Der Hamburger SV darf dank einer Klasse-Vorstellung gegen das Millionen-Ensemble von Manchester City von seinem ersten Europapokal-Halbfinale seit 26 Jahren träumen. Die stürmischen Schützlinge von Trainer Martin Jol feierten am Donnerstagabend einen hochverdienten 3:1 (1:1)-Sieg im Hinspiel des Uefa-Cup-Viertelfinales. Die Bilder des Spiels. Die Spieler in der Einzelkritik.

Hamburg. Der Stolz über den meisterlichen Auftritt seines Hamburger SV stand Bernd Hoffmann ins Gesicht geschrieben - alle Gratulationen zur besten Saison seit Jahren wies der Klubboss nach der Gala gegen Manchester City aber strikt zurück. "Wir wollen das Jahr nicht vor dem Mai loben. Wir haben noch nichts erreicht", mahnte Hoffmann nach dem beeindruckenden 3:1 (1:1)-Sieg im Viertelfinal-Hinspiel des Uefa-Pokals, mit dem sich der Fußball- Bundesligist am Donnerstag beste Chancen auf das erstmalige Erreichen eines Europapokal-Halbfinals seit 26 Jahren erarbeitete. "Das muss für das Weiterkommen reichen. Das können wir uns nicht mehr nehmen lassen", tönte Verteidiger Joris Mathijsen vor dem Rückspiel am kommenden Donnerstag in England.

Dann muss der HSV aber unbedingt anders starten als beim "tollen Europapokalabend" (Hoffmann) an der Elbe. Denn noch ehe sich Hamburgs Defensive ordnen konnte, hatte Stephen Ireland nach nur 35 Sekunden die Führung für das englische Millionen-Ensemble markiert. Wer nun geschockte Hanseaten erwartete, sah sich getäuscht. Anders als die Bayern beim Debakel in Barcelona blies der vor Selbstvertrauen strotzende Bundesliga-Dino postwendend zur Attacke. Manchester konnte sich einzig beim starken Keeper Shay Given bedanken, dass nur Joris Mathijsen (9.), der überragende Nationalspieler Piotr Trochowski (63./Handelfmeter) und Edeljoker Paolo Guerrero (78.) für den HSV trafen. "Das war das beste Spiel seit langem. Leider haben ein, zwei Tore gefehlt", brachte es Kapitän David Jarolim auf den Punkt.

Auch wenn der Bundesliga-Zweite es verpasste, schon im Hinspiel den Einzug ins mögliche Traum-Halbfinale gegen Werder Bremen perfekt zu machen die Hamburger haben endgültig bewiesen, dass ihnen nach 22 titellosen Spielzeiten der ganz große Coup zuzutrauen ist. Anders als in den Vorjahren, als sie nach der Winterpause in schöner Regelmäßigkeit ihre glänzende Ausgangsposition verspielten, haben sie als einziger Bundesligist noch Chancen auf drei Titel. Selbst das "gebrannte Kind" Hoffmann ist vorsichtig optimistisch: "Die Mannschaft macht den Eindruck, als wolle sie dieses Jahr tatsächlich was gewinnen." Dass seine Profis nicht über die Dreifachbelastung aus Liga, Uefa-Cup und DFB-Pokal klagen, sondern die Triple-Jagd als "Dreifach-Freude" empfinden, macht den HSV-Chef stolz. "Es ist schön, wenn man sieht, dass die Saat insgesamt ein wenig aufgeht."

Daran hat Martin Jol einen wesentlichen Anteil. Gegen die Citizens, die er als Trainer in der siebten Partie zum siebten Mal bezwang, bewies er sich angesichts neun fehlender Akteure wieder einmal als Meister des Improvisierens. Seine klare Handschrift, die das rasche Umschalten von Abwehr auf Angriff vorsieht, war auch diesmal wieder der Schlüssel zum Erfolg. "Wenn wir die erste Minute vergessen, haben wir sehr gut gespielt", meinte Jol.

Während der Niederländer eine "gute Ausgangsposition" sieht, sprach Sportdirektor Dietmar Beiersdorfer angesichts des Gegentors von einem "gefährlichen Ergebnis". Manchester Trainer Mark Hughes, dessen Superstar Robinho bei der Vorarbeit zu Irelands Treffer seine Klasse aufblitzen ließ, gab sich kämpferisch: "Wir sind sicherlich noch nicht draußen. Das können wir aufholen." Bevor für den HSV aber die Reise zu den heimstarken Engländern ansteht, geht es am Sonntag im Liga-Alltag beim VfB Stuttgart darum, an Spitzenreiter Wolfsburg dranzubleiben. "Jetzt müssen wir am Sonntag in der Meisterschaft nachlegen und diese Leistung wiederholen", forderte Trochowski.