Eigentlich braucht so ein Auftritt beim Hamburger Springderby mehrere Monate, manchmal gar jahrelange Vorbereitung. Nicht so bei André Schröder.

HAMBURG. Eigentlich braucht so ein Auftritt beim Hamburger Springderby mehrere Monate, manchmal gar jahrelange Vorbereitung. Nicht so bei Andre Schröder. Der 17-jährige Lentföhrdener hatte bis vor einigen Tagen nicht einmal ernsthaft über einen Start im großen Finale nachgedacht. Doch dann unterlief dem ambitionierten Nachwuchsreiter in der ersten Qualifikation am Donnerstag nur ein Abwurf - plötzlich war das Derby zum Greifen nah.

"Jetzt bin ich heiß.", erklärte der Schleswig-Holsteiner gestern vor der zweiten Qualifikationsrunde. "Wenn es sich am Ende doch nicht gut anfühlt, kann ich ja immer noch die Kappe ziehen."

Er hat es getan, denn es kam alles anders, als der hoffnungsvolle Reiter es sich gewünscht hatte. Als Andre Schröder mit seinem 13 Jahre alten Fuchswallach Leopold hoch oben auf dem Wall stand, ging es nicht weiter. "Ich habe mich nicht getraut, den Wall hinunter zu reiten", gab Andre Schröder am Abend freimütig zu. "Aber so schlimm finde ich das nicht." Das Paar wurde abgeläutet, der Traum vom Finale war ausgeträumt. In der Endabrechnung landeten Schröder jun. und Leopold auf Platz 45.

Mit seinem Wallach Ontario hatte der sonst so ambitionierte Nachwuchsreiter schon häufiger auf sich aufmerksam gemacht. Er gilt mittlerweile als einer der besten deutschen Junioren, und das, obwohl er erst seit fünf Jahren im Sattel sitzt. Auf dem familieneigenen Reiterhof aufgewachsen, war er zunächst als Fußballer erfolgreich, schaffte es sogar in die schleswig-holsteinische Landesauswahl. Die Wende leitete ein Freund ein, der ihn zu einem Reitausflug überredete.

Seine anschließende Entwicklung blieb auch familienintern nicht ohne Wirkung. Vater Dirk (48) schaffte es zuletzt, angestachelt von den Erfolgen seines Sprößlings, auf dem Holsteiner Le Beau immer wieder bei gut besetzten Prüfungen vorn dabei zu sein. Auch in der Derby Woche wollte er eine gute Rolle spielen. Vor drei Wochen kam dann jedoch ein Angebot für Le Beau aus Norwegen, das die Schröders nicht ablehnen konnten. "Ihn abzugeben, hat wirklich weh getan", erzählt der Senior. "Aber Le Beau war schon zwölf. Irgendwann ist der Zeitpunkt da, an dem man sich entscheiden muss."

Zumindest dann, wenn man wie die meisten Holsteiner Springreiter kein Profi ist. Dirk Schröder hat keinen Sponsor, vereint dafür als Chef des Reitstalls und ambitionierter Leistungssportler zwei Fulltimejobs.

Nach dem Verkauf von Le Beau konnte Dirk Schröder in den vergangenen Tagen für die Betreuung seines Sohnes mehr Zeit aufwenden. "Ich versuche ihm zu vermitteln, dass man sich auch einmal zurücknehmen muss und nicht auf Teufel komm raus reitet", erklärt Schröder. Die Leistungen seines Sohnes machen ihn stolz. Schließlich habe der Filius ja bei ihm gelernt. Wie in den meisten Vater-Sohn-Beziehungen hat auch Schröder-Junior hin und wieder seinen eigenen Kopf. Auch wenn er seinen Vater als sein Vorbild bezeichnet. "Am Ende hat er aber meistens recht", sagt Andre, der sicherlich im nächsten Jahr beim Derby einen neuen Anlauf unternehmen wird - und dann den Wall bewältigen wird.

In einigen Monaten wird er dem Hof Eichengrund in Lentföhrden mit seinen 75 Pferden fürs erste den Rücken kehren, um eine Ausbildung zu beginnen. Irgendwann möchte er den Schröderschen Reitbetrieb weiterführen. Es sei denn, er erfüllt sich den Traum vom Springreiter-Dasein auf Weltcup-Niveau.

Was Andre Schröder (noch) nicht schaffte, das gelang dem Sohn eines ehemaligen Spitzenreiters mit Bravour: Hauke Luther aus Bissendorf, Sohn des früheren Derbysiegers Peter Luther (1980 mit Livius), belegte in der 2. Qualifikation mit Caresino den vierten Platz. Die beiden hatten den Normalparcours fehlerfrei bewältigt, Luther verzichtete jedoch auf das Stechen, weil er sein Pferd für das Finale am Sonntag schonen wollte. Philip Rüping, Sohn des Derbysiegers Michael Rüping (1987 mit Silbersee) erreichte sein Ziel mit Ko Darco nicht. Yvonne Dude (Hamburg), Tochter des NFR-Vizechefs Dietmar Dude, schaffte mit United MG erneut den Finaleinzug.