Trotz insgesamt sieben NHL-Spielern war Deutschland beim olympischen Turnier überfordert. Die Top-Nationen haben ein ganz anderes Niveau.

Vancouver. Franz Reindl ist der Sportdirektor des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB). Er ist 55 Jahre alt. In spätestens zehn Jahren geht er in Rente. Und das ist gut so. Nicht, weil der ehemalige Nationalspieler schlechte Arbeit leistet, sondern weil er in Vancouver nach dem Ausscheiden der Nationalmannschaft aus dem olympischen Eishockeyturnier sagte: "Dass wir den Anschluss an die Weltspitze schaffen, werde ich nicht mehr erleben. Zumindest nicht im Amt."

Da hatten die Deutschen gerade 2:8 (0:1, 1:3, 1:4) gegen "Go, Canada, go!" verloren, das Viertelfinale gegen Russland verpasst und durften nach vier Niederlagen, die Platz elf bedeuteten, heute Mittag wieder nach Hause fliegen. In der brutalen Sprache der Statistik heißt es: Nie schnitt eine deutsche Mannschaft bei Olympia schlechter ab als die vielleicht stärkste bisher aufgebotene. "Die Realität ist hart", sagt Reindl, "aber sie ist, wie sie ist."

Als Reindl noch das Nationaltrikot trug, waren die Zeiten leichtere. In Innsbruck gewannen die Deutschen 1976 die Bronzemedaille. Heute nehmen die stärksten Spieler der Welt an Olympia teil, und zu denen gehören nur wenige in der Auswahl von Uwe Krupp. Sieben Profis aus der nordamerikanischen Eliteliga NHL hatte der Bundestrainer nominiert, "und sie haben ihren Job auch ausgezeichnet gemacht". Die 16 anderen aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) mussten sich dagegen in einem Schnellkurs mit vier Spielen in sechs Tagen an Tempo, Härte und Intensität des wahrscheinlich attraktivsten Eishockeyturniers aller Zeiten gewöhnen.

Es gelang ihnen phasenweise, aber eben nicht lange genug, um Mannschaften wie Olympiasieger Schweden (0:2), den Olympiazweiten Finnland (0:5), den Weltranglistenachten Weißrussland (3:5) und den selbst ernannten Goldfavoriten Kanada herauszufordern. "Wir hatten zum Teil sehr gute Torhüterleistungen, gegen Weißrussland haben wir im Angriff überzeugt, und unsere Defensive hat es vor allem den Schweden schwer gemacht", sagt Krupp, "wir haben es jedoch nicht geschafft, dass in einem Spiel alles gepasst hat. Und das wäre gegen Gegner dieser Kategorie nötig gewesen."

Wenn der Bundestrainer die Spiele seiner Mannschaft analysiert, tut er das in einer sachlichen, ruhigen Art. Seine Miene lässt dabei keinen Blick in seine Gedanken zu. Er will kein falsches Wort sagen, womöglich gegen die DEL, deren Klubs und deren Arbeit wettern. Er weiß, dass auch er an Erfolgen gemessen wird, und er weiß auch, dass diese sich nicht in absehbarer Zeit einstellen werden. Deshalb braucht er Verbündete. Zu viel ist im deutschen Eishockey nach 1976 schief gelaufen, und als Reindl sagt, "es geht allein über eine konsequente Jugend- und Nachwuchsarbeit", nickt Krupp.

Die Pläne, sagt Reindl, lägen alle in der Schublade, "wir müssen nur endlich beginnen, sie mit Nachdruck umzusetzen". Anfänge gebe es bereits, "doch bis diese langfristig angelegten Konzepte Früchte tragen, dauert es. Diese Geduld müssen wir aufbringen." Krupp scheint dazu bereit zu sein, ob der DEB ihn diesen Weg gehen lässt, muss auch Reindl entscheiden. Das Verhältnis zum Bundestrainer schien in Vancouver nicht immer das herzlichste zu sein.

Auf wen sich Krupp sportlich verlassen kann, hat er in Kanada gesehen. Das war zum einen die NHL-Formation mit Christian Ehrhoff (Vancouver Canucks), Jochen Hecht (Buffalo Sabres), Kapitän Marco Sturm (Boston Bruins), Marcel Goc (Nashville Predators und Dennis Seidenberg (Florida Panthers). Aber auch die dritte Formation mit den Berliner Eisbären Sven Felski und André Rankel, John Tripp von den Hamburg Freezers, dem Düsseldorfer Korbinian Holzer und dem Mannheimer Sven Butenschön lobte Krupp.

Vom 7. bis 23. Mai kommen die besten Eishockeymannschaften der Welt wieder zusammen - zur WM in Deutschland. Viele NHL-Profis werden nach einer langen Saison die Kufen hochlegen wollen, auch die deutschen Gastarbeiter haben Krupp ihre WM-Teilnahme bislang nicht zugesagt. Wen er nominieren werde, wisse er deshalb noch nicht. "Wir haben eine große Auswahl", sagt der Bundestrainer, "Auswahl heißt jedoch nicht Qualität."