Das Abendblatt sprach mit Fritz Sdunek (62), dem Trainer von Vitali Klitschko, über den WM-Kampf gegen den US-Amerikaner Cristobal Arreola.

Los Angeles/Hamburg. In der Nacht zu Sonntag (4.30 Uhr, RTL live; Aufzeichnug um 10.45 Uhr) verteidigt Schwergewichts-Boxweltmeister Vitali Klitschko (38, Ukraine) seinen Titel nach Version des World Boxing Council (WBC) gegen Cristobal Arreola (USA; 28). Das Abendblatt sprach mit Klitschkos Trainer Fritz Sdunek (62) über den Kampf.

Abendblatt: Herr Sdunek, Vitali betont in Interviews dieser Tage, er sei in der Form seines Lebens. Können Sie das bestätigen?

Fritz Sdunek: Absolut. Ich bin selbst überrascht, in welcher Verfassung er sich präsentiert. Er ist beweglicher geworden, viel lockerer auf den Beinen. Und er ist athletisch so gut wie nie. Ein Beispiel: Als wir im vergangenen Herbst in der Vorbereitung auf sein Comeback gegen Samuel Peter waren, schwamm er die 100 Meter auf der 25-Meter-Bahn in 2:50 Minuten. Jetzt schafft er es auf der 50-Meter-Bahn in 2:02. Das ist enorm.

Abendblatt: Worauf führen Sie diese Leistungssteigerung zurück?

Sdunek: Die fast vier Jahre Pause vom Leistungssport haben seinem Körper unheimlich gut getan. Er hatte Zeit, sich von Grund auf zu regenerieren. Wir arbeiten natürlich auch viel gezielter an der Stabilisation von Bauch und Rücken, weil das seine Problemzonen sind. Vitali ist da sehr gewissenhaft. Aber es gibt noch ein weiteres Geheimnis ...

Abendblatt: ... das Sie uns sicherlich verraten.

Sdunek: Seine Motivation ist viel größer geworden. Mir kommt es mittlerweile so vor, als wäre Boxen für ihn Erholung. Als wir anfingen mit der Vorbereitung, da sagte er: "Fritz, ist das nicht schön, endlich wieder sechs Wochen Urlaub!" Das sagt einiges.

Abendblatt: Und, sehen Sie das auch so? Immerhin haben Sie während der gesamten Vorbereitung mit Vitali in seinem Apartment in Bel Air gewohnt.

Sdunek: Ja, das war eine schöne Abwechslung vom Alltag. Meine Frau ist auch mit dabei, wir essen dreimal am Tag zusammen, und abends sitzen wir im Wohnzimmer und analysieren das Training und die Videoaufzeichnungen von Arreolas Kämpfen. Das war schon sehr angenehm.

Abendblatt: Im Ring dürfte es für Klitschko nicht so angenehm werden. Arreola gilt als harter Puncher, der sehr mutig angreifen wird. Was ist Ihre Taktik?

Sdunek: In der Tat erwarten wir Arreola sehr mutig und aggressiv. Aber ich bin mir sicher, dass er nicht die Kondition hat, um gegen Vitali zu bestehen. Die Gegner, die er ausgeknockt hat, waren nicht beweglich, sondern sind stehen geblieben. Das wird Vitali nicht tun. Er wird ihn ins Leere schlagen lassen und ihn dann abkontern. Ich glaube nicht, dass der Kampf über zwölf Runden gehen wird.

Abendblatt: Sie sind zum ersten Mal seit vier Jahren wieder als Cheftrainer in den USA. Was hat sich verändert?

Sdunek: Nicht viel. Es war schön, wieder einmal das schöne Wetter in Kalifornien genießen zu können. Und ich habe neue Reize erhalten, auf die sich meine Boxer nach meiner Rückkehr nach Hamburg freuen können. Wir haben zum Beispiel einmal beim Zirkeltraining des Eishockeyteams Los Angeles Kings teilgenommen. Sehr interessant.

Abendblatt: Wie wird Vitali in Los Angeles, wo er immerhin Ehrenbürger ist, aufgenommen?

Sdunek: Er ist immer noch sehr beliebt. Es kommen unheimlich viele Fans, die Autogramme oder Fotos machen wollen.

Abendblatt: Deshalb sind Sie auch in ein neues Gym gegangen und haben sich nicht in der La-Brea-Akademie vorbereitet wie früher.

Sdunek: La Brea gibt es nicht mehr, wie ich hier erfahren habe, aber wir wären dort tatsächlich nicht hingegangen, weil es ein Latino-Gym war, und wir wollten nicht, dass Arreola seine Spione schickt. Unser neues Gym "Pound 4 Pound" war gut, bis auf die Tatsache, dass es sehr warm war. Vitali hat bis zu fünf Kilogramm Gewicht verloren, so sehr hat er geschwitzt.