Die Diskussion um die Ungleichbehandlung bei den Sporthilfe-Prämien hält an. Die monetäre Diskrepanz ist groß.

Whistler. Der Chef geht vehement in die Offensive, seine Athleten ziehen mit. Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), legte in der Diskussion um die Ungleichbehandlung bei den Sporthilfe-Prämien nach: „Die Forderung, das zahlenmäßige Missverhältnis zu beseitigen, hat deutschlandweit Zustimmung gefunden.“ Und mit diesem Rückenwind will der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete eine schnelle Lösung haben. Die Diskrepanz, dass ein deutscher Olympiasieger von der Sporthilfe 15000, ein Paralympics-Gewinner aber lediglich 4500 Euro bekomme, sei für ihn „nach wie vor nicht hinnehmbar“, sagte Beucher der Deutschen Presse-Agentur dpa während der X. Winter-Paralympics in Vancouver und Whistler.

Mit Sporthilfe-Chef Werner Klatten soll „unmittelbar nach den Spielen“ ein Gespräch stattfinden. Seine Besten stehen dem früheren Vorsitzenden des Bundestags- Sportausschusses bei. „Unsere Leistung ist genauso hoch zu bewerten wie bei nicht behinderten Sportlern“, formulierte Biathletin und Ski- Langläuferin Verena Bentele schon vor ihrem dritten Gold von Whistler das klare Bekenntnis zu gleichen Beträgen. Die 28-Jährige sieht sich derzeit noch „extrem benachteiligt“. Selbst nach den Gold-Medaillen bekommt sie mit 13.500 Euro immer noch weniger als ein Olympia- Starter mit einem Sieg.

Ein anderer Paralympics-Sieger wägt ab: „Ich kann mit dem Budget leben“, sagte Monoski-Fahrer Martin Braxenthaler. Und: „Ich weiß nicht, ob absolute Gleichbehandlung bei diesem Thema das Allheilmittel ist.“ Er will Annäherung, „ideal wäre für meine Begriffe die 50-Prozent-Lösung. Das würde passen.“ Der querschnittgelähmte Braxenthaler spricht offen an, dass es auch Argumente gegen die totale Pari-Lösung gibt: „Bei etlichen Paralympics-Disziplinen sind die Starterfelder sehr klein, da holst du leichter eine Medaille als ein nichtbehinderter Sportler.“

Für Andrea Eskau, seit einem Unfall 1998 querschnittgelähmt wie Braxenthaler, ist dies nicht unbedingt der beste Ansatz: „Ich habe bisher alles selbst bezahlt. Die 1500 Euro sind ein Tropfen auf den heißen Stein“, kommentierte sie nach ihrer Premiere bei Winter- Paralympics das Sporthilfe-Honorar für Bronze im 10-Kilometer-Rennen. Das, was Beucher und die Sportler wollen, ist vordergründig nicht das identische Bare. Ihnen allen geht es vielmehr um die Anerkennung, dass behinderte und nichtbehinderte Sportler, die sich auf Weltklasseniveau bewegen, den nahezu gleichen Aufwand für ihren Sport und den Erfolg betreiben. Doch Braxenthaler, der Beuchers Engagement („Er steckt mit Herzblut drin und ist genau der richtige Mann am richtigen Platz“) in hohen Tönen lobt, nennt auch einen anderen Aspekt: „Jeder Behindertensportler auf unserem Niveau hat eine zweite Geschichte.“ Und die heißt in der Regel: Zuerst war, sei es durch einen Unfall oder eine angeborene körperliche Einschränkung, die Behinderung da. Und dann erst gesellte sich Weltklasse-Sport hinzu. Diese Herausforderung sei bei den „Fußgängern“ völlig anders gelagert.