Im November ist Mahir Oral Vater geworden und ist deshalb nicht in seiner besten Form. Das gibt er vor dem Duell mit Fabio Liggieri auch zu.

Hamburg. Er ist entwaffnend ehrlich, dieser Mahir Oral. Während Profiboxer vor ihren Kämpfen gemeinhin erzählen, sie seien so gut vorbereitet wie nie, gibt der Mittelgewichtler aus dem Arena-Stall vor seinem Duell mit dem Italiener Fabio Liggieri an diesem Sonnabend (21.30 Uhr, Eurosport live) in Cuxhaven unumwunden zu, nicht in der besten Form zu sein. Die Erklärung, die er dafür präsentiert, ist jedoch die schönste der Welt.

Am 26. November war der 29 Jahre alte Deutschtürke, der in Harburg geboren wurde, auf Finkenwerder aufwuchs und sich als "waschechten Hamburger Jung" bezeichnet, zum ersten Mal Vater geworden. Seitdem dreht sich das Leben des Boxers und seiner Frau Ferda hauptsächlich um den kleinen Elijah Ceral. "Anfangs dachte ich, dass ich das gar nicht könnte. Vater sein, Kinder wickeln, sie auf den Arm nehmen und beruhigen. Als Boxer hat man für so etwas zu wenig Gefühl in den Händen", sagt er. Doch nach den ersten Nächten ohne Schlaf in der gemeinsamen Wohnung in Rahlstedt sei alles wie von selbst gekommen, und nun könne er die Verantwortung aus vollem Herzen genießen.

Langsam reifte in Oral dann zu Weihnachten die Erkenntnis, dass er als Profisportler sein Leben nicht nur im Rhythmus der Familie leben könne. Sein größter Kampf, die Niederlage nach tapferer Leistung gegen den damaligen IBF-Weltmeister Arthur Abraham, lag bereits ein halbes Jahr zurück, einen Comebackkampf gegen den Münchner Alexander Sipos im September hatte er wegen unzureichenden Trainings nur knapp gewonnen. Mit seinem Promoter Ahmet Öner gab es Differenzen wegen der Modalitäten eines neuen Vertrags, Anfragen von den beiden Konkurrenten Universum und Sauerland lagen vor, wurden aber wegen der unklaren Vertragslage mit Arena zurückgezogen. "Ich hatte schon ans Aufhören gedacht", gibt Oral zu.

Nach einem klärenden Gespräch mit Öner liegt nun jedoch ein neuer Vertrag zur Unterschrift bereit, und Oral spürt, dass das Feuer, einen erneuten Anlauf auf den WM-Thron zu nehmen, noch in ihm lodert. Der Weg, den er gehen möchte, ist vorgezeichnet. Am 27. März kämpft er in der Sporthalle Hamburg um die Internationale Meisterschaft des Weltverbands WBC, um sich in dessen Rangliste als Herausforderer für Interims-Weltmeister Sebastian Zbik (Universum) zu qualifizieren. "Mit ihm habe ich oft Sparring gemacht. Das wäre ein toller Kampf für Deutschland", sagt Oral.

Zunächst jedoch muss er Liggieri besiegen. Vier Wochen lang hat er mit Trainer Hans-Jürgen Witte intensiv gearbeitet. Da Arena in Hamburg kein eigenes Gym mehr besitzt, wurde in der Trainingshalle des Hamburger Amateurboxverbands am Braamkamp geschuftet. Für Oral, der als Zwölfjähriger beim TuS Finkenwerder mit dem Boxen begann, ist das wie eine Rückkehr zu den Wurzeln. "Ich kämpfe auch für die vielen Amateure in Hamburg, die sich an meinem Beispiel motivieren, weil sie sehen, dass man es von ganz unten nach oben schaffen kann", sagt er. Es ist ehrlich gemeint.