Fast 14500 Zuschauer haben die Lovestory von Hürdensprinterin Carolin Nytra und Weitspringer Sebastian Bayer live erlebt.

Ulm. Die Wochen und Tage vor den deutschen Meisterschaften waren nicht leicht. Nicht dass der Haussegen bei den Leichtathleten Carolin Nytra und Sebastian Bayer schief gehangen hätte, aber in der gemeinsamen Wohnung in Bremen "sind wir uns schon ganz schön auf den Füßen rumgetreten", wie Nytra lachend erzählte. Und Bayer grinste dazu. Die Fröhlichkeit war bei den beiden nach einer schwierigen Phase zurückgekehrt.

Kein Wunder, schließlich hatten die beiden 23-Jährigen für den emotionalen Höhepunkt bei den Titelkämpfen in Ulm gesorgt. Innerhalb von knapp drei Minuten lief erst Nytra über 100 m Hürden starke 12,78 Sekunden und unterbot damit klar die Qualifikationsnorm (12,96 Sek.) für die Weltmeisterschaften vom 15. bis 23. August in Berlin. Danach setzte Weitspringer Bayer, der den Lauf der Freundin genau beobachtet hatte, zum großen Sprung an, der erst bei der Weltklasseweite von 8,49 m endete. Locker und leicht hatte auch er die Norm von 8,15 m geschafft. Das gern als "Traumpaar der deutschen Leichtathletik" bezeichnete Duo hatte zugeschlagen, immer wieder flimmerten die Szenen über die Videowand, wie sich die beiden in die Arme fielen und innig küssten.

Was fast vergessen war: Beide litten während der Saisonvorbereitung unter Verletzungen und Krankheiten. Beide liefen und sprangen der Norm hinterher. Oft redeten sie sich die Köpfe heiß. "Im Selbstkritisieren sind wir sehr gut", sagte die aus Hamburg stammende Nytra. "Wir mussten gegenseitig Aufbauarbeit leisten." Wobei sie zugab: "Ich brauche mehr Seelenmassage."

"Wir beflügeln uns gegenseitig", gab Bayer zurück. Vor der Saison habe er sich nicht vorstellen können, "dass die Norm doch zu einer solchen Last für mich werden könnte". Vielleicht hatte sich der selbstbewusste junge Mann zu sicher gefühlt. 8,15 m sollten kein Problem sein, wo ihm doch im März bei den Hallen-EM in Turin mit 8,71 m ein wahrer Wundersprung gelungen war. Mancher sprach von einem "lucky jump"; jetzt hat er alle eines Besseren belehrt. "Ich weiß, dass ich weit springen kann, aber ich sollte nicht immer an den 8,71 m gemessen werden." Ein frommer Wunsch. Aber die Last ist zumindest leichter geworden. Er kann in Berlin um die Medaillen mitspringen. "Mein Ziel ist das Finale - und dann ist alles möglich."

Eine "Leistungsexplosion" konnte Bundestrainer Herbert Czingon in Ulm vor allem im Sprint ausmachen. Die Zeiten der 100-m-Sieger Verena Sailer (11,18 Sekunden) und Tobias Unger (10,18 Sekunden) waren stark. Hammerwurf-Weltmeisterin Betty Heidler (74,25 m) ist gut in Form, Ariane Friedrich übersprang 2,01 m, bei den Stabhochspringern hat der Verband die Qual der Wahl, wohl nur Meister Alexander Straub (5,70 m) kann sicher sein, die Starterlaubnis für Berlin zu erhalten.