Die 24-Jährige führt im Gesamtweltcup, doch alles, was für sie zählt, ist die WM Anfang Februar.

Maribor. Nach dem ersten Durchgang, sagt Mathias Berthold schmunzelnd, "da war die Maria fast a bissl beleidigt". Berthold, gebürtiger Österreicher und Cheftrainer der deutschen alpinen Skirennläuferinnen, hatte sie kritisiert. Sie, Maria Riesch, seine mit Abstand Beste im Team. "So eine schlechte Haarnadel fahren, das geht nicht", hatte er gesagt, und er hatte ja recht: Maria Riesch war etwas wacklig bei der sogenannten Haarnadel-Stangenkombination im unteren Teil des Weltcup-Slaloms von Maribor. Aber andererseits war das egal: Maria Riesch war im restlichen Lauf derart schnell, dass der Konkurrenz nichts blieb, als ungläubig den Kopf zu schütteln ob der Dominanz der Deutschen.

Eine Sekunde und 15 Hundertstel Vorsprung waren es am Ende auf die Österreicherin Kathrin Zettel - Maria Rieschs zehnter Weltcup-Sieg überhaupt und ihr vierter Slalom-Sieg in Serie. "Es geht alles so leicht, man fährt runter wie im Rausch", sagte Riesch danach, "so jedenfalls fühl ich mich grad." So sah es auch aus: Wie sie dicht an den Stangen vorbeiglitt, den Ski aufkantete, ihr Oberkörper ruhig die Bewegungen der Beine verfolgte. "Sie rutscht nicht", so erklärt es ihre Konkurrentin und Freundin Lindsey Vonn aus den USA, die selbst dagegen ziemlich stark ins Rutschen gekommen war im ersten Durchgang und nur dank eines sehr guten zweiten Laufs doch noch Vierte wurde. Weil die Finnin Tanja Poutiainen als Dritte abschloss, beträgt Rieschs Vorsprung im Gesamtweltcup nun 85 Punkte.

Wobei - Gesamtweltcup, was heißt das schon, in einem WM-Jahr? "Der ist zwar im Hinterkopf", sagt Riesch, "aber weit hinten." Über den Gesamtweltcup, so haben es Berthold und Riesch ausgemacht, sprechen sie jetzt erst einmal gar nicht mehr, "wir schauen nur zur WM", sagt Berthold. Sie steigt Anfang Februar in Val-d'Isère Anfang Februar und ist das große Ziel von Riesch, "bei einer WM hab ich nämlich noch nie was gerissen", sagt sie. Im Moment sieht es ganz gut aus: Drei der letzten fünf Rennen gewann sie, nur im Riesenslalom von Maribor am Sonnabend lief es mit Rang zwölf nicht ganz so wie erhofft.

"Ich hab ein unheimliches Selbstbewusstsein gerade", sagt Riesch und strahlt. Man hat schon vor dieser Saison damit gerechnet, dass Maria Riesch zu den Sieganwärterinnen gehören wird - dass sie aber derart konstant erfolgreich ist, das kommt schon ein wenig unerwartet. Im Slalom ist sie mittlerweile so sicher, dass sie ihre eigentlich als Nachteil geltende Körpergröße von 1,81 Meter zum Vorteil macht. "Ich nutze meine Hebelwirkung einfach aus", sagt sie.

Für den Deutschen Skiverband (DSV) kann das nur gut sein: Die Rieschs aus Partenkirchen mit den Töchtern Maria, 24, und Susanne, 21, sind so etwas wie die Vorzeigefamilie des Verbands. Am Sonntag war Rieschs jüngere Schwester Susanne als Zwölfte zweitbeste Deutsche. "Im Training bin ich nah an der Maria dran", meint die Jüngere, "aber sie kann das im Wettkampf eins zu eins umsetzen. Das fehlt mir noch." Dabei ist Mathias Berthold längst nicht vollauf zufrieden mit seiner Musterschülerin. "Maria macht schon noch Fehler", sagt er, ohne Aufregung, ohne Euphorie. Nicht nachlassen, nie zufrieden sein, das ist die Art, wie Mathias Berthold mit Maria Riesch umgeht. "Ja", sagt Riesch und verzieht die Mundwinkel, "er ist schon sehr kritisch." Aber das sei auch gut so.

Zwei weitere deutsche Frauen haben am vergangenen Wintersport-Wochenende große Erfolge gefeiert. Claudia Pechstein krönte sich zur ältesten Europameisterin der Eisschnelllauf-Geschichte. Die 36 Jahre alte Berlinerin gewann in Heerenveen nach einem packenden 5000-Meter-Rennen ihren dritten EM-Titel nach 1998 und 2006. Biathletin Kati Wilhelm schaffte einen umjubelten Sieg beim Heimrennen über 12,5 km in Oberhof.