Hockey-Bundestrainer Markus Weise über das Geheimnis des Teamgeists und die Leistungen der Hamburger WM-Fahrer.

Neu Delhi / Hamburg. Abendblatt: Herr Weise, mit ein wenig Abstand zur 1:2-Finalniederlage gegen Australien: Überwiegt die Enttäuschung oder der Stolz auf das Erreichte?

Markus Weise (47): Ganz eindeutig der Stolz. Natürlich ist man traurig, wenn man ein Finale verliert. Aber was die Jungs hier in den sieben Turnierspielen für eine Leistung geboten haben, das verdient größten Respekt.

Abendblatt: Was hat gefehlt, um den letzten Schritt zum historischen Titel-Hattrick zu schaffen?

Weise: Vielleicht ein wenig Cleverness. Wir müssen aber auch einfach anerkennen, dass mit Australien die beste Mannschaft gewonnen hat. Ich will nicht überheblich klingen, wenn ich sage, dass die beiden derzeit stärksten Teams der Welt das Finale bestritten haben. Wir haben ja auch im Dezember bei der Champions Trophy das Finale gegen Australien verloren. Diesmal waren wir auf Augenhöhe.

Abendblatt: Wie schaffen Sie es immer wieder, Ihre Teams auf den Punkt zur Topform zu bringen?

Weise: Weil alle im Team perfekt zusammenarbeiten. Die Spieler haben sich zu 100 Prozent an unsere Vorgaben gehalten und waren körperlich in Topverfassung. Dazu habe ich qualitativ höchstwertige Mitarbeiter in meinem Staff. Die stehen nie im Rampenlicht, machen aber alle unglaublich wichtige Jobs. Nur so ist eine Teamleistung wie hier möglich.

Abendblatt: Sie hatten vor der WM gesagt, Sie wollten Ihr Team nicht an Ergebnissen messen, sondern daran, wie es das Geforderte umsetzt. Welches Zeugnis bekommt die Mannschaft auf diesem Feld?

Weise: Auch ein hervorragendes. Sie sind mit der Leidenschaft und Spielintelligenz aufgetreten, die wir verlangt haben. Wir hatten lediglich im Gruppenspiel gegen Argentinien Probleme, weil die mich mit ihrer Spielstärke überrascht haben. Ansonsten liefen alle Spiele so, wie wir es gefordert hatten. Das war stark und hat mich sehr gefreut.

Abendblatt: Wer war für Sie die Entdeckung des Turniers?

Weise: Ich hebe nur ungern einen Spieler heraus. Aber was Matthias Witthaus gespielt hat, war schon überragend. Er hat Tore geschossen und vorbereitet und das Team geführt. Und auch unsere junge Innenverteidigung mit Max Müller und Martin Häner war herausragend.

Abendblatt: Bitte bewerten Sie die Hamburger Teilnehmer mit je einem Satz.

Weise: Tim Jessulat hat nach dem ersten Spiel den Job im Tor vom verletzten Max Weinhold übernommen und diesen absolut sicher erledigt. Moritz Fürste ist leider nicht konstant genug, bei ihm wechseln sich schwache und starke Phasen noch zu oft ab. Im Finale war er aber großartig. Tobias Hauke war im Mittelfeld als Spiellenker konstant stark. Florian Fuchs hat sich sehr ordentlich verkauft, hat mit Sicherheit eine Menge gelernt und wird in der Zukunft ein ganz wichtiger Stürmer sein. Philip Witte hat sehr unglücklich gespielt. Er betreibt viel zu viel Aufwand für zu wenig Ertrag, hat zu viele Chancen vergeben und sich im Finale leider auch noch verletzt. Und Oskar Deecke hatte das Pech, dass seine Konkurrenten alle so stark gespielt haben, dass er vom dritten Vorrundenspiel an nicht mehr eingesetzt wurde.

Abendblatt: Gab es abseits Ihres Teams eine positive oder negative Überraschung für Sie?

Weise: Positiv war, wie schon gesagt, Argentinien. Negativ hat mich Pakistan überrascht. Die sind hier Letzter geworden und danach kollektiv zurückgetreten. Ein komisches Team. Abseits des Sportlichen hat es mich positiv überrascht, dass trotz der Horrormeldungen im Vorfeld hinsichtlich Terrorgefahr oder der hygienischen Umstände alles relativ problemlos abgelaufen ist. Wir haben uns stets sicher gefühlt, und die Magen-Darm-Probleme waren auch nicht so schlimm, dass wir Ausfälle zu verkraften gehabt hätten.

Abendblatt: Haben Sie nun wenigstens ein, zwei Wochen Zeit, um das Erreichte auf sich wirken zu lassen?

Weise: Nein, leider nicht. Anfang August steht mit der Champions Trophy in Mönchengladbach unser zweiter Saisonhöhepunkt an. Darauf arbeiten wir ab sofort hin. Es drängen viele junge Talente nach. Wir werden viel frisches Blut reinbringen und den nächsten Schritt in Richtung Olympia 2012 in London machen.