Der deutsche Fußball will eine Lösung für eine wegweisende Frage finden: Wie viel Einfluss sollen Investoren auf Vereinen nehmen können.

Frankfurt/Main. Im seit Monaten anhaltenden Streit um die Abschaffung der Investorenregel in der Fußball-Bundesliga deutet sich ein Kompromiss an. Zwar plädiert „Revoluzzer“ Martin Kind von Hannover 96 vor der Mitgliederversammlung der 36 Erst- und Zweitligisten in Frankfurt/Main trotz geringer Erfolgsschancen weiter für eine deutliche „Modifizierung“ der so genannten 50+1-Regel, realistisch ist jedoch alleine der vom Zweitligisten FSV Frankfurt bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) vorgelegte Kompromissantrag.

Der Antrag des hessischen Zweitligisten sieht vor, dass der Ligavorstand um Präsident Reinhard Rauball mit der Ausarbeitung eines Konsensmodells beauftragt wird. Kind hatte für diesen Fall bereits angekündigt, seinen umstrittenen Antrag auf Änderung des Regelwerks aufzugeben. Sollte die Mitgliederversammlung auch diesen Antrag ablehnen, droht weiterhin der Gang vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) - und damit ein weiterer Fall Bosman.

„Mein Ziel ist es, eine Rechtsklärung zu vermeiden“, sagte Kind mit der Hoffnung auf das Konsensmodell der Frankfurter: „Der Ligavorstand hat unser Konsensmodell in einer Stellungnahme ja bereits abgelehnt. Das kam für mich überraschend. Nun wird es einen Antrag des FSV Frankfurt geben, ein neues Modell zu erarbeiten. Dafür müsste die Mitgliederversammlung den Auftrag erteilen. Von unserer Seite steht auf der Tagesordnung, die 50+1-Regel abzuschaffen.“ Diesem Anliegen wird zumindest von der notwendigen Zweidrittelmehrheit wohl nicht entsprochen. „Eine Änderung der bestehenden Regelung kann das Gesicht der Bundesliga nachhaltig verändern, daher ist mit einer umfangreichen und ernsthaften Debatte zu rechnen“, warnte Ligaverbands-Boss Rauball vor einer voreiligen Entscheidung. Kind, dessen Antrag 27 Punkte umfasst, die den Einfluss möglicher Investoren beschränken sollen, untermauerte: „Unser Ziel ist es, die 50+1-Regel zu modifizieren. Ein wichtiger Punkt ist dabei, dass Marke und Tradition der Vereine erhalten bleiben. Zudem soll es für mögliche Investoren Haltefristen geben, um Spekulationen auszuschließen. Im Falle einer Insolvenz des Geldgebers sollen die erworbenen Anteile kostenlos an den Verein zurückfallen.“

Unterstützung erhält Kind unter anderem von Bayern München, 1899 Hoffenheim und auch Bayer Leverkusen. „Ich glaube, dass es der Liga sehr gut anstehen würde, Kapital von außen unter gewissen Voraussetzungen zuzulassen“, sagte Wolfgang Holzhäuser, Sprecher der Geschäftsführung von Bundesliga-Tabellenführer Bayer Leverkusen.

Auch Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp plädiert erwartungsgemäß für eine Abschaffung der Investorenregel. „Herr Kind wird irgendwann recht bekommen, wenn er nach Brüssel vors EU-Gericht zieht. Juristen sagen mir, dass die bisherige Regel nicht haltbar ist“, sagte Hopp der Bild-Zeitung. Juristen räumen Kinds Antrag, der für eine größere Chancengleichheit in der Bundesliga sorgen soll, vor Gericht ohnehin gute Chancen ein. Derweil schlägt Bundesligist Schalke 04 ein Modell für einen fairen Wettbewerb innerhalb der Liga vor, das losgelöst von EU-Recht und 50+1 funktionieren kann. „Wir wollen die Grundsätze des Financial Fair Play der UEFA mit der Investorenfrage verknüpfen. Wir wollen, dass die Klubs mit ihren Einnahmen aus dem Spielbetrieb weiter wirtschaften können wie bisher. Dabei haben wir eine Obergrenze von durchschnittlich 70 Prozent für Personalkosten und Transferaufwendungen vorgesehen. Künstlich erzeugte Erlöse, beispielsweise von Investoren, werden dabei nicht berücksichtigt, da sie den Wettbewerb verzerren“, sagte Schalkes Geschäftsführer Peter Peters.

Schalkes Revier-Rivale Borussia Dortmund hatte vor einigen Jahren beim Börsengang eine komplizierte juristische Konstruktion gefunden (GmbH & Co KGaA), um in finanzieller Not nicht an der 50+1 zu scheitern. Da durften alle Werte verkauft werden, aber der Verein behielt trotzdem wie von der DFL gefordert die Stimmenmehrheit.