Sebastian Vettel wurde beim Großen Preis von Monte Carlo Vierter und hat nun auch wieder einen WM-Rivalen im eigenen Formel-1-Team.

Monaco. Den ganzen Tag schon hatten die Edelfans am Swimmingpool gelegen, der den Mittelpunkt von Red Bulls gewaltigem Zwitter aus Partyschiff und Motorhome im Hafen von Monte Carlo bildete. Gegen viertel nach vier erhielten sie dann Gesellschaft von einem bestens gelaunten Formel-1-Fahrer. Mit Anlauf sprang Mark Webber bei schwülen Temperaturen in das Becken. Dass er dabei noch seinen Rennanzug inklusive Schuhen und feuerfester Unterwäsche trug, störte ihn überhaupt nicht. Er war ohnehin schon völlig durchnässt von der Champagner-Dusche kurz nach seinem ersten Saisonsieg.

"Ich fühle mich unglaublich", sagte der 35-Jährige anschließend triefend: "An dieses Wochenende werden wir noch lange zurückdenken." Damit meinte er das hervorragende Teamergebnis von Red Bull, dessen Vorsprung in der Konstrukteurswertung durch Sebastian Vettels vierten Platz weiter anschwoll. Doch auch die Formel-1-Historiker werden die 70. Auflage des Großen Preises von Monaco mit einer besonderen Note versehen: Sechs verschiedene Sieger in den ersten sechs WM-Läufen hat es in der Geschichte der Rennserie noch nie gegeben. Und noch etwas wird hängen bleiben vom bisher unspektakulärsten Grand Prix, der ironischerweise vor der spektakulärsten Kulisse der gesamten Saison stattfand: Erstmals seit dem 7. November 2010 liegt Webber im Fahrerklassement nicht mehr hinter seinem deutschen Teamkollegen und bringt damit die Red-Bull-Hierarchie, die seither zementiert schien, ins Wanken.

Woche für Woche hatte er seit besagtem November-Tag Vettels Rücklichter gesehen und musste stets artig applaudieren, wenn der junge Deutsche mit Lorbeeren überhäuft wurde. Den sensiblen Australier hat das in eine schwere Sinnkrise getrieben. Die führte sogar so weit, dass er im vergangenen Jahr einen Rückzug aus der Königsklasse des Motorsports erwog. "Ich war ziemlich ausgelaugt und musste eine Pause einlegen und mich regenerieren", gestand er in einem Interview. Im etwas in die Jahre gekommenen Presseraum in Monte Carlo saß am Sonntag ein vor Zufriedenheit beinahe überquellender Mann, der mit fester Stimme sagte: "Das war eine harte Zeit. Aber nun fühlt es sich wieder so an wie 2009 und 2010." Da begegneten sich beide Stallgefährten auf Augenhöhe. Und noch etwas sagte Webber über seinen Teamkollegen, der dank kluger Reifenstrategie von Rang neun auf Platz vier vorgeprescht war. "Ich wollte nicht zulassen, das Seb ausreichend Zeit für einen siegbringenden Boxenstopp bekommt. Das war nicht der Plan."

Großer Preis von Monaco

So redet niemand, der vorhat, klein beizugeben im Vergleich mit der Galionsfigur des Brauseherstellers. Für Webber geht es darum, seinen Arbeitgeber davon zu überzeugen, den am Saisonende auslaufenden Vertrag zu verlängern. Erfolge sind da natürlich hilfreich, Webber gewann sowohl im Rennen als auch im Qualifying die Mehrheit der Duelle gegen Vettel. Zudem hilft bei Red Bull mehr als bei anderen Teams die Werbetauglichkeit. Diese Vorgabe erfüllt der smarte Australier, dessen Heimat ein wichtiger Wachstumsmarkt für Red Bull ist, mindestens so gut wie Teamkollege Vettel, der sein Lausbubenimage am Sonntag mit den Worten pflegte: "In Monaco dreht sich ja viel um das eine oder andere Loch." Er war nach den vermeintlich verbotenen Luftschlitzen am Unterboden seines Dienstwagens gefragt worden und nach dem Protest, den angeblich einige Konkurrenten einlegen wollten.

So weit kam es freilich nicht; niemand störte am Sonntag Mark Webbers neue Harmonie mit dem Leben. Während der Mann aus New South Wales strahlend und tropfend Interview um Interview gab und dabei stets betonte, wie gut ihm der Rennwagen in dieser Saison liege, knurrte Vettel einige Meter weiter in die Mikrofone: "Das war kein gemütlicher Sonntagsausflug, das war am Limit. Dieses Jahr wird sehr lang werden für uns." Dann verschwand er hinter einer der vielen verspiegelten Türen und Webber stand wieder allein im Mittelpunkt.

Starker Vettel verliert Führung - Vorvertrag bei Ferrari?

Nur eine Randfigur des Rennens war - wieder einmal - Michael Schumacher. Dabei hatte er im Qualifying mit der Bestzeit überrascht und lag mit seinem Silberpfeil auch beim Rennen auf Punktekurs. Doch irgendwas geht immer schief - dieses Mal war es ein Problem mit dem Benzindruck, das ihn zur Aufgabe zwang. Sechs Rennen, vier Ausfälle und nur zwei WM-Punkte: Das ist die bittere Bilanz des Rekordweltmeisters, der statistisch gesehen noch nie so schlecht in eine Saison gestartet ist. "Was kann ich sagen? Einfach schade", meinte Schumacher. Öffentlich verkniff sich Schumacher Kritik am Team. Der 43-Jährige beteuerte sogar, es sei eigentlich sein bester Saisonstart im Mercedes, weil er einfach das Gefühl hätte, mit dem Auto mehr eins zu sein. Das gilt es beim nächsten Rennen in Montreal auch in Punkte umzusetzen.