Nach dem Sieg in der 2. Qualifikation gilt Carsten-Otto Nagel aus Wedel am Sonntag als Favorit.

Hamburg. Das Glück scheint fast schon perfekt: Mit beinahe traumwandlerischer Sicherheit flogen Carsten-Otto Nagel und sein zehn Jahre alter Wallach Calle Cool in der 2. Qualifikation zum Deutschen Springderby über alle Hindnisse. Im Stechen konnte sich das Paar sogar einen Abwurf leisten, denn Christian Ahlmann (Marl) mit Perry Lee und der Ire Edward Doyle mit Utopia waren im Parcours langsamer. Weitere fünf Teilnehmer, die das Stechen ebenfalls erreicht hatten, schonten ihre Pferde für das Derbyfinale am Sonntag (14 Uhr, NDR live).

"Langsam wird mir diese Erfolgsserie unheimlich", sagte Carsten-Otto Nagel, der mit Chienas das Eröffnungsspringen und die erste Derby-Qualifikation gewonnen hatte. "Ich reite und habe das Gefühl, mir könne gar nichts passieren. Ich habe hier oft genug auf die Mütze gekriegt. Jetzt steht mir offenbar ein gutes Jahr zu. Daran habe ich hart gearbeitet." Nagel hatte das Derby schon 1999 mit Wienerwirbel gewonnen.

Der 44-jährige Holsteiner sieht sich nicht als Topfavorit. Das ist für ihn sein Freund Rasmus Lüneburg aus Hetlingen. Mit dem hat er auf dem Hof von Matthias Granzow in Passin vorher tüchtig geübt. Granzow, ebenfalls für das Derby qualifiziert, hat in Mecklenburg/Vorpommern den Flottbeker Kurs mit seinen Naturhindernissen nachgebaut.

Während Nagel im Glück badete, schien der dreifache Derbysieger Toni Haßmann vom Pech verfolgt zu sein. Schon in der 1. Qualifikation unterlief ihm mit Collin ein Fehler, am Freitag handelte er sich sogar fünf Abwürfe ein. Ist der Traum des vierten Sieges in Folge schon vorbei?

Fassungslos verließ der Titelverteidiger aus Lienen/Westfalen den Derbypark. Im Aktivenzelt scheute er sich auf dem Bildschirm noch einmal seinen desolaten Ritt an: "Collin fußte nicht wie gewohnt", klagte Haßmann, "obwohl er sich vorher superfrisch angefühlt hatte." Ob er in Finale reiten darf, war fraglich, denn Haßmann steht auf Rang 38, nur 36 Starter sind dabei. Sportchef Paul Schockemöhle war sicher: "Ich wette, Toni ist am Start." Haßmann konterte: "Das Geld zahle ich ihm gerne."

23 Nullfehlerritte am Donnerstag, acht am Freitag: Ist der Kurs nach der 800 000 Euro teuren Installierung eines neuen Rasens zu einfach? Sportchef Paul Schockemöhle: "Wenn Hamburg den Anspruch halten will, den schwierigsten Parcours der Welt zu haben, muss etwas passieren."

Mit Hilfe der Stadt, die 75 Prozent der Investitionen trägt, war der alte Mutterboden abgetragen und durch eine Drainage und 3500 Tonnen Lavagranulat aus Koblenz ersetzt worden. "Wir hatten sonst bis zu 1,5 Meter Gefälle", sagte Klaus Meyer, Präsident des gastgebenden Norddeutschen und Flottbeker Reitervereins (NFR) und selbst von 1981 bis 1987 Parcours-Chef. "Jetzt ist alles wunderschön ebenmäßig." Mit der Folge, dass zum Beispiel die Höhe des Absprungs vor dem 3,80 Meter hohen Wall um fast zehn Prozent verringert und somit erheblich entschärft wurde.

Die Konsequenz, laut Klaus Meyer: "Wir werden an der Höhe der Hindernisse basteln." Die Art der Sprünge sowie die Linienführung des längsten und vermeintlich problematischsten Kurses der Welt, seit 1920 im Prinzip unverändert, werde jedoch "auf keinen Fall angetastet".

Paul Schockemöhle kündigte an, gemeinsam mit den Parcoursspezialisten Frank Rothenberger und Christian Wiegand schon an diesem Wochenende zu reden: "Wir wollen einige Sprünge erhöhen." Darunter fallen Holsteiner Wegesprung, die Hürde im Anschluss an Wall und Planke sowie Pulvermanns Grab. Schockemöhles Ziel: "Wir wollen den Parcours so schwierig gestalten, "dass möglichst nicht mehr als zehn Reiter ins Stechen kommen."