20 Millionen TV-Zuschauer verfolgten die bittere Final-Pleite gegen Chelsea – darunter auch Kanzlerin Angela Merkel beim G8-Gipfel.

München/Tourrettes. Die Enttäuschung nach dem verpassten Champions-League-Sieg gegen den FC Chelsea ist riesig und dennoch müssen die Bayernprofis den Kopf schnellstmöglich wieder frei kriegen. Mithilfe der Nationalmannschaftskollegen und psychologischer Unterstützung soll die große Enttäuschung der Profis des deutschen Fußball-Rekordmeisters verarbeitet werden. "Ein Luftwechsel wird helfen. In unserer Familie Nationalmannschaft werden sie aufgenommen, können Abstand finden und den Kopf freibekommen", sagte Oliver Bierhoff am Sonntag im EM-Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft im südfranzösischen Tourrettes.

Auch die Hilfe des Sportpsychologen Hans-Dieter Hermann, der seit 2004 zum Betreuerteam des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gehört, soll bei der Verarbeitung des Negativ-Erlebnisses helfen. "Man darf nicht denken, das die Bayern-Spieler hier ankommen, wir einen Zaubertrank verabreichen und alles ist gut. Das ist ein Prozess", erklärte der Nationalmannschaftsmanager, der sich aber optimistisch zeigte. "Es ist klar, dass nach einem solchen Spiel die große Leere herrscht. Aber sie können ja noch einen Titel gewinnen", sagte Bierhoff mit Blick auf das EM-Turnier in Polen und der Ukraine (8. Juni bis 1. Juli).

20 Millionen TV-Zuschauer sehen Albtraum-Pleite des FC Bayern

Auch die Promis litten derweil mit den geschlagenen Bayern. Alles Daumendrücken von Bundespräsident Joachim Gauck auf der Tribüne half nicht, Bundeskanzlerin Angela Merkel fieberte beim G8-Gipfel vergebens mit den Bayern. Auch die prominente Sympathiewelle half den Münchner Fußballstars beim Heimfinale nicht auf den ersehnten Champions-League-Thron. Neben dem jubelnden britischen Regierungschef David Cameron und dem erstaunten US-Präsidenten Barack Obama musste Merkel im Camp David enttäuscht die TV-Bilder des Elfmeterdramas der Bayern gegen Chelsea mitansehen.

FC Bayern in Schockstarre: "Das tut unglaublich weh"

Viel Mitgefühl ihrer Amtskollegen habe es danach für die Kanzlerin gegeben, hieß es. Zuspruch benötigten die Bayern, ihre Anhänger und auch die Edelfans nach dem unglücklichen Ende des Endspiel-Traums. "Es ist besonders grausam, wenn man ein Spiel so fest im Griff hat, selbst mehrfach für sich entscheiden kann und dann im Elfmeterschießen so knapp verliert", sagte Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) am Sonntag. Das Spiel gegen Chelsea werde "ähnlich unvergesslich bleiben" wie die dramatische Niederlage der Münchner gegen Manchester United im Jahr 1999.

"Sehr viel Pech gehabt heute. Ich leide vor allem mit Schweini!", twitterte Skirennfahrerin Maria Höfl-Riesch. Nationalspieler Bastian Schweinsteiger hatte den letzten Elfmeter der Münchner verschossen. "Ich brauche jetzt ganz viel Trost", schrieb TV-Moderator Kai Pflaume bei Facebook, nachdem er das Finale im Bayern-Trikot im Stadion verfolgt hatte. "Ich bin im Moment einfach zu traurig, weiß nicht, was ich sagen soll", meinte Tennisspielerin Julia Görges und urteilte: "Das bessere Team hat verloren."

Auch Tennisstar Boris Becker, der während der Partie fast minütlich getwittert hatte, war am Ende sprachlos: "Ohne Worte...", lautete seine letzte Botschaft zum Spiel. Der bisherige Schalker Fußballprofi Hans Sarpei, eine Kultfigur der sozialen Netzwerke, schrieb auf seiner Facebook-Seite: "Wenn es einen Fußballgott gibt, ist er heute gestorben."

Fußball-Weltverbandschef Joseph Blatter richtete dagegen Glückwünsche an die Sieger aus London und ihren Matchwinner. "Ein Bravo dem unglaublichen Didier Drogba", twitterte der Schweizer. Der Ivorer Drogba traf nach Thomas Müllers 1:0 (83. Minute) noch zum 1:1 (88.) und verwandelte schließlich den entscheidenden Elfmeter. Das freute sogar die Erzrivalen vom FC Arsenal. "Jeder Engländer sollte stolz auf Chelsea sein", meinte der englische Nationalspieler Jack Wilshere.

DAS SPIEL IM LIVETICKER

Auch die britischen Sonntagszeitungen bejubelten den Triumph. "Didi did it! Endlich hat ein englisches Team ein deutsches im Elfmeterschießen besiegt", titelte "The Sun". Die "Sunday Times" rief das Chelsea-Team zu "Königen von Europa" aus.

Spaniens "Marca" fühlte hingegen mit den Bayern: "Nach den puristischen Fußball-Gesetzen ist dies eine grausame und ungerechte Niederlage." Auch "SportsIllustrated" aus den USA urteilte: "Manchmal macht Fußball einfach keinen Sinn." Die "Basler Zeitung" warnte indes: "Eine derartige Chance wie gestern gegen Chelsea wird nie mehr kommen." Aufmunterung gab es aus Skandinavien. "Schweinsteiger, Kroos und Lahm tut das Aufwachen jetzt sicher weh. Aber in anderthalb Monaten sind sie mit Deutschland Fußball-Europameister", kommentierte der "Expressen" aus Stockholm.

+++ Bayern ohne Titel - Chelsea gewinnt nach Elfmeterschießen +++

+++Zwei Welten treffen aufeinander+++

Mit Material von dpa und dapd