Spionage-Streit zwischen McLaren-Mercedes und Ferrari treibt neue Blüten.

Budapest. Der Schlagabtausch in der Spionage-Affäre um McLaren-Mercedes und Ferrari geht in die nächste Runde. Mercedes-Motorsportchef Nobert Haug sprach in Budapest von einem "mustergültigen Verhalten" des Silberpfeil-Teams und rechtfertigte den Brief von McLaren-Chef Ron Dennis an den italienischen Automobil-Verbandspräsidenten Luigi Macaluso: "Es geht um die Klarstellung. Das Briefeschreiben im Internet wurde ja von anderer Seite begonnen. Wir haben uns ruhig verhalten bis zur Anhörung."

Macaluso, der auf den Freispruch von McLaren-Mercedes vor dem Weltrat des Internationalen Automobilverbandes (Fia) mit Unverständnis reagiert und sich an Fia-Präsident Max Mosley gewandt hatte, antwortete wiederum auf das Schreiben von Dennis: "Es gibt offensichtlich Unterschiede in der Betrachtung der Ereignisse zwischen McLaren und Mercedes." Es sei nicht seine Aufgabe, auf die verschiedenen Punkte einzugehen, die Dennis in seinem fünfseitigen Schreiben aufgeführt hatte. "Ich möchte mich darauf beschränken zu betonen, dass ein Verstoß von McLaren gegen den Artikel 151 c des International Sporting Code festgestellt wurde, aber das Team ohne Strafe davonkam", schrieb Macaluso.

Der Artikel bezieht sich auf "jedes betrügerische Verhalten" oder "jede Handlung, die dem Interesse aller Wettbewerbe oder dem Interesse des Motorsports abträglich ist". McLaren-Mercedes, das mit seinen Piloten Lewis Hamilton (England) und Fernando Alonso (Spanien) Fahrer- und Konstrukteurswertung vor dem Großen Preis von Ungarn an diesem Sonntag (14 Uhr/RTL und Premiere) anführt, war vom Verdacht der Spionage zwar freigesprochen worden. Die Entscheidung am 26. Juli in Paris wurde aber mit einer Warnung versehen. Sollte doch noch nachgewiesen werden können, dass die Silberpfeile von den Unterlagen im Besitz ihres suspendierten Designers Mike Coughlan profitiert haben, droht der Ausschluss aus der WM 2007 und 2008.

Ferrari reicht das nicht. Die Scuderia habe bei der Anhörung vor dem Weltrat nicht ausreichend Gelegenheit gehabt, die Sachlage aus ihrer Sicht zu schildern oder Schlüsselfiguren zu befragen. "Eine Anhörung vor dem International Court of Appeal wird Ferrari eine Gelegenheit bieten, seine Beweise und Argumente im Detail zu präsentieren", schrieb Macaluso. Möglicher Termin: Ende August.

"Ich denke, das war eine sehr, sehr präzise Anhörung", konterte Mercedes-Mann Haug. Ein Mitarbeiter, der sofort nach Bekanntwerden der Affäre suspendiert worden war, habe Ferrari-Unterlagen in seinem Privatbesitz gehabt, nicht aber das Team.

Haug erneuerte die Vorwürfe an Ferrari, dessen ehemaliger Chefmechaniker Nigel Stepney das Corpus Delicti - 780 Seiten mit vertraulichen Informationen aus Maranello - an Coughlan weitergeleitet haben soll. "Wenn wir für unseren Mitarbeiter zuständig und verantwortlich sind, dann ist das Team, wo das Material herkommt, allemal dafür zuständig. Ich bin sehr für das Verursacherprinzip."

Stepney selbst wies die Darstellung von Dennis zurück, er habe McLaren-Mercedes den Tipp gegeben, dass Ferrari beim Saisonauftakt in Melbourne mit illegalem Unterboden gewonnen habe. Man müsse sich nur das Auto anschauen, um zu realisieren, dass etwas faul sei.