Robert Enke über den Kampf um die Nummer eins im deutschen Tor und seine Zukunft im Verein.

Hannover. Dass Robert Enke ein Mensch schneller Entschlüsse sein kann, bewies er schon eindrucksvoll. Als er 2003 vom FC Barcelona zu Fenerbahce Istanbul wechselte, wurde er im ersten Pflichtspiel von den - über den Abgang ihres Lieblings Rüstü enttäuschten - türkischen Fans mit Bierflaschen beworfen. Er löste seinen Vertrag auf und flüchtete (arbeitslos) zurück nach Barcelona, wo seine Frau Teresa und die Hunde warteten.

Die sportliche Durststrecke ist längst Geschichte. Über Teneriffa landete Enke 2004 bei Hannover 96, für das er nun schon seine fünfte Saison spielt. "Der Verein ist mir, wie auch Benfica Lissabon, ans Herz gewachsen", sagte er. "Bei beiden Klubs ist Ähnliches passiert." Was er meint, ist die hohe Akzeptanz im Umfeld, bei den Fans. "Wenn es klappt, würde ich gerne noch mal für Benfica spielen."

Das klingt nach Abschied. Viele Experten (und Fans) glauben, dass der deutsche Nationaltorwart bald zu einem bayerischen Topklub wechselt, obwohl er mit seiner Frau und den neun Hunden ("mehr geht aber wirklich nicht") im kleinen Dorf Empede sesshaft geworden ist. Aber: Eine schnelle Entscheidung wie damals in Istanbul ist nicht angesagt. "Wenn ich irgendwann gehen sollte, wird mir das sehr schwerfallen. Ein Entschluss steht aber zum Glück noch nicht an." Frühestens wenn er mit 96 die Klasse gehalten habe, wolle er abwägen.

Enke lächelt entspannt dabei. Auch die Diskussionen um die Nummer eins bei Joachim Löw (Motto: Wenn er nicht international spielt, sinken seine Chancen), perlen an ihm ab. "Erst ging es um die Nummer drei und zwei, jetzt um die eins. Es gab Zeiten, da habe ich mich über die Diskussionen geärgert. Das ist vorbei. Wenn ich seit der EM nominiert wurde, habe ich immer gespielt. Das ist Fakt, das ist wichtig für mich. Ich ziehe mein Ding möglichst gut durch."

Selbst das Interesse eines älteren Herrn aus Stuttgart an einem Comeback kann den Puls Enkes nicht hochtreiben. "Ach, man kennt doch den Jens (Lehmann, die Red. ), ich war mit ihm sechs Wochen während der EM zusammen, weiß ihn gut einzuschätzen." Erst auf Nachfrage fügt er dann doch hinzu: "Ich hoffe und glaube nicht, dass 2010 Bedarf im deutschen Tor sein wird."

Enke war schon immer einer, der die Dinge gut filtern konnte. So hat er registriert, dass es in der aktuellen Debatte meist nur um das (fehlende) Potenzial seines Klubs ging, nie um seine Leistung oder sein Torwartspiel. "Glauben Sie, dass es interessiert, ob ich Champions League spiele, wenn ich vorher beim Länderspiel gut gehalten habe?"

Bei den Bayern wird er seit Michael Rensings Degradierung heiß gehandelt, und auch Enke sagt: "Es sieht so aus, als ob die Bayern was machen werden. Aber bisher gibt es keinerlei Signale, dass ich derjenige sein soll." Genauso gut könne es sein, dass er seinen Vertrag bis 2010 ("und sehr gerne") bei 96 erfülle.

Und das, obwohl die Niedersachsen im Bereich von Rang zehn am Limit ihrer Möglichkeiten angekommen sind, sollte der von Präsident Martin Kind vorangetriebene Wegfall der "50+1"-Regel abgeschmettert werden. Für einen ehrgeizigen Menschen wie Enke auf Dauer eine unbefriedigende Situation, obwohl sein Wertesystem weit mehr als Siege und Tore umfasst. Noch heute vermitteln seine Frau und er Tiere aus Spanien - und kontrollieren genau die künftigen Halter.

Wer dennoch auf einen Wechsel Enkes schon im Sommer setzt, vergisst, dass sich der Torwartmarkt in einem Jahr mindestens genauso interessant gestalten könnte, sollte in Stuttgart und Hamburg Bedarf bestehen. Enke ist selbstbewusst genug, um sich in einer perfekten Verhandlungsposition zu wähnen: "Ich bin im besten Torwart-Alter, fühle mich hervorragend, befinde mich seit eins, zwei Monaten auf einem super Niveau." Das soll auch der HSV zu spüren bekommen, über den er sagt: "Ich bewundere den HSV und auch Martin Jol. Hut ab vor diesen Leistungen. Aber zu einer Stadt wie Hamburg gehört auch solch ein Verein." Und wer weiß: Nach reiflicher Überlegung vielleicht auch ein Robert Enke. Und nicht nur kurz. Denn wie Lehmann bis 40 im Tor zu stehen, "das kann ich mir durchaus vorstellen".