Wunder gibt es immer wieder - auch bei Olympia.

TURIN. Hochklassiger hätte die Paarlauf-Enscheidung am späten Montag abend kaum verlaufen können. Und dramatischer wohl auch nicht. Nachdem die russischen Favoriten Tatjana Totmianina/Maxim Marinin mit einer tadellosen Kür fast uneinholbar in Führung gegangen waren, wollten es die Chinesen Zhang Dan und Zhang Hao als Schlußpaar trotzdem noch einmal wissen.

Die Kür der beiden, die nicht miteinander verwandt sind, währte noch keine Minute, da stockte den 6000 Zuschauern in der Palavela-Arena von Turin plötzlich der Atem. Beim vierfachen Wurfsalchow, einer Weltpremiere, hatte der stämmige Hao die 20jährige offenbar zu kräftig in die Luft katapultiert. Noch ehe Dan die letzte Drehung vollenden konnte, prallte sie im Seitspagat aufs Eis und krachte anschließend in die Bande.

"Wahrscheinlich habe ich Dan zu früh losgelassen", versuchte Zhang Hao den schweren Sturz seiner Partnerin zu erklären. "Dadurch hat sich offenbar eine andere Flugkurve ergeben, die dann zu der gefährlichen Landung führte."

Die zierliche, nur 1,62 Meter kleine Chinesin rappelte sich zwar schnell wieder auf, hielt sich aber mit schmerzverzerrtem Gesicht das Knie. Zhang Hao geleitete sie darauf zur Bande. Alle rechneten mit der Aufgabe. Zu brutal hatte der Aufprall dem äußeren Anschein nach gewirkt. Daß Dan ohne schwere Verletzung davon gekommen sein sollte, schien ausgeschlossen.

Doch nach längerer Beratung an der Bande, die die erlaubte Unterbrechung von zwei Minuten eigentlich überschritt, liefen sie wieder los. "Wir wollten nicht aufgeben", sagte Zhang Dan, die die Entscheidung angeblich allein getroffen haben soll.

Tatsächlich gelang ihnen danach fast jeder Sprung. Für die schier übermenschliche Leidensfähigkeit von Dan wurden die Chinesen am Ende mit Silber belohnt. Ein Tapferkeitsbonus, der indes ein kontroverses Echo fand. Der verpatzte Gesamteindruck rechtfertigte den zweiten Platz nach Ansicht vieler nicht. "Das war eine sehr wertvolle Erfahrung für mich", kommentierte Zhang Dan den Ausgang. "Noch heute tut mir alles weh und trotzdem haben wir nach dem Stutz alles hinbekommen."

Harsche Kritik kam auch von Olympiasieger Marinin: "So ein Sprung ist extrem gefährlich und nicht nötig nach dem neuen Wertungssystem." Der Russe weiß, wovon er spricht. Vor einem Jahr stürzte Partnerin Tatjana Totmianina mit dem Kopf aufs Eis und kam bewußtlos ins Krankenhaus. Nachdem diesmal alles glatt ging, bedankte sich Maxim bei Tatjana mit einem Handkuß.