Bei einer Abwehraktion war Gille mit seinem Kapitänskollegen Pascal Hens kollidiert. Später wurde eine schwere Prellung diagnostiziert.

Hamburg. Am Mittwochabend hat Guillaume Gille wieder einmal erfahren müssen, welch nahe Verwandte Freud und Leid im Handball doch sind. In der Schlussminute der ersten Halbzeit traf der HSV-Profi zunächst zum 17:12 gegen Frisch Auf Göppingen. Sekunden später lag er regungslos auf dem Parkett der Color-Line-Arena, und der Jubelorkan der 10 000 Zuschauer über die gelungene erste Halbzeit fiel von einem Moment auf den nächsten in sich zusammen.

Bei einer Abwehraktion war Gille mit seinem Kapitänskollegen Pascal Hens kollidiert. Später wurde eine schwere Prellung der linken Schulter diagnostiziert. Ob Gille am Sonnabend im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinales gegen Kielce (15.30 Uhr, Sporthalle Hamburg/Eurosport) mitspielen kann, ist ungewiss. Gleiches gilt für den Einsatz von Krzysztof Lijewski, dem ein Impingement-Syndrom (eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit, entsteht durch Degeneration oder Einklemmung von Kapsel- oder Sehnenmaterial) an der Schulter des linken Wurfarms zu schaffen macht. Zum 31:23-Sieg gegen Göppingen konnte der Pole nur einige Abwehraktionen beitragen. Wie langwierig die Verletzung ist, lässt sich nicht abschätzen. Und mit einem Comeback von Rechtsaußen Stefan Schröder soll nach dessen Mittelhandbruch frühestens bei der Pokalendrunde am kommenden Wochenende zu rechnen sein.

Hamburgs Trainer Martin Schwalb sieht den Personalschwund mit Sorge. Es solle nicht so klingen, dass man jammere: "Aber bei der Höhe der momentanen Belastung ist das eine gefährliche Situation für uns." Und all jene, die die Lage zumindest gegen Kielce nach dem 30:24-Sieg im Hinspiel für unbedenklich halten, belehrte Schwalb eines Besseren: "Ich hebe mahnend den Zeigefinger. Kielce ist eine sehr gute Mannschaft und konnte sich eine Woche auf das Spiel gegen uns konzentrieren."

Tatsächlich hatte der polnische Meister unter der Woche keine Partie zu bestreiten, weil er sich dank zweier ungefährdeter Siege im Play-off-Viertelfinale gegen Piotrków Trybunalski ein mögliches Entscheidungsspiel erspart hatte. Zudem kann er für Sonnabend auf die Mitwirkung seines starken Kreisläufers Rastko Stojkovic hoffen: Dessen frühe Knöchelverletzung vom Hinspiel ist doch weniger schlimm als befürchtet.

Doch in dieser intensiven Phase der Saison kann auch aus einer kleinen Blessur erfahrungsgemäß schnell eine große werden - weil der Geist müde ist und das Fleisch schwach. Einige HSV-Profis gehen laut Schwalb "auf der Felge" ins Spiel gegen Kielce. Selbst Torwart Johannes Bitter spürte in der Schlussphase gegen Göppingen eine Leere in sich: "Eigentlich hätte man da jemand anders ins Tor stellen müssen." Es reichte trotzdem noch zu einer starken Fangquote von 38 Prozent.

"Wir bräuchten dringend eine Woche Entspannung, um die Blessuren auszukurieren", weiß der sportliche Leiter Christian Fitzek. Immerhin: Nach dem Kielce-Spiel haben die Profis tatsächlich einmal sieben Tage Spielpause. Es ist die Ruhe vor dem Sturm auf den Pokal: Beim Final Four gilt es im Idealfall zwei 60-Minüter binnen 24 Stunden zu absolvieren. Ein Titelgewinn würde sicher manchen Schmerz vergessen lassen.