelona vor einem Jahr“, gestand auch Bastian Schweinsteiger, der sich zusammen mit dem im Halbfinal-Hinspiel gesperrten Kapitän Mark van Bommel anfänglich als einer der wenigen auflehnte. „Später haben wir dann auch gespielt wie Männer.“ Dass sich Raffael (50.) Gelb-Rot einhandelte, spielte den Münchnern, die am Ende 60:40 Prozent Ballbesitz gegen ManU verbuchten, dann in die Karten.

So wurden sie doch wieder zu richtigen Stehaufmännchen. Wie gegen Juventus Turin. Wie gegen den AC Florenz. Wie im Hinspiel gegen Manchester. Immer, wenn die Situation fast aussichtslos scheint, schlagen die Bayern in dieser Champions-League-Saison mit schier unbändigem Willen zurück. „Das zeigt, dass die Mannschaft Charakter hat. Sie hat noch mal einen draufgesetzt“, sagte Philipp Lahm, der die Final-Chancen als nicht schlecht einstuft. „Man trifft auf einen Gegner auf Augenhöhe, da geht man mit 50:50 ins Spiel.“

Ribéry bekam zum Geburtstag nicht nur die Torte – sondern auch einen Kugelschreiber. „Mit dem erwarten wir natürlich, dass er irgendwann seinen neuen Vertrag unterschreibt“, sagte Rummenigge mit einem Augenzwinkern. Und auch Hoeneß war nach dem Erfolg zu Scherzen zumute. „Es ist üblich, dass die Spieler eine Kleinigkeit kriegen - und im Moment ist der Kugelschreiber imAngebot.“