Fabian Hambüchen hat am Sonntag seinen glanzvollen Auftritt bei den Turn-Europameisterschaften in Mailand mit der Goldmedaille am Boden gekrönt. Einen Tag nach seinem Mehrkampf-Erfolg kam der 21 Jahre alte Wetzlarer nach erneut bestechender Darbietung auf 15,45 Punkte und verwies seinen Teamgefährten Matthias Fahrig aus Halle/Saale (15,40) auf Platz zwei.

Erst heizte er mit beiden Armen das Publikum an, dann fiel er seinem Freund Matthias Fahrig glücklich in die Arme: Fabian Hambüchen hat seine Gala in Mailand am Sonntag mit der Goldmedaille am Boden gekrönt. Einen Tag zuvor hatte der Wetzlarer als erster Deutscher in der 54-jährigen Historie von Turn- Europameisterschaften den Mehrkampf-Titel gewonnen. Den bislang einzigen Allround-Sieg deutscher Turner überhaupt hatte der Fürther Alfred Schwarzmann vor 73 Jahren bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin erkämpft. Mit nunmehr fünfmal EM-Gold übertraf Hambüchen in der deutschen Hierarchie Altmeister Eberhard Gienger und ist nun der erfolgreichste Deutsche der EM-Geschichte.

"Unfassbar: Nachdem es am Reck nicht geklappt hat, musste ich es woanders reißen", sagte Hambüchen nach seiner mit 15,45 Punkten bewerteten Super-Show und strahlte über das ganze Gesicht. Es war es das erste deutsche Boden-Gold seit 28 Jahren: 1981 hatte der Berliner Roland Brückner in Rom gesiegt. Matthias Fahrig brachte seine Übung fast genauso gut auf den Punkt und sorgte mit 15,40 für den ersten deutschen EM-Doppelerfolg auf der Bodenmatte. Beide sorgten damit für das beste deutsche Abschneiden seit 20 Jahren.

Tags zuvor hatte Hambüchen mit geschlossenen Augen bei der Nationalhymne den Mehrkampf-Triumph ausgekostet. "Dieser Titel steht jetzt bei mir ganz weit oben", meinte er. "Es war aber ein Auf und Ab", gab der Star-Turner von der TSG Niedergimes zu, nachdem er sich mit 89,175 Punkten trotz Fehlern am Barren und Reck zum Titel gefightet hatte. Er kompensierte damit seinen Vortags-Ärger über das verpasste Reck-Finale. "Das war eine prima Entschädigung", meinte er. "Eigentlich müsste wir dieses Gold feiern, als ob es das letzte wäre. Man weiß doch nie, was kommt", fügte Vater Wolfgang hinzu und schüttelte am Sonntag nach dem Boden-Erfolg ungläubig den Kopf.

"Zunächst hatte ich nur wenig Fun, aber nach dem Patzer am Barren ging die Hölle ab", kommentierte sein Sprössling den Sechskampf, in dem er enorme mentale Stärke demonstriert hatte. Am Reck gelang trotz eines Wacklers beim Adler der Poker, den nicht ganz sicheren Kolman-Salto aus dem Programm zu lassen. "Vater hat es mir beim Einturnen empfohlen. Eine goldrichtige Entscheidung", lobte der Champion. Am Seitpferd brachte er nach einer perfekten Boden-Übung den Titel nach Hause. "Diesmal hat er durch die Stabilität an seinen sonst schwächeren Geräten gewonnen", urteilte der Vater.

Glänzend verlief der Sechskampf auch für Philipp Boy, der als Vierter nur knapp an seiner ersten Medaille vorbeischrammte. "Ich könnte mich nur ohrfeigen, dass es am Vortag am Reck nicht so gut geklappt hat. Da wäre die Medaille drin gewesen", sagte der Cottbuser. Die Schau stahl ihm aber nicht nur Hambüchen, sondern auch Matthias Fahrig, der nach Bronze in Amsterdam zum zweiten Mal das Boden-Podest bestieg. "Als es durch war, habe ich keine Luft mehr bekommen", meinte der Hallenser, legte aber dennoch ein Freuden-Tänzchen auf dem Podium hin. "Ich hoffe, ich konnte beweisen, dass es in Deutschland nicht nur einen Top-Turner gibt", fügte er an.

Auch die Mini-Riege der Frauen zeigte Fortschritte. Anja Brinker holte mit Bronze die erste deutsche EM-Medaille seit 22 Jahren am Stufenbarren. "Ich freue mich riesig. Ich bin volles Risiko gegangen, es hat sich gelohnt", meinte die Gymnasiastin aus Herkenrath. Tags zuvor hatte sie auf Platz acht ihren bislang besten Vierkampf absolviert und sich gegenüber dem Championat von Amsterdam 2007 um zwei Plätze verbessert. Den Titel holte die erst 16 Jahre alte Ksenia Semjonowa und machte das Dutzend russischer Mehrkampfsiege voll. Kim Bui (Tübingen) kam beim Sprung auf den fünften Platz.