Der Kölner Gerald Ciolek vom Team Milram wird beim Sieg des US-Amerikaners Tyler Farrar Dritter.

Hamburg. Der letzte Sieg eines deutschen Radprofis bei den Cyclassics liegt acht Jahre zurück. Damals sprintete Erik Zabel, einstiger Tour-de-France-Held und mittlerweile geständiger Dopingsünder, zum Triumph. Auch an diesem Wochenende war der heute 39-Jährige wieder in Hamburg dabei, als einer von mehr als 20 000 Teilnehmern des Jedermann-Rennens und als Berater des US-amerikanischen Teams Columbia. Beim T-Mobile-Nachfolger soll er den Sprintern zur Seite stehen, seine Erfahrungen weitergeben.

Und so nahm sich der Berliner, der in seinem eigenen Rennen nur locker mitradelte, am Sonnabend unter anderem den Rostocker André Greipel zur Brust. Zabel erklärte dem 27-Jährigen, dass es in Hamburg gilt, sich auf dem engen Kurs vor der traditionellen Sprintentscheidung rechtzeitig in Position zu bringen. Greipel galt als einer der großen Favoriten auf den diesjährigen Sieg in der Hansestadt, doch genutzt haben sein Potenzial und alle weisen Worte am Ende nichts. Während der Mecklenburger sich maßlos über seinen 30. Platz ärgerte und Veranstalter Upsolut empfahl, sich doch einmal Gedanken über breitere Straßen zu machen, bejubelte der US-Amerikaner Tyler Farrar (Team Garmin-Slipstream) den größten Erfolg seiner bisherigen Karriere.

"Ich war schon häufiger nah dran. Das war dann immer auch ein bisschen frustrierend", sagte der 25-Jährige aus Wenatchee im Bundesstaat Washington. "Jetzt ist es natürlich ein tolles Gefühl, der Sieger zu sein." Bester Deutscher wurde U-23-Weltmeister Gerald Ciolek vom Milram-Team, der zwar den erhofften Heimsieg auch nicht ersprintete, sich aber über einen dritten Platz freuen durfte. "Für mich ist das keine Niederlage", erklärte der gebürtige Kölner, der mittlerweile in der Schweiz lebt, "am Anfang war es für mich ein bisschen schwierig, am Ende war es aber ein sehr schönes Rennen."

Während Ciolek noch einmal betonte, wie sprinterfreundlich die Cyclassics seien, hatte auch Columbias Sportdirektor Rolf Aldag kein Verständnis für Greipels Kritik am Kurs. "Natürlich gibt es einige enge Stellen, und die Mönckebergstraße ist nicht die Champs-Élysées, aber das ist ja auch nicht wirklich neu", erklärte der Ex-Profi. "Natürlich muss man eine gewisse Risikobereitschaft mitbringen. Jeder Fahrer sollte sich die Strecke genau angeschaut haben. Und wenn dann auch noch gebetsartig vom Team wiederholt wird, dass man in Hamburg früh vorn dabei sein muss, kommt für niemanden etwas überraschend."

Eine Veränderung des Kurses hielte Aldag jedenfalls im Gegensatz zu seinem erzürnten Fahrer nicht für angebracht. "Wenn man in irgendeinem Industriegebiet fahren würde, würde das Rennen sein besonderes Flair verlieren. Und gerade so ein Rennen wie das in Hamburg kann dazu beitragen, dass wir aus unserer Talsohle herauskommen", sagte Aldag, der 2007 ebenfalls jahrelanges Doping zugab und nun mit dem Glaubwürdigkeitsverlust seiner Sportart leben muss.

Die Fans in der Hansestadt sind trotz der vielen internationalen Skandale treu geblieben. 800 000 Zuschauer feierten auch in diesem Jahr Amateure wie Profis. Frank Bertling, Geschäftsführer von Veranstalter Upsolut, sah darin die Bestätigung, dass Hamburg eine Radsporthochburg sei. Nach dem Aus für die Deutschland-Tour sind die Cyclassics tatsächlich das einzige verbliebene deutsche Profi-Rennen der höchsten Kategorie.

Während ein Comeback der D-Tour vor allem vom Interesse des (öffentlich-rechtlichen) Fernsehens abhängt, hat die Hamburger Veranstaltung die Jedermann-Rennen (waren bereits seit dem 8. April ausverkauft) als Lebensversicherung. Schon in Kürze soll laut Bertling zwischen Veranstalter Upsolut und Titelsponsor Vattenfall Einigung über die Fortsetzung der Zusammenarbeit erzielt werden. Den deutschen Fans bleibt daher die Hoffnung, dass es 2010 mal wieder mit einem Heimsieg bei den Profis klappt.